Politik | Bozen

Cari Verdi

Luigi Spagnolli ist zurück: In einem langen nächtlichen Appell versucht Bozens Bürgermeister die Grünen via Facebook für eine Fortsetzung der Koalition zu gewinnen.

Eine Woche dauert es noch, bis die Grünen in einer ursprünglich für nach Ferragosto angekündigten Versammlung ihren Kurs in Bozen festlegen wollen. Je mehr Zeit vergeht, desto intensiver wird das Werben um die zwei Stimmen der Partei im Bozner Gemeinderat. Neben der Lega Nord und dem Movimento 5 Stelle, die sich von den Grünen eine Unterstützung ihrer Misstrauensanträge gegen den Bürgermeister erhoffen, tritt nach längerem Schweigen nun auch Luigi Spagnolli selbst auf den Plan. Der setzte sich in der Nacht auf Montag noch einmal an den Computer, um seine bisherigen Regierungspartner nach den heftigen Turbulenzen des vergangenen Halbjahres an den gemeinsamen Tisch zurückzurufen. Der Tenor des nächtlichen Facebook-Appells lässt sich bereits aus den ersten Zeilen herauslesen: „Ai miei amici e compagni Verdi, ed anche a coloro, tra loro, che non si sentono miei amici né miei compagni“. Übersetzt: Nicht alles ist gut gelaufen, in den vergangenen Monaten und einige von Euch mögen den Bruch  vor den Wahlen auch als Verrat ansehen – doch vergessen wir nicht die fruchtbare Zusammenarbeit der vergangenen zehn Jahre. Damit dies auch jenen leichter fällt, die sich nicht als „Freunde und compagni“ fühlen, rechtfertigt der Bozner Bürgermeister in dem offenen Schreiben an die Grünen noch einmal seine Entscheidungen der vergangenen Monate. Dabei räumt er durchaus ein, auch Fehler gemacht zu haben: „Quando si fa, si sbaglia, dicono i saggi: io cerco di fare, e quindi sbaglio.“  Doch wie der Bozner Bürgermeister sich rechtfertigt: Das Ergebnis der Gemeinderatswahlen habe bestätigt, dass die bisherige Bozner Koalition nicht mehr die Mehrheit in der Landeshauptstadt hat. Die Gründung seiner Bürgerliste sei deshalb unausweichlich gewesen.

„Pur con tutti gli errori che posso aver commesso e che ho commesso (sono umano anch'io), l'intuizione di fare una lista civica si è dimostrata non solo vincente, ma necessaria per formare una maggioranza che mi desse la possibilità di proseguire il percorso, fondato sull'obiettivo di primariamente promuovere la convivenza tra le diverse persone che vivono nella nostra città, portato avanti negli ultimi decenni dalle coalizioni che hanno governato Bolzano.“

Klärung ist laut Bozens Bürgermeister auch in jener Causa notwendig, die zur definitiven Spaltung zwischen ihm und den Ökosozialen geführt hat. Doch wie er in seiner nächtlichen Erklärung unterstreicht: Er habe die Vereinbarungen in Sachen Benko-Projekt respektiert – und sich dabei sogar die Hände schmutzig gemacht. Denn das Nein zum städtebaulichen Umstrukturierungsplan, das die Grünen nach dem Nein von Anna Pitarelli für ihre Unterstützung seiner Regierung verlangt hatten, sei vor allem durch die geheime Abstimmung im Gemeinderat ermöglicht worden. Während die Grünen den entsprechenden Antrag nicht unterzeichnet hätten, hätten er und der Vize-Bürgermeister ermöglicht, dass Gemeinderäte ihrer Parteien gegen das Projekt stimmen.

„Senza il voto segreto il PRU sarebbe evidentemente passato, come e perché è stato più volte spiegato nei giorni successivi. Quindi io i patti li ho rispettati, sporcandomi le mani (come accade sempre a chi governa) per non far approvare un progetto in cui credo.“

Ja, es braucht Vertrauen in einer Mehrheit, spricht Luigi Spagnolli ein weiteres heikles Thema der jüngeren Vergangenheit an. Er zumindest habe dieses Vertrauen in mehrere Vertreter der Grünen - wenn auch nicht in alle, wie der Bürgermeister seine Erklärung direkt nach der Abstimmung über den Bozner PSU präzisiert. Wohl ein klares Signal an sein "rotes Tuch" Cecilia Stefanelli, die bekanntlich angekündigt hat, ihren Stuhl zu räumen, sofern es irgendeine Form der Zusammenarbeit mit Spagnolli geben sollte. Für alle freundlich gesinnteren Vertreter legt der Bürgermeister noch einen Scheit nach – mit einem Bekenntnis in Sachen Sicherheit und Fremdenhass, das wieder ganz nach Mitte-Links-klingt.

„Alla becera propaganda delle destre, che si ostina a voler creare nella popolazione l'idea che le persone problematiche (nel senso che hanno dei problemi) che ci circondano in misura sempre maggiore si possano semplicemente mandare via, se sono straniere (via dove? da qualcun altro che a sua volta le mandi via, sperando sotto sotto che prima o poi "scompaiano"?), ovvero mandar via degli stranieri a prescindere, se le persone problematiche sono italiane, confidando così che i problemi spariscano, dobbiamo contrapporre l nostra convinzione che solo la mediazione ed il dialogo possono indurre le persone problematiche a non tradurre in comportamenti scorretti o (speriamo di no) violenti i loro problemi. Le persone non sono un problema, hanno problemi: che bisogna cercare di risolvere.“

Auf den Punkt gebracht: Bozens Bürgermeister macht den Weg für eine Fortsetzung der bisherigen Koalition frei. Salopp gesprochen, lässt er dabei seine Hosen ganz schön weit runter. Es gilt schließlich nicht nur so manch scharfen Sager des letzten Halbjahres wieder gutzumachen, sondern auch seine letzte Chance auf das Bürgermeisteramt sowie die wahrscheinlich vorerst letzte Chance für Mitte-Links in Bozen zu retten. Worte, die Spagnolli zwar nicht in den Mund nimmt. Dafür unterstreicht er noch einmal, dass die Alternative Neuwahlen aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer noch komplexeren politischen Situation und einer langen kommissarischen Verwaltung der Landeshauptstadt führen würde.  

„Cari Verdi, la vostra prossima Assemblea deciderà in sostanza se il futuro della città sarà in linea con il recente passato, o se sarà un salto nel buio attraverso un periodo più o meno lungo di assenza di governo. C'è un programma condiviso, e per quanto riguarda gli argomenti che ci dividono - non possiamo essere dello stesso parere su tutto - vi prometto di affrontarli insieme, al momento opportuno, con chiarezza e trasparenza, come è mia abitudine. Fare il Sindaco è un lavoro, è stato il mio lavoro per questi anni e può continuare ad esserlo, ma anche no. Dipende da noi.“