Politik | Interview

Die Verwässerung

Der Geschäftsführer des Dachverbandes, Andreas Riedl, über den Stromtisch, den Gewässerschutzplan und die Feigenblattfunktion der Umweltschützer.

Salto.bz: Herr Riedl am Montag Nachmittag stellt Energielandesrat Richard Theiner dem Energietisch den überarbeiteten Entwurf des Gewässerschutzplanes vor. Ihnen schwant Schreckliches?

Andreas Riedl: Es hat sich bereits bei den letzten Treffen abgezeichnet, dass der Entwurf des Gewässerschutzplanes, so wie er von den zuständigen Landesämtern ausgearbeitet wurde, von der Energiewirtschaft nicht akzeptiert wird. Ein gut gemachter Plan mit einem klaren strategischen Ansatz soll jetzt verwässert werden.

Was heißt für sie strategisch?

Strategisch heißt für mich, dass klare Regeln und Bestimmungen im Plan festgelegt werden, die generell überall gelten. Planung- und Projektebene müssen getrennt werden. Mit klaren Regeln haben ich auch Planungssicherheit. Das ist für mich strategisch. Ein Plan muss für beide Seiten klare Richtlinien haben. Für die E-Werk-Betreiber und für die Umweltschützer.

Ein gut gemachter Plan mit einem klaren strategischen Ansatz soll jetzt verwässert werden.
 

Sie stellen die Rolle des Energietisches prinzipiell in Frage?

Der Energietisch hat sicher seine Berechtigung und hat vor allem im Zusammenhang mit den Folgen des SEL-Skandals sicher seine Aufgaben gehabt. Es ist auch absolut richtig, dass der Energietisch zum Gewässerschutzplan seine Stellungnahme abgibt. Die Frage aber ist, ob man diesen Energietisch wiederholt fragen muss, ob der Plan so gut geht. Also die Legitimation des Tisches ist klar. Die Rolle aber anscheinend nicht.

Gesetzlich gibt es keine Vorgabe?

Es heißt, dass der Plan nach Anhörung des Rates der Gemeinden, des Energietisches und der repräsentativsten Umweltschutzverbände verabschiedet wird. Meiner Meinung nach hat man den Energietisch aber einfach über Gebühr in die Ausarbeitung mit eingebunden.


Andreas Riedl: "Den Energietisch hat man über Gebühr in die Ausarbeitung mit eingebunden."

Die Umweltschutzverbände sitzen seit zwei Sitzungen mit am Tisch. Als Feigenblatt?

Ja. Es ist vor allem unausgeglichen. Wenn ich mit 14 Vertretern aus der Energiewirtschaft am Tisch sitze, dann werde ich augenscheinlich den Kürzeren ziehen.

Was sind Ihre Befürchtungen?

Ich sehe klare Bestrebungen von fixen Kriterien abzugehen, um sozusagen von Fall zu Fall zu entscheiden. Nur dann brauche ich keinen Plan mehr. Dann bin ich bereits auf der Projektebene. Das heißt es werden wiederum Hunderte Ansuchen gestellt und die Ämter müssen jedes einzelne Projekt anschauen und bewerten. Weil die Planung und Ausarbeitung der Kriterien im Vorfeld nicht stattgefunden haben.

Wer am meisten beim Landesrat interveniert hat, wird in der neuen Version des Planes jetzt wahrscheinlich grünes Licht bekommen?

Die Interventionen hat es sicherlich nicht nur bei Landesrat Theiner gegeben, sondern auf allen Ebenen und bei allen politischen Strömungen hat es genug Lobbyismus gegeben. Meine Hoffnung ist, dass die Politik am Ende unabhängig und souverän entscheidet. Aufgrund aller Stellungnahmen. Denn es kann nicht sein, dass ich als Politiker solange mit den Energietisch verhandle und die Entwürfe ändere bis das Ganze der Energiewirtschaft gut geht. Am Montag Nachmittag steht der Plan inzwischen zum dritten Mal auf der Tagesordnung des Energietisches.

Man ist dabei den Bock zum Gärtner zu machen.

Dabei kommt dieser Wasserschutzplanes mit Jahren Verspätung?

Ja. Nach dem Gesetz sollten der Gewässernutzungsplan und der Wasserschutzplan gleichzeitig genehmigt werden. Den Gewässernutzungsplan gibt es jetzt seit 5 Jahren. Wie die aktuellen Gerichtsverhandlungen zeigen, haben gewisser Vertreter der Energiewirtschaft bereits damals direkt mitgemischt. In diesen fünf Jahren hat man in Südtirol über 100 neue Kraftwerke gebaut. Vor allem mittlere und kleine Kraftwerke. Bis man gesehen hat, dass das Ganze ausartet.

Das Land hat ein neues Gesetz erlassen und will jetzt mit dem Wasserschutzplan hier einen Riegel vorschieben?

Ja beide Maßnahmen gehen absolut in Ordnung. Aber die E-Werks-Betreiber versuchen jetzt diese klaren Kriterien des Planes aufzuweichen. Etwa zu sagen: Wenn ich ein innovatives Projekt habe, dann kann ich es trotzdem machen. Das ist einfach zu schwammig. Dann passiert Folgendes: Ohne klare Spielregeln arbeiten die Betreiber ein Projekt aus. Das kosten im Schnitt 50.000 Euro. Wird es abgelehnt, rekurrieren die Betreiber schon allein aus finanziellen Gründen gegen die Ablehnung vor Gericht. Und dann sind wir wieder da, wo wir jetzt stehen.

Ich gehe davon aus, dass die Auflockerung des Planes so weit geht, dass es möglich sein wird, dreimal so viele Anträge einzureichen.

Haben Sie Befürchtung, dass man mit der neuen Version des Planes dreimal so viele Kraftwerke bauen kann, wie im ursprünglichen Entwurf?

Ich weiß nicht, ob man dreimal so viel Kraftwerke machen wird. Ich gehe aber davon aus, dass die Auflockerung des Planes so weit geht, dass es möglich sein wird, dreimal so viele Anträge einzureichen. Davon bin ich überzeugt. Man ist dabei, den Bock zum Gärtner zu machen.