Landhaus
Text: Thomas Huck & Editorial turrisbabel 85
Einer kleinen Stadt gleichend erschien mir das Foyer der Landesberufschule in Bozen mit seinen 174 Häusern und dem strengen Straßenraster dazwischen. Jedes einzelne 40 Meter lang und 16 Meter breit, mit je 8-15 Stockwerken. Alle gleich und trotzdem anders. So erschien mir die Präsentation des Ideenwettbewerbs für das Landhaus in der Rittnerstraße 2011 bei der Betrachtung.
Es ging um ein kleines Grundstück, welches fast zur Gänze verbaut werden sollte und somit kaum Spielraum für große Gestaltung bot, bis auf die Höhe und die Fassadengestaltung. Und diese Freiheit wurde genutzt! Es gab alles: traditionell, modern, parametrisch, klassische, Freiformen, Postmoderne und vieles mehr.
Architekten unterwerfen sich freiwillig einer gleichsam Darwinschen Auslese
Es schien fast wie ein Wettbewerb zur Fassadengestaltung eines bereits fertigen Büroprojekts.
Aber wie kam es dazu, dass 400 Architekten mit ihrer Anmeldung Interesse am Wettbewerb bekundeten und 174 dann sogar ein Projekt abgaben?
Keine andere Berufsgruppe fügt sich einem derartig aufreibenden und in wirtschaftlicher Hinsicht scheinbar völlig unsinnigen Training
Dieser Wettbewerb sagt viel aus über die Motivation, mit der Architekten an Wettbewerb teilnehmen, die wohl oft an Leichtsinnigkeit grenzt. Denn wie kommt man dazu zu glauben, dass genau die eigenen Ausformulierung dieses vorbestimmten Quadrats sich gegen diese Anzahl an Bewerbern durchsetzen kann? War es die Unkenntnis, wie viele wirklich am Wettbewerb teilnehmen oder die Hoffnung, dass an so einer banalen Aufgabenstellung mit nur einer geringen Konkurrenz zu rechnen ist.
Die Architekten tragen den größten Teil der Kosten dieses Systems und setzen sich zu gleich am vehementesten dafür ein, dass immer neue Planungswettbewerbe ausgeschrieben werden
Ob das verwirklichte Resultat die Qualität und den Aufwand von 174 Architektenteams widerspiegelt, wird sich nun nach der Eröffnung langsam zeigen. Wie es um die Architekturwettbewerbe in Südtirol damals und heute steht, kann man hingegen im turrisbabel 85 nachlesen.
Ich denke, die Allgemeinheit ist sich nicht bewusst, was für einen Wert dieses System darstellt, indem es über eine bewusste Verschwendung von Ressourcen (seitens der Architekten) dazu beiträgt, banale Lösungen zu verhindern und im Gegenteil, mit großer Anstrengung nach den besten baulichen Lösungen für unsere sich ständig wandelnde Gesellschaft sucht
Mit wieviel
Mit wieviel Verkehrsbehinderung und mit welchem Aufwand, muss die hoch- + tief-verglaste + Metal-isierte Fassade in der Rittner Straße gepflegt werden?
In reply to Mit wieviel by Josef Fulterer
Genau so viel wie uns das
Genau so viel wie uns das Gebäude wert ist. Also gar nichts wenn wir das Gebäude verfallen lassen wollen und sehr viel wenn wir glauben das sich kein Tropfen Schmutz darauf befinden darf.
Ansonsten wird man sicher ein angemessener mittelmaß finden wie bei jeder Fassade.