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Auf nach Palermo!

Die Leiterin für Kunstvermittlung der zeitgenössischen Kunstbiennale Manifesta Yana Klichuk, steuert ihre Arbeit mitunter von Bozen aus. Ihre Heimat ist St. Petersburg.
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Foto: salto

Salto.bz: Weshalb hat es sie von St. Petersburg nach Bozen verschlagen?

Yana Klichuk: Da sich Bozen zwischen Zürich – die Gastgeberstadt der Manifesta 11 –, und Palermo – die Gastgeberstadt der Manifesta 12 – befindet, und auch Bozen Manifesta-Erfahrung hat, arbeite ich teilweise hier. 

Wie sind sie zur Kunst gekommen? 

Ich bin in Moldawien geboren und habe in St. Petersburg bildende Kunst und Kunstkritik studiert. Dort habe ich für verschiedene Kunstinstitutionen und Kunststiftungen gearbeitet, und im Lauf der Zeit beobachtet, dass das Publikum über die Jahre eigentlich immer dasselbe geblieben ist. Ich begann mich zu interessieren, wie neues, kunstfernes Publikum zu gewinnen wäre; mit welchen Strategien und Praxen Menschen für zeitgenössische Kunst begeistert werden können.  Das war zu dem Zeitpunkt als die Manifesta nach St. Petersburg kam, im Jahr 2014. Die Biennale ist bekannt für Ihre Vermittlungs-, als auch für ihre Besucherentwicklungsprogramme.



Sowohl im institutionellen, als auch im akademischen Bereich wird die Kunstvermittlung zusehends wichtiger. Welche Ziele und Ansätze verfolgen sie?

Die Manifesta ist eine migratorische Biennale, die sich jedes Mal in einer anderen europäischen Stadt niederlässt. Somit ist jede Ausgabe in einem neuen, anderen kulturellen, ökonomischen, sozialen und politischen Kontext angesiedelt. Die Herausforderung besteht darin, jedes Mal aufs Neue das lokale Publikum für die zeitgenössische Kunst zu gewinnen. Für mich basiert Kunsterziehung auf den Prinzipien der Mediation – die institutionelle Hierarchien ablehnt,  Grenzen des Verstehens zu revidieren, das Publikum zu ermächtigen, alternative Formen des Lernens zu entwickeln und nicht zuletzt Raum zu schaffen, in dem mit größtmöglicher Freiheit Ideen und Meinungen ausgetauscht werden können.

Die Manifesta 11 in Zürich ist vor wenigen Wochen zu Ende gegangen. Insgesamt zählte sie rund 200.000 Besucherinnen und Besucher. Knapp 20.000 haben am Vermittlungsprogramm teilgenommen. Was sagen diese Zahlen?

Das Vermittlungsprogramm ist bereits im November 2015 gestartet. Am Anfang war es zugegeben schwer die Zürcher und Zürcherinnen für die Manifesta zu gewinnen, da es in der Stadt bereits ein sehr großes und vielfältiges Kulturangebot gibt. Ich hatte auch das Gefühl, dass die Leute, neuen und unbekannten Projekten gegenüber nicht besonders aufgeschlossen sind. Nichtsdestotrotz konnten wir die Kunstinstitutionen für ein neues Publikum öffnen. Wir haben im Rahmen des Konzepts der Biennale – What People Do for Money (Was Leute für Geld machen) – ein Experiment gestartet. Uns war es wichtig, in einem gemeinsamen Dialog, einen genauen Blick auf die Kunst zu werfen und ein persönliches Verstehen zu ermöglichen. Ein Großteil der Besucher und Besucherinnen hat diesen dialogischen Ansatz und die Diskussionen sehr geschätzt. 

 

 

Was antworten sie Menschen, die im Anblick eines Kunstwerks sagen: „Das kann ich auch! Das kann sogar meine 5 Jahre alte Tochter machen!“

Die Tochter kann es nicht machen, sie kann es vielleicht kopieren. Und wenn sie das möchte, lasst es sie tun und fragt, warum sie es tut. Sie wird mit höchster Wahrscheinlichkeit viel mehr erzählen, als man erwartet. 

Die nächste Ausgabe der Manifesta 2018 wird in Palermo stattfinden. Welche sind für dich die größten Herausforderungen?

Die Biennale will Impulse für soziale Veränderung an den jeweiligen Austragungsorten geben. Das ist Teil des kuratorischen Konzepts.  Die größte Herausforderung in Palermo, ist die lokale Realität, die es zu erfassen gilt.