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AVS-Wanderschilder: Zweisprachigkeit mit Filzstift und Facebook

Das Mitte-Rechts-Lager mobilisiert sich im Streit um einsprachige Wanderschilder. Während Michaela Biancofiore die Brieftasche zückt, werden andere virtuell oder einfach mit dem Filzstift aktiv.
Flavio Moccia, Angelo Polo,
Foto: Othmar Seehauser

1526 einsprachige AVS-Wanderschilder gibt es in Südtirol. Seit es vor drei Jahren darüber zu einem Streit und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gekommen ist, wird nach einer politischen Lösung gesucht. Die wurde nun Anfang August in einem Abkommen mit Regionenminister Graziano Delrio und Südtiroler Volkspartei gefunden. Wie die Südtiroler Tageszeitung in ihrer Wochenendausgabe berichtet, sollte dieses eigentlich bis nach den Landtagswahlen geheim bleiben. Denn obwohl die SVP ihr Ziel nicht erreichte, weit mehr einsprachige Namen durchzubringen als bereits im Abkommen mit dem ehemaligen Minister Fitto, war klar, dass die Übereinkunft vor allem in Wahlkampf-Zeiten von der Südtiroler Rechtsopposition ausgeschlachtet werden würde. Immerhin kommen zu insgesamt 450 Namen, die laut einer in der Causa eingesetzten paritätischen Kommission weiterhin einsprachig bleiben sollen, 135 weitere Ortsbezeichnungen hinzu, die nun nicht mehr zweisprachig auf Wanderschildern angeschrieben werden müssen.

Nun legen sich die verschiedenen Spieler im Mitte-Rechtsfeld langsam ins Zeug. PDL-Abgeordnete und Unterstaatsekretärin Michaela Biancofiore will gar die eigene Brieftasche zücken und wieder Gerechtigkeit herzustellen. Denn, wie sie gestern auf einer Pressekonferenz ankündigte:: Sie hat bereits 1526 zweisprachige Schilder in Auftrag gegeben, die sie am Beginn von Wanderwegen aufstellen lassen will, die nur mehr einsprachig beschriftet sind. Die Kosten von insgesamt 9000 Euro trägt sie selbst, versicherte Biancofiore – als „Geschenk für Südtirol“.

Virtuell aktiv wird dagegen Alto Adige nel Cuore. Die Landtagsabgeordneten Alessandro Urzì und Marizio Vezzali haben eine eigene Facebook-Seite lanciert. Der Titel: „Non cancellate l'Italiano in Alto Adige - Plurilinguismo è bello“. Ein Sensibilisierungsinstrument für die Zweisprachigkeit in Südtirol , die laut Vezzali eine Grundvoraussetzung für das Zusammenleben in Südtirol ist. Die Fotos, mit denen Bürgerinnen und Bürger Verletzungen dieses Gebots melden, reichen von der rein deutschsprachigen Wetterseite des Hydrographischen Amts bis hin zu Qualitätssiegel des Landes. Vor allem aber finden sich auch jede Menge Schilder – darunter einsprachige, die mit wasserfestem Filzstift auf Zweisprachigkeit getrimmt wurden.

Filzstift-Bande

Gefallen an dieser Self-Made-Zweisprachigkeit findet bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage die Tageszeitung La Repubblica. „Torna l'italiano... a colpi di pennarello“ ist am heutigen Sonntag ein Bericht über den Schilderstreit in der Online-Ausgabe der römischen Tageszeitung zu lesen. Dort festgehalten auch eine Geschichte aus dem Meraner Raum, wo „die Filzstift-Bande“ ein einsprachiges AVS-Schild zur Naturnser Alm ebenfalls mit der italienischen „Malga di Naturno“ vervollständigt hätte. Einige Tage später folgte laut Repubblica der Gegenschlag:  Aus dem o von Naturno wurde ein s gemacht – darunter der Schriftzug „Fockn Walsche“.  Offensichtlich ist die Zweisprachigkeit doch nicht immer Garant für ein friedliches Zusammenleben.