"Die Vorwürfe sind kurios"
Herr Frisanco, haben Sie auch erst gestern von Ihrer Kündigung erfahren?
Thomass Frisanco: Ja. Ich wurde am Abend von Präsident Sparber in einen Sitzungsaal gebeten und dort haben mir einige Mitglieder des Verwaltungsrates mitgeteilt, dass meine Mitarbeit ab sofort nicht mehr erwünscht sei. Deshalb habe ich dann umgehend meine Sachen gepackt.
Und heute sind Sie zu Hause?
Ja, ab heute arbeite ich nicht mehr für die SEL.
Die Hintergründe der Vertragsauflösung wurden bereits gestern Abend von der Neuen Südtiroler Tageszeitung ausgebreitet. Haben Sie sich in Kleinarbeit verloren und sich vor ihren Mitarbeitern in ihrem Zimmer verschanzt, wie dort untern anderem beschrieben wird?
Diese Vorwürfe sind wirklich kurios, muss ich sagen. Ich habe mich schon immer wieder in Kleinarbeit verloren, aber dabei ging es dann meist um Direktbeschlüsse des Präsidiums, die so aufgezogen waren, dass ich monatelang nachverhandeln musste. Und was den Vorwurf der Entfremdung von den Mitarbeitern angeht: Ich habe nicht nur gleich zu Beginn meiner Tätigkeit eine Mitarbeiterbefragung eingeführt, sondern hab von früh morgens bis abends so viel geredet, dass ich tatsächlich oft bis in die Nacht hinein gesessen bin, um alles aufzuarbeiten. Aber wie man jetzt sieht, hätte ich vielleicht besser mehr Freizeit nehmen sollen.
Wo sehen Sie persönlich den Knackpunkt, an dem ihre Karriere als Generaldirektor gescheitert ist?
Der Hauptgrund ist wohl, dass die strategische Neuausrichtung der Gesellschaft, die ich vorhatte, intern nicht gewollt war. Denn auch angesichts der rechtlichen Unsicherheiten mit unseren Assets, also den Kraftwerken, wollte ich die SEL in Richtung skillorientierten Servicebetrieb neu ausrichten.
Was hätte das konkret bedeutet?
Zum einen, dass wir unser internes Know-how aufwerten und weiter ausbauen. Ich habe zum Beispiel von Beginn an versucht, Leistungen wie das Netz-Management, die über Dienstleistungsverträge an die Enel ausgelagert worden waren, wieder ins Haus zurückzuholen. Um auch in Zukunftsbranchen wie Wind und Photovoltaik Know-how zu entwickeln, habe ich strategische Partnerschaften mit renommierten Playern in diesen Bereichen gesucht. Infolge des Konzessionsstreites war klar, dass die Sel auch im Bereich Wasserkraft außerhalb der Provinz wachsen muss. Wir hätten hier private Investoren gehabt, die gemeinsam mit der SEl investiert hätten.
Das wäre tatsächlich eine Neuausrichtung gewesen ...
Ja, aber diese ist denke ich auch notwendig. Denn es ist dem Steuerzahler schwer vermittelbar ist, wenn die Sel allein 200 Millionen Euro in ein Kraftwerk investieren muss. Über eine gemeinsame Projektgesellschaft mit Privaten reduziert sich das Investment auf vielleicht 10 Millionen Euro, und wir könnten unser Know-how dennoch auf der gesamten Wertschöpfungskette einbringen. Denn im Moment steht generell zur Diskussion, wem die Assets gehören. Also muss die Sel wirklich das Netz oder alle Kraftwerke selbst haben, oder können wir in manchen Fällen auch überlegen, dass andere sie besitzen, aber wir sie betreiben, weil hier unsere Kompetenzen liegen.
Mit all diesen Ideen konnten sie sich aber nicht durchsetzen?
Nein, leider habe ich bei fast allen strategischen Entscheidungen Hindernisse in den Weg gelegt bekommen.
Vom wem, von der Politik oder hausintern?
Ich muss sagen, dass ich in den letzten Gesprächen mit dem Eigentümer das Gefühl hatte, dass meine Linie geteilt wurde.
Mit wem haben Sie da konkret gesprochen?
Zuletzt mit Landeshauptmann Luis Durnwalder, aber auch mit Arno Kompatscher als möglichen künftigen Ansprechpartner. Durnwalder hat mich heute auch schon angerufen und sich selber überrascht gezeigt über meine Kündigung.
Das heißt, die Probleme gab es eher hausintern?
Wir wissen, dass die Sel ein Jahr ohne Generaldirektor war. Und ich habe selten einen Betrieb erlebt, in dem so wenig definiert war, in dem die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Verwaltungsrat, Präsident und Generaldirektion so diffus ist. Tatsache ist, dass das Zuviel an Macht, das mein Vorgänger Rainer hatte, bei mir in das Gegenteil umgeschlagen ist. Denn derzeit hat in der Sel Verwaltungsratspräsident Sparber die totale Macht. Und das habe ich auch zu spüren bekommen, indem ich allwöchentlich wie ein Schuljunge zurechtgewiesen worden bin.
Wo zum Beispiel?
Ich bin auch sehr dafür kritisiert worden, dass ich erfahrene Berater ins Haus geholt habe, die diesen schwierigen Transformationsprozess begleiten sollten. Hier hat man sich an Kosten von ein paar 10.000 Euro aufgehängt, während schon allein durch das Insourcen der Dienstleistungsverträge Millionen an Ersparnissen möglich gewesen wären.
Sie sind nicht der erste Manager, der international erfolgreich war und dann in Südtirol scheitert. Denken Sie, um hier zu bestehen, braucht es eine eigene Schule?
Es kommt darauf an, wie das Unternehmen geführt werden soll. Wenn man die Geschichte nahtlos so weiterschreiben möchte wie bisher, dann wahrscheinlich schon. Für eine professionelle Neuausrichtung des Betriebes wäre ein internationaler Background aber sicher sehr förderlich. Ich denke nur, dass sich solche Kandidaten nun doppelt überlegen werden, diesen Job anzunehmen.
Der Täter kehrt fast immer .......
zum Tatort zurück. Haben Sie das nicht gewusst, Herr Frisanco?
Na also, wenn Sie der Herr Durnwalder anruft und Ihnen sagt, er sei überrascht und habe es nur aus der Presse erfahren, dann ist alles klar. War sowieso klar. Eine solche Aktion kommt nicht von ungefähr und schon gar nicht von einem erst in der Aufwärmphase befindlichen Verwaltungsrat, Präsident mit einbegriffen. Aber wer Direktor einer SEL wird, weiß dies auch. Das Einzige, was für den Landeshauptmann überraschend ist, wird die Tatsache sein, wie schnell Sie gegangen sind. Aber ich gebe Ihnen nicht unrecht. Wenn Sie nicht der Typ sind, der ordentlich "Watten" kann, dann ist es sicher besser, dass Sie Ihre Fähigkeiten anderswo einsetzen. Im Umfeld dieser Politgrößen braucht es besondere Fähigkeiten, die besitzen zum Glück nur ganz wenige. Das ist der einzige Trost in dieser Angelegenheit.
In risposta a Der Täter kehrt fast immer ....... di Sebastian Felderer
zum Glück
ich bin mir nicht sicher ob der Beitrag ironisch gemeint ist, was so klar ist und wo sie Herrn Frisanco recht geben. Ich habe so meine Zweifel ob die Fähigkeit zu Watten die SEL und die südtiroler Steuerzahler vor den Folgen vergangener Fehler retten werden.
In risposta a zum Glück di Michael Bockhorni
Ironie oder Schicksal?
Ironie ist eine Möglichkeit, die Wahrheit verdeckt zu äußern. Es gibt Wahrheiten, die man auf Anhieb nicht beweisen kann und somit sind es Vermutungen. Wer aber die Mühlen der Macht in Südtirol etwas besser kennt, weiß auch, dass Vermutungen ganz nahe an der Wahrheit grenzen. Das Schöne an unserer Kommunikation ist doch, dass auch der Partner oder Leser sein Gehirnschmalz anstrengen darf und einwenig zwischen den Zeilen liest. Frisanco wurde wie ein Blitz aus heiterem Himmel mit fadenscheinigen Argumenten gefeuert. Von woher stammt der Befehl? SEL intern, glaube ich kaum. Wer beherrscht das Watten am besten? Meine Ironie !
Bis Oktober werden wir noch einige Blitze aus heiterem Himmel erleben, denn nicht mehr auf Wählerstimmen angewiesen zu sein, macht die Macht noch mächtiger! Unser Schicksal !
... rund ging's in der SEL immer schon - Turbinen -
Entschuldigung, ist das ein Grund zum Feuern und das in der SEL? Das wird in diesem Gebäude eben drinnen sein, an den Stühlen und Schreibtischen haften geblieben sein, das muss sowas wie ein Fluch sein. Das Gericht arbeitet noch an den Beweisen der Vorgänger und nun soll schon der Nachfolger ..... vorerst gilt die Unschuldsvermutung, trotz Fluch!
Der Direktor und der Präsident
Ist der Direktor dem Präsidenten des Verwaltungsrates verantwortlich und hat er in dessen Interesse zu arbeiten? Nicht nur aus politischer sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sicher! Die Argumente beider haben etwas an sich. Jedoch finde ich nachvollziehbar, dass zur Zeit Krisenmanagement vor langfristiger Planung ansteht. Dann - schon in den ersten Wochen und Monaten ohne Absprache zweifelhafte Berateraufträge zu geben und in Opposition zum Verwaltungsrat und seinen Präsidenten zu gehen, finde ich wenig logisch und für einen hochdotierten Manager auch wenig professionell.
Wie neutral Berichterstattung eben ist
Hatte ich mich nach Lektüre dieses Salto Beitrags inkl. Kommentaren noch über die SEL empört, hätte ich nach dem Lesen des Tageszeitung-Artikels (danke milf!) am liebsten in die Gegenrichtung Galle und Feuer gespuckt. Bleibt die Dolomiten als dritte Meinung. Naja, ich hatte es geahnt, was ich dort und auf STOL zum Lesen finden würde. Immerhin habe ich gelernt, dass wohl die Südsterne keine mächtige Lobby hierzulande zu sein scheinen.
Muss ich mir jetzt als mündiger Medienkonsument meine persönliche Meinung in der goldenen Mitte zusammenreimen? Versucht irgendjemand noch eine Art von Berichterstattung, die weniger schreiend polarisierend ist? Vielleicht wäre dann diese unrühmliche Geschichte mit der nüchternen Distanz eines professionellen Journalisten etwas erträglicher geworden.
Kopf hoch und stolz, Bürger dieses Landes zu sein? Heute vielleicht einmal nicht.
SEL-Management ???
Die Anstellung eines neuen, kompetenten Managers als Generaldirektor der SEL !! Ausgesucht aus 40 Bewerbern, seine Referenzen wurden intensiv geprüft und sein Aufgaben- und Kompetenzbereich vom Verwaltungsrat einvernehmlich festgelegt !
Trotzdem kündigt der Verwaltungsrat diesem neuen Generaldirektor der SEL, da dieser sich angeblich zu wenig um die „wichtigen“ Probleme der SEL kümmerte. Der so unerwartet Gekündigte und im Schmach Entlassene wird sich eine neue Arbeit suchen müssen!
Dabei muss man schon etwas beachten: Ihm ist es eindeutig besser ergangen als seinem Vorgänger in der Geschäftsführung der SEL!
Sein Vorgänger als Generaldirektor kümmerte sich nämlich intensiv im Auftrag des Verwaltungsratspräsidenten um alle „wichtigen“ Probleme der SEL, war eine respektable Persönlichkeit, geachtet in Gesellschaft und Politik, wurde dafür hoch entlohnt, nicht entlassen, landete dafür aber wegen seines aktiven Verhaltens bei den „wichtigen“ Problemen der SEL direkt vor dem Gericht !
Dieser ehemalige Generaldirektor hingegen sucht jetzt nicht nach einer neuen Arbeit, sondern nach neuen, vor Gericht verwendbaren Verteidigungsstrategien bei den „wichtigen“ Problemen der SEL!