Economia | Fahrverbot

Michl Ebner will freie Fahrt durch Südtirol

Handelskammerpräsident Michl Ebner will eine Sonderregelung für Südtirol und kein sektorales Fahrverbot. Andreas Riedl: "Und die Gesundheitsgrenzwerte?"

Wenn Interessen kollidieren, ein Stärkemessen ansteht, gibt es nicht selten Verlierer. Freie Fahrt der Wirtschaft oder Gesundheit den BürgerInnen?

Das Sektorale Fahrverbot, das 2015 in Nordtirol wieder eingeführt werden soll, gefällt Handelskammerpräsident Michl Ebner ganz und gar nicht. Schikane genug sei wohl die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 Stundenkilometer, die ab Herbst 2014 auch für PKWs auf der Inntalautobahn in Kraft treten soll. Das sektorale Fahrverbot wäre da "eine zusätzliche Belastung für die Südtiroler Wirtschaft." Unmöglich, findet Ebner. Er möchte eine Sonderregelung für den Süden,  "ganz Südtirol" soll "als Teil einer befreiten Zone" festgelegt werden, "da es für Südtiroler Frächter unmöglich ist, ohne großen Mehraufwand Tirol zu umfahren."

Ja, die "Lebensqualität entlang der Brennerachse" soll verbessert werden, ja, die Landesregierung soll sich darum bemühen. Doch wie das Ziel erreichen?  Andreas Riedl vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz kann über solche Aussendungen der Handelskammer Bozen nur den Kopf schütteln: "Das sektorale Fahrverbot ist unabdingbar für die Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte ab dem kommenden Jahr.  Entlang des gesamten Autobahnabschnittes vom Brenner bis nach Salurn (und darüber hinaus) liegen die Stickoxid-Werte  weit über den zulässigen gesundheitlichen Grenzwerten." Und Riedl wundert sich: "Dass der Transport von Abfällen, Steinen und Rundholz auf der Autobahn die Lärm- und Abgasbelastung entlang der gesamten Brennerachse erhöht und die gesundheitliche Belastung der Anrainer verschlechtert, spielt scheinbar keine Rolle."

40.000 betroffenen Südtiroler will der Direktor des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz in den Blick des Handelskammerpräsidenten rücken. Doch Ebner winkt ab. Schon in der Verordnung des Tiroler Landeshauptmannes zum sektoralen Fahrverbot vom 12. Juni 2009,wurde ein Schlupfloch für die Südtiroler gefunden. "Ausnahmetatbestände für den Ziel- und Quellverkehr aus bestimmten Regionen" nannte sich das.  Dazu zählten damals die Südtiroler Bezirksgemeinschaften Wipptal, Pustertal und Eisacktal.

Diese "Ausnahmetatbestände sollen in "die neue Verordnung aufgenommen bzw. auf ganz Südtirol ausgedehnt werden, um die Belastung der Südtiroler Wirtschaft so gering wie möglich zu halten und letztendlich um die für beide Länder positiven wirtschaftliche Vernetzung weiterhin zu unterstützen", wünscht Ebner. Andreas Riedl kontert: "Wenn die Handelskammer eine Ausnahme für Südtirol verlangt, soll sie gleichzeitig auch erklären, wie ihrer Ansicht nach, die ab Januar 2015 geltenden Gesundheits-Grenzwerte eingehalten werden können."

 

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Fritz Gurgiser Ven, 08/15/2014 - 20:55

Der Herr Ebner hat's wieder einmal auf den Punkt gebracht und immer mehr gewinne ich den Eindruck, dass die Torheit im Alter immer Ärger wird (hoffentlich bleibe ich damit verschont). Oder auch die Rücksichtslosigkeit und der Verlust an Grundwerten.
So meint er also, dass schon Tempo 100 "Schikane" genug sei - und die bis zu 100 %-ige Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit an den Nord- und Südtiroler Luftgütemessstellen? Richtig, das ist keine "Schikane". Bringen wir es für den Herrn Handelskammerpräsidenten auf den Punkt und schreiben wir es ihm in sein Stammbuch:
1) Es sind diese hohen Grenzwertüberschreitungen - im JahresMITTEL und nicht bei Alarmwerten - nach immerhin so vielen Jahren "Bekanntheit" wohl durchaus bereits als "bewusste politische Körperverletzung" zu werten.
2) Es sind diese hohen Grenzwertüberschreitungen nach immerhin so vielen Jahren "Bekanntheit" wohl durchaus bereits als "bewusste politische Wettbewerbsverzerrung der eigenen Nord- und Südtiroler Betriebe, insbesondere in Gewerbe und Industrie", zu werten.
3) Außer, der Herr Handelskammerpräsident kann uns allen, die wir in den engen Tälern rund um den Brennerpass wohnen, leben, arbeiten - und mit unseren Steuern das Gemeinwohl finanzieren - den Nachweis erbringen, dass die "freie Fahrt für internationale Transitlaster, beladen mit Müll, Steinen, Schrott, Abfällen und sonstigem Plunder" eben wichtiger ist als die Gesundheit und der Standort unserer eigenen Wirtschaft.
Wenn er das nicht kann, ist er fehl am Platz und sollte sich einen anderen "Präsidentenjob" suchen, wenn er das für sein Ego braucht.
Solche Positionen jedenfalls schaden sowohl der Bevölkerung als auch der Wirtschaft.
Fritz Gurgiser
Bürgerpolitiker und Regionalwirtschafter
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Ven, 08/15/2014 - 20:55 Collegamento permanente