Total alles über Folio
Herr Gummerer, der Folio Verlag hat Adressen in Wien und Bozen, gibt osteuropäische und lokale Autoren heraus, wofür steht der Verlag?
Den Folio Verlag gibt es als Firma seit 1992, aber gegründet wurden wir nicht als Verlag, sondern als Buchherstellungsbüro für Dritte. Das ist ein Verlag ohne Vertrieb, um es einfach zu sagen. Dann hat sich jedoch herausgestellt, dass ein solcher Vertrieb fast notgedrungen dazu gehört und so haben wir bereits 1993 erweitert. Die Adressen in Wien gab es auch bereits seit Beginn unserer Tätigkeit, damals hat mein Kompagnon Ludwig Paulmichl die Firma in Wien als Einzelunternehmen aufgemacht und in Bozen wurde die OHG gegründet. 1994 kamen wir mit unserem ersten Programm heraus. Jetzt sind wir schon beim 40. angelangt. Das war unser Start.
Auf welches Programm habt ihr gesetzt, was war euer Bestreben als „Buchherstellungsbüro“?
Wir setzten von Beginn an auf regionale Titel und auf ein Sachbuchprogramm, das sich auch jenseits des Brenners verkaufen lässt. Auch ein literarisches und künstlerisches Repertoire wollten wir aufbauen. Doch das Kunstbuch spielt heutzutage eine sehr geringe Rolle am Buchmarkt. Wir machen ab und zu noch solche Titel, wie letzthin das Buch über das Meraner Palais Mamming, doch das sind Auftragswerke. Hier garantieren wir den Vertrieb und die Bestellbarkeit.
Was die literarischen Werke angeht, wollten wir von Anfang an eine etwas exklusivere Linie fahren. Wir wollten nicht Bücher von lokalen Autoren machen, die dann nicht verkauft werden. Diese etwas abgehobene Ansicht ist uns oft vorgeworfen worden. Doch haben wir Autoren wie Josef Oberhollenzer, Anita Pichler, Brunamaria Dallago Veneri, Anna Stecher oder Maxi Obexer, und damit Autoren, die auch über die regionalen Grenzen hinaus gelesen werden. Im Programm mit Schriftstellern aus Bosnien, Kroatien und Slowenien ergibt dies eine interessante Mischung, so wird Südtirol auch anders wahrgenommen im Buchhandel.
Wieviele Titel hat Folio im Jahr 2014 herausgegeben?
Da sind wir auf knapp 20 Bücher gekommen, nicht so viele wie wir sonst machen. In guten Zeiten haben wir ein Jahresprogramm von 40 Büchern. 2015 peilen wir an die 30 Titel an. Wir brauchen dieses Volumen im Umsatz, denn wir haben die Mitarbeiter und die Vertriebsmaschinerie sowieso laufen. Und ohne eine gewisse Menge komme ich in den deutschen Buchhandel nicht hinein, da bist du in der Wahrnehmung kein ernsthafter Verlag.
Deswegen sind Bücher wie „Total alles über Südtirol“, oder „Total alles über Bayern“ wahre Glückstreffer für uns. Die werden gerne gelesen, auch in dieser speziellen Infografik-Aufmachung. Die Buchhändler haben dann auch das Gefühl, dass sie von uns immer wieder was Interessantes zu erwarten haben.
Der Markt ist wichtig, wie habt ihr euch über die Grenzen hinaus aufgestellt?
Wir konnten Anfang 2014 einen Vertriebsfachmann für uns gewinnen, der sicher zu den erfahrensten der Branche gehört. Das eröffnet uns völlig neue Kunden, wie Thalia, Hugendubel oder die Mayer’sche, wir spielen sozusagen in einer anderen Liga. Vorher blieben uns diese Buchhändler verschlossen. Wir hatten zwar gute Kontakte zum kleinen und familiären Handel, die etwa 1.000 bis 2.000 Euro Umsatz mit uns machten. Wenn man sich vorstellt, dass Thalia 270 Filialen betreibt, dann ist das ein ganz anderer Rahmen, wo wir künftig unsere Bücher vermarkten können.
Also ein echter Hoffnungsschimmer für das Überleben des Folio-Verlags?
Ja, das ist ein gutes Signal für uns, aber auch für jene, mit denen wir verhandeln, wie etwa die Landesregierung. Denen können wir damit sagen, schaut her, wir sind wichtig, euer Geld ist hier gut angelegt. Denn es braucht die Verlegervielfalt im Land, es braucht Athesia und Tappeiner, es braucht Raetia und es braucht uns. Wir alle machen Bücher aus verschiedenen Blickwinkeln.
Glauben Sie, dass die neue Landesregierung Kulturarbeit anders bewertet als die vorhergehenden?
Das ist meiner Meinung nach so. Vielleicht hat man vor Jahren nicht sehen können oder wollen, was es heißt Verleger zu sein; da bestand sicher ein Informationsdefizit. Wie Verlage überhaupt funktionieren, dass der Vertrieb etwa sehr viel Geld kostet, konnten wir jetzt in Gesprächen mit der Landesregierung überzeugend darstellen. Es gibt die Kreativwirtschaft und die arbeitet zwar auch nach wirtschaftlichen Kriterien, erbringt darüber hinaus aber zusätzliche kulturelle Leistung für dieses Land so wie das Theater, die Oper, die Museen.
Sollen mit der neuen Verlagsförderung nur Südtiroler Autoren bedacht werden?
Ich glaube schon, dass wir uns jetzt auch ein bisschen öffnen könnten, nicht immer nur Südtirol sehen, sondern auch den europäischen Gedanken ernst nehmen. Ein slowenischer Autor hat uns Südtirolern zum Thema Sprachen oder Minderheiten vielleicht auch etwas zu sagen. Das sollte man wertschätzen und so könnte hier die Landesregierung auch im Sinn der oft gepriesenen Europaregion ein Zeichen setzen, und auch diese Stimme fördern.
Vor allem soll es künftig um eine Programmförderung gehen, was kommt in dieser Hinsicht im Jahr 2015 von Folio?
Wir versuchen behutsam unser Literaturprogramm wieder zu erweitern. Drei Titel im Frühjahr, mit einem tollen Krimi von den Autoren De Cataldo und Bonini in der deutschen Übersetzung, dann ein italienscher Romantiker, Ippolito Nievo mit Dorfgeschichten und schließlich eine Neuauflage von Drago Jancar, „Der Galeerensträfling“. Wir erweitern unsere Infografik-Reihe mit einem „Total alles über Wien“, weiters wollen wir unseren Südtirol-Führern ein neues Layout geben und ein neues Weinbuch „Die Welt des Sommeliers“ ist auch im Programm.
Vielen Dank für das Gespräch!