Politica | Bauprojekt

Sprunghafter Bürgermeister

Die Landesregierung sagt endgültig "Ja" zur Aufstockung des Thermenhotels. Trotz zweifachem "Nein" der Meraner Stadtverwaltung und nach einer 180-Grad-Wende Paul Röschs.

Paul Rösch macht so einiges, was man bisher von einem Politiker, und schon gar nicht von einem Meraner Bürgermeister kannte. Als Zebra verkleidet setzt er sich für mehr Sicherheit auf den Straßen ein; er stellt sich klar und deutlich hinter die alternative Jugendkultur und die Flüchtlinge in seiner Stadt; bereitwillig gewährt er in Videobotschaften Einblick in sein Büro, von politischen Akten wie dem Koalitionspapier ist jedoch wenig zu sehen; kommen Grüne Nationalratsabgeordnete aus Österreich zu Besuch, gesellt er sich zu ihnen an den Mittagstisch; tags drauf lässt er sich mit den SVP-BürgermeisterInnen des Burggrafenamtes beim Wandern ablichten. Rösch scheint keinerlei Berührungsängste zu kennen. Was es umso schwieriger macht, ihn in eine Schublade zu stecken. Nicht nur die Opposition tut sich schwer, Paul Rösch politisch einzuordnen. Ist er nun Grün, bürgerlich-liberal oder was ganz anderes? Auch seine Verbündeten scheinen zunehmend Schwierigkeiten zu haben, Verständnis für die Sprunghaftigkeit des Bürgermeisters aufzubringen. Ein letztes Beispiel: die Aufstockung des Thermenhotels. Am Dienstag gab die Landesregierung ihr einstimmiges Ok für das Vorhaben der privaten Unternehmergruppe rund um die Athesia. Entgegen aller Bedenken und “Nein” aus Meran und nach einer beispielhaften Kehrtwende des Bürgermeisters.


Kleine Chronik einer 180-Grad-Wende

“Der Stadtrat schlägt dem Gemeinderat vor, ein negatives Gutachten zur Aufstockung des Thermenhotels abzugeben”, verkündete Paul Rösch gemeinsam mit der Urbanistikstadträtin Madeleine Rohrer am 22. Juli. Nicht konkret genug sei das der Stadtregierung vorgelegte Projekt, so die Begründung. Außerdem werde die Stadtverwaltung nicht genügend in die Entscheidungen um die geplante Erhöhung eingebunden. “Wir wünschen uns einen ernsthaften Dialog zwischen Land und Gemeinde”, so Rösch damals. Das Thermenhotel ist nämlich als Zone von Landesinteresse ausgewiesen. Daher hat die Gemeinde keinerlei Möglichkeit, auf die Gestaltung der Zone einzuwirken. Genau das war aber seit jeher einer der Hauptkritikpunkte der Meraner Grünen. Stets hatten sie sich gegen die Aufstockung des Hotels ausgesprochen. Am 28. Juli legten sie daher im Gemeinderat einen Beschlussantrag vor, durch den das Thermenhotel-Grundstück von “Zone für übergemeindliche öffentliche Einrichtungen” in “Tourismuszone” umgewidmet werden soll. Dann nämlich wäre nicht mehr das Land, sondern die Gemeinde selbst dafür zuständig. Der Gemeinderat nahm den Antrag an.

Ebenfalls angenommen wurde am 28. Juli die Empfehlung des Bürgermeisters und der Stadtregierung, “Nein” zur Aufstockung des Thermenhotels zu sagen. Einstimmig sprach sich der Gemeinderat dagegen aus. Klare Sache, möchte man also meinen. Zwar sind die Empfehlungen von Stadt- und Gemeinderat nicht bindend, doch eine Signalwirkung Richtung Land dürften sie allemal haben. Am 13. August beschäftigte sich schließlich die Landeskommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung mit der Änderung des Durchführungsplans der Gemeinde Meran. Eine solche ist für die Erhöhung des Thermenhotels nötig. Anwesend war auch der Meraner Bürgermeister, Paul Rösch. Doch wer gemeint hatte, Rösch würde seine ablehnende Linie in Sachen Aufstockung weiterfahren, wurde eines Besseren belehrt. Der Bürgermeister stimmte nämlich dafür. Die Kommission habe ihm das Erweiterungsprojekt vorgelegt und im Detail erklärt, ließ Rösch in einem Interview verlauten. Zudem hätten ihm die Techniker versichert, dass die Gemeinde in die Gestaltung des Projekts einbezogen würde. Genügte also die Zusicherung, dass die Stadt bei der Aufstockung mitreden darf und die Vorlegung des detaillierten Projekts gereicht, um den Bürgermeister umzustimmen? Es scheint so. Näheres erfährt man von Paul Rösch aber nicht.


Grünes Unverständnis

Enttäuscht von der Kehrtwende zeigt sich der Grüne Gemeinderat Kurt Duschek. Stets war er für Paul Rösch in die Bresche gesprungen, hatte während des Wahlkampfs fleißig für ihn geworben. Auf seinem Blog veröffentlicht Duschek ein kurzes Statement, gerichtet an den Bürgermeister. Er fühlt sich vor den Kopf gestoßen und fordert mehr Transparenz.

Die Umkehrung eines Gemeinderatsbeschlusses
Es war dies eine Entscheidung des Gemeinderates und der Baukommission, die Aufstockung des Thermenhotels wegen fehlender Informationen über das geplante Projekt, NICHT zu befürworten. Offensichtlich hat der Bürgermeister jetzt mehr Informationen über die geplante Aufstockung als Gemeinderat, Baukommissionen und  politische Mehrheitsparteien in Meran. Es wäre jetzt angebracht, wenn im Namen der Transparenz und Information für die Bürger, jetzt durch die Veröffentlichung einer Pressemitteilung des Bürgermeisters diese “Mehrinformationen über das Projekt Thermen-Hotel” allen Interessierten zur Verfügung stehen würde.

Von den Plänen des Bürgermeisters hat bei den Grünen niemand gewusst. Umso herber die Reaktion von Duschek: “Es wäre wünschenswert gewesen, wenn wir vorher etwas darüber erfahren hätten. Man kommt sich sonst schon etwas eigenartig vor als Gemeinderat, wenn man von den Leuten auf der Straße darauf angesprochen wird”, gesteht er im Gespräch mit der Südtiroler Tageszeitung. Wer aber mehr erfahren will, muss dazu einen Blick in den Beschluss Nr. 968 der Landesregierung werfen.


Endgültiges Ja

Inzwischen ist die endgültige Entscheidung in Sachen Thermenhotel-Aufstockung nämlich gefallen. Am Dienstag stimmte die Landesregierung einstimmig für die Abänderung des Durchführungsplans. Die Erweiterung des Thermenhotels kann also in Angriff genommen werden. Zuständig dafür bleibt das Land. Denn die Landesregierung spricht sich gegen die vom Gemeinderat vorgeschlagene Umwidmung aus. Man nehme die Stellungnahme der Gemeinde zur Kenntnis, weise allerdings darauf hin, dass ein Verfahren für die Abänderung des Bauleitplanes nicht eingeleitet werden kann. Dieser stünde im Widerspruch mit dem Landesraumordnungsgesetz. So heißt es im Beschluss. Wie die Gemeinde aber doch in das Projekt eingebunden werden soll, liest man an einer anderen Stelle: “In der heutigen Phase ist es absolut wünschenswert, dass all die betroffenen Akteure, und zwar Gemeinde, Landesbeirat für Baukultur und Landschaft, Bauherr, Projektanten und die (…) Landesämter offen und konstruktiv involviert werden.” Weiters habe Bürgermeister Rösch ersucht, dass die Präsentation der Erhöhung des Gebäudes vom Amt für Landesplanung im Gemeinderat vorgestellt wird.

Aus welchem Grund man allerdings diese Neuigkeiten aus einem offiziellen Dokument der Landesregierung entnehmen muss und der Bürgermeister nicht persönlich nicht einmal seine Bündnispartner, geschweige denn die Bevölkerung, informiert, ist nicht ganz klar. Wie so vieles, was Paul Rösch bisher auf seine unkonventionelle Art gemacht hat.