Gesellschaft | Sanitätsreform

Die Stunde der Kleinen

Wie reagiert man in den Bezirken auf die Ankündigung, dass sämtliche Dienste in allen sieben Krankenhäusern weitgehend erhalten bleiben sollen?

Die Zukunft der sieben Südtiroler Krankenhäuser steht auf einem dreißig Seiten starken Papier. Erarbeitet wurde das Dokument zu den Leistungsprofilen der einzelnen Spitäler in den vergangenen vier Monaten. Als Basis dienten jene Leitlinien, die vom SVP-Ausschuss und der Landesregierung im vorigen Februar vorgegeben worden waren. Am gestrigen 1. Februar wurde das Papier dann schließlich in der SVP-Parteileitung präsentiert und diskutiert. Gleich zu Beginn der Sitzung am Montag Abend versicherte Gesundheitslandesrätin Martha Stocker, dass trotz akuten Personalmangels in der Sanität keine Dienste im Vorhinein beschnitten werden sollen. “Als Katalog von Leistungen sind die Profile getrennt vom Personalmangel zu sehen. Folglich werden sie im Gesundheitsplan ohne Einschränkungen fixiert”, wird Stocker in der Tageszeitung Dolomiten zitiert. Aus diesem Grund soll es auch kaum Widerstand aus den Bezirken gegen ihre Reformpläne gegeben haben. Doch wie hat man nun dort, wo lange Zeit erbittert für den Erhalt der kleinen Krankenhäuser samt bisheriger Dienste gekämpft wurde, die Nachricht aufgenommen?


Vorsichtiger Optimismus

Im Westen des Landes hat der Schlanderser Bürgermeister Dieter Pinggera die dienstäglichen Berichte über die Diskussion der Leistungsprofile im Leitungsgremium seiner Partei, der SVP, aufmerksam verfolgt. “Sollte sich das, was geschrieben und gesagt wurde, bewahrheiten, also, dass im Prinzip die Basiskrankenhäuser und auch jenes von Schlanders mit den heutigen Einrichtungen bestehen bleiben, dann sind wir sehr glücklich und zufrieden”, sagt Pinggera zu salto.bz. Etwas anderes sieht man die Sache in der östlichen Landeshälfte. Dort setzt sich Klaus Rainer seit nunmehr knapp zwei Jahren gemeinsam mit der Initiativgruppe “Pro Krankenhaus Innichen” für den Erhalt des dortigen Krankenhauses ein. “Dass gar keine Dienste gestrichen werden, stimmt so nicht”, meint Rainer. Er erinnert daran, dass Innichen “schon einiges verloren hat”. Darunter etwa die Geburtenabteilung, die bekanntlich im März vergangenen Jahres endgültig ihre Türen schließen musste. “Aber wie es aussieht, werden uns auch die Primare abhanden kommen”, so Rainer – ein Verlust, über den er persönlich gar nicht glücklich ist: “In einem kleinen Krankenhaus wie bei uns haben die Primare auch andere Aufgaben, zum Beispiel organisatorischer Art. Sie fühlen sich für die Abteilungen verantwortlich und werden sicher fehlen.”

Klaus Rainer: “Das Ergebnis ist ein Kompromiss zwischen Peripherie und Zentralverwaltung von Land und Sanität.”

Auch Pinggera ruft ins Gedächtnis, dass man in Schlanders “schon viel rationalisiert und optimiert” habe. Wodurch das Vinschger Krankenhaus zu einer “sehr effizienten kleinen Struktur” geworden sei. Und sollte mit dieser Unsicherheit ob des Fortbestands der Kleinspitäler und der dort angebotenen medizinischen Leistungen nun wirklich Schluss sein, “bin ich sehr zufrieden”, so der Schlanderser Bürgermeister. Doch auch Klaus Rainer kann den jüngsten Entwicklungen in Sachen Sanitätsreform, die er als einen “Sieg der Vernunft” bezeichnet, einiges abgewinnen: “Ich bin sehr froh, dass in Innichen die Innere Medizin und die Chirurgie als bettenführende Abteilungen erhalten bleiben. Darüber hinaus habe ich gehört, dass auch die Pädiatrie bleibt – insofern als dass Kinder mit kleinen Krankheiten nach wie vor in unser Krankenhaus kommen können.” “Im Großen und Ganzen”, fügt Rainer hinzu, “ist die Gesundheitsreform für die kleinen Krankenhäuser nicht schlecht ausgefallen”. Vor allem wenn er bedenke, mit welchen Forderungen man zu Beginn der Diskussion konfrontiert war: “Da war von der Umwandlung der Kleinkrankenhäuser in Tageskliniken und der Zusammenlegung von Abteilungen die Rede.”


Keine Vorschlusslorbeeren

Die Bilanz der beiden eisernen Verfechter Rainer und Pinggera nach fast zwei Jahren unermüdlichen Einsatzes für die Kleinspitäler? “Wenn die Reform wirklich so eintrifft wie in den Medien beschrieben, dann ist das sicherlich der Verdienst aller: Sowohl der Bevölkerung, die öffentlich Druck ausgeübt hat als auch von uns Verwaltern, die hartnäckige Verhandlungen geführt haben, die sicherlich kein Zuckerschlecken waren”, gesteht Bürgermeister Pinggera. Auch Aktivist Rainer ist überzeugt, dass die Initiativen und “die ganzen Gespräche” dazu beigetragen haben werden, wenn die Peripherie schlussendlich nicht allzu viele Federn lassen muss. Nun gelte es allerdings erst einmal die Details abzuklären. Laut Auskunft von SVP-Parteiobmann Philipp Achammer soll dies in den kommenden zwei Wochen erfolgen. Dann sollen die Leistungsprofile auch mit den Bezirken abgestimmt sein. Erst anschließend wird der SVP-Ausschuss am 15. Februar über die Leistungsprofile abstimmen.

Dieter Pinggera: “Als Infrastruktur ist das Krankenhaus Schlanders für den Bezirk und die Bevölkerung unabdingbar.”

Vorsichtig blickt Dieter Pinggera auf die kommenden Tage und Wochen. Er will das 30-seitige Dokument, das er noch nicht zu Gesicht bekommen hat, genau studieren: “Daher gibt es von mir auch keine Vorschusslorbeeren, denn der Teufel steckt bekanntlich oft im Detail.” Allerspätestens kommende Woche will er sich auch mit Ärzten und Primaren des Schlanderser Spitals treffen, um das Dokument zu besprechen.