Gesellschaft | Flüchtlinge

"Es dürften weniger Flüchtlinge kommen"

Was bedeutet Südtirols Bayernhilfe für Brixen und seine Einwohner? Bürgermeister Peter Brunner über spontane Hilfeleistungen und vollendete Tatsachen.

Herr Brunner, sind in Brixen bereits Flüchtlinge untergebracht worden?
Peter Brunner:
 Die ersten sind nun am Vormittag eingetroffen, mehr werden ab dem Nachmittag erwartet. Wie wir nun aber vom Land erfahren haben, haben die Flüchtlingsströme über den Brenner im Laufe der letzten Tage ziemlich abgenommen. Es dürften also weniger Flüchtlinge nach Brixen kommen als ursprünglich angenommen.

Die Freiheitlichen kritisieren nicht nur den Landeshauptmann. Sie werfen auch dem Brixner Bürgermeister Intransparenz und fehlende Informationsbereitschaft vor. Sie würden die BürgerInnen einfach vor vollendete Tatsachen stellen.
In dem Fall kann ich nur antworten, dass auch der Bürgermeister vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Landesrätin Martha Stocker hat mich am Dienstag Abend gegen 23 Uhr über die geplante Unterbringung verständigt. Die KollegInnen im Stadtrat konnte ich dann erst Mittwoch Früh informieren. Zu dem Zeitpunkt war bereits alles beschlossen, die beiden Schulen sind schließlich Infrastrukturen des Landes. Doch auch wir als Gemeinde haben unsere Unterstützung angeboten.

Wo zum Beispiel?
Vor allem bei der Verpflegung der Flüchtlinge. Wir führen neben der Dreifachturnhalle der Fachoberschule Julius Durst eine Mensa, die wir zur Verfügung stellen. Die Verpflegung wird dann in Zusammenspiel mit dem Zivilschutz organisiert, der hier alles koordiniert.

Stehen die beiden Turnhallen schon für die Unterbringung von Flüchtlingen bereit?
In der Fachoberschule Julius Durst ist alles hergerichtet, dort finden seit gestern auch tägliche Koordinierungssitzungen statt. Vorerst plant man einmal nur auf diese Turnhalle zurückzugreifen. Sollten noch mehr Unterbringungsmöglichkeiten benötigt werden, gibt es auch im Sozialwissenschaftlichem Gymnasium im Norden von Brixen die Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit weitere Plätze zu schaffen. 

Am Montag geht die Schule los. Teilen sich die SchülerInnen bei ihrer Rückkehr Mensa und Turnhalle mit den Flüchtlingen?
Nein, laut meinen Informationen gibt es die Zusicherung, dass die Infrastrukturen bis spätestens Montag wieder frei sind.

Stimmt es, dass die Flüchtlinge am Bahnhof Brixen aus den Zügen geholt werden sollen?
Teilweise wird das auch geschehen. Doch mehr Menschen sollen auch schon in Bozen und eventuell auch schon in Verona aufgehalten werden. Man versucht jetzt, so viele Filter wie möglich zu bilden, damit sie in diesen Tagen erst gar nicht den Brenner erreichen.

Wie reagieren die Brixner auf die Neuigkeit. Läuft Ihr Telefon heiß?
Nein, das eigentlich nicht. Aber ich denke, eine gewisse Unsicherheit gibt es in der Bevölkerung sicherlich. Man sieht ja auch täglich in den Medien, was da abläuft. Wir haben es hier mit einer humanitären Katastrophe zu tun, und ich denke, dementsprechend braucht es von allen ein Solidaritätszeichen. Aber klar ist natürlich auch, dass Brixen nur für eine sehr kurzfristige Lösung herangezogen werden kann. Mittel- und langfristig müssen die Provinz und vor allem die europäischen Staaten für eine Lösung des Problems sorgen. Wir können jetzt nur spontan zur Seite stehen und dazu beitragen, dass die nächsten Tage bestmöglich für alle ablaufen.

"Aber klar ist natürlich auch, dass Brixen nur für eine sehr kurzfristige Lösung herangezogen werden kann. Mittel- und langfristig müssen die Provinz und vor allem die europäischen Staaten für eine Lösung des Problems sorgen": un bel modo di dire che Bressanone - città vescovile e in teoria caritatevole - non si considera né parte della Provincia, né parte dell'Europa.

Do., 03.09.2015 - 19:30 Permalink