Politik | Autonomiekonvent

Nur eine halbherzige Sache?

Nach stundenlangem Verhandeln hat der Landtag die Mitglieder des Konvents der 33 bestimmt. Vor allem die Wahl von Luis Durnwalder sorgt für Stunk. Aber nicht nur.

“Ich rauche nur drei Mal im Jahr, und jetzt brauche ich eine Zigarette.” Dieser Satz, den eine Landtagsabgeordnete am Mittwoch Nachmittag fallen ließ, kann sinnbildhaft für die Spannung stehen, die gestern im Südtiroler Landtag herrschte. Die Wahl der Mitglieder zum Konvent der 33 stand an. Die Aufgabe dieses Gremiums ist es, schriftliche Vorschläge für die geplante Reform des Autonomiestatuts auszuarbeiten. Acht Mitglieder sind am vergangenen Samstag bekanntlich vom Forum der 100 bestimmt worden. Die restlichen 25 Mitglieder musste der Landtag wählen: 17 auf Vorschlag der Landtagsfraktionen (5 Rechtsexperten und 12 politische Vertreter), jeweils 2 auf Vorschlag der Gewerkschaften und Unternehmerverbände und 4 auf Vorschlag des Rats der Gemeinden. So weit die formellen Kriterien.

Gleich vorweg die Namen jener Personen, die der Landtag am Mittwoch Abend zu Mitgliedern des Konvents der 33 gewählt hat, in alphabetischer Reihenfolge:

  • auf Vorschlag des Rates der Gemeinden: Beatrix Mairhofer, Laura Polonioli, Stefan Gufler und Joachim Reinalter,
  • auf Vorschlag der Gewerkschaften: Tony Tschenett und Laura Senesi,
  • auf Vorschlag der Unternehmerverbände: Alexandra Silvestri und Claudio Corrarati
  • als Rechtsexperten: Francesco Clementi, Renate von Guggenberg, Kathrin Haberer, Esther Happacher und Ewald Rottensteiner
  • als Vertreter des Landtags: Roberto Bizzo, Luis Durnwalder, Christoph Perathoner, Magdalena Amhof, Christian Tschurtschenthaler, Maria Hochgruber Kuenzer, Andreas Widmann für die Mehrheit und Margareth Lun, Wolfgang Niederhofer, Florian von Ach, Riccardo Dello Sbarba, Maurizio Vezzali für die Opposition.
  • Die acht Vertreter, die das Forum der 100 am vergangenen Samstag gewählt hatte, wurden bestätigt: Janah Maria Andreis, Patrick Dejaco, Walter Eccli, Martin Feichter, Verena Geier, Edith Ploner, Heinold Rottensteiner und Olfa Sassi.

 

Im Eiertanz zur Wahl

Doch bevor es überhaupt zur Abstimmung über die Namen kommen konnte, waren zähe und langwierige Verhandlungen nötig. Bereits am Vormittag wurden die Arbeiten mehrmals für Beratungen unterbrochen. Für zusätzliche Brisanz sorgte der Antrag von Sven Knoll, die Wahl zu vertagen. Zuerst sollten die Zweifel am Verdacht seiner Partei – der Süd-Tiroler Freiheit – ausgeräumt werden, beharrte Knoll. Die STF wirft der SVP vor, in großem Stil Personen ohne deren Zustimmung auf die Kandidatenliste für das Forum der 100 gesetzt zu haben. Unterstützung kam von Brigitte Foppa und Pius Leitner. Die Grüne warnte vor der “Gefahr der politischen Beschädigung eines Organs, in das man große Hoffnung gesetzt hat”. Auch der Freiheitliche Fraktionssprecher forderte Klärung.

Es war schließlich Philipp Achammer, der den Vorwurf des Betrugs zurückwies. Man habe mit Sicherheit nicht blockweise Personen ohne ihr Wissen für das Forum registriert, entgegnete der SVP-Obmann. Sondern man habe den Mitgliedern, die sich anmelden wollten, eine Hilfestellung gegeben und dies auch offen gesagt. “Darüber hinaus gilt es auch für alle anderen Kandidaten, dass es nicht überprüfbar ist, ob sich jemand selbst registriert hat oder durch einen Bekannten eingeschrieben wurde”, gab Achammer zu bedenken. Die SVP habe auf jeden Fall das ausdrückliche Einverständnis der Betroffenen eingeholt. “Achammer weiß entweder nicht, was in seiner Partei geschieht oder er lügt den Landtag an”, polterte Sven Knoll. Es gebe nämlich auch einen SVP-Abgeordneten, der von seiner Partei ohne sein Wissen registriert wurde. Diesen forderte Knoll auf, sich zu erkennen zu geben. An dieser Stelle schritt schließlich Landtagspräsident Thomas Widmann ein. Er stellte klar, dass sich jeder registrieren konnte, “auch ein Abgeordneter”. Und Oswald Schiefer setzte der Diskussion endgültig ein Ende indem er meinte, dass man die Klärung der Vorwürfe der Staatsanwaltschaft überlassen sollte und eine Sitzung der Fraktionssprecher beantragte, um sich über die Kandidaten des Landtags zu beraten. Dem wurde stattgegeben, doch zuerst wurde der Antrag auf Vertagung der Wahl mehrheitlich abgelehnt.


Ernüchterte Abgeordnete

Den ganzen Nachmittag über war der Sitzungssaal des Landtages dann so gut wie leergefegt. Auf die Sitzungen der Fraktionssprecher folgten Sitzungen der einzelnen Fraktionen, Minderheitensitzungen vermischten sich mit Zwiegesprächen auf den Gängen. Mehrheit wie Minderheit taten sich offensichtlich schwer, eine Einigung bei den Namen jener 12 Mitglieder zu erzielen, die auf Vorschlag der Fraktionen entsandt werden. Mehrere Stunden lang wurde hinter verschlossenen Türen und im Foyer diskutiert und verhandelt. Und als es bereits den Anschein hatte als müsste die Wahl trotz allem auf den darauffolgenden Tag verschoben werden, trommelte Präsident Widmann alle Landtagsabgeordneten im Sitzungssaal zusammen und verlas die Namen der Kandidaten, die von Gemeinden, Sozialpartnern – und schließlich doch auch von den politischen Fraktionen vorgeschlagen worden waren.


Eine der vielen Beratungsgespräche – hier zwischen Vertretern der politischen Minderheit.

Bevor die geheime Wahl über die Bühne ging, meldeten sich mehrere Oppositionsvertreter kritisch zu Wort. So kritisierte Brigitte Foppa die Kandidatur Luis Durnwalders: “Er wird wahrscheinlich eine tragende Rolle einnehmen, gehört aber nicht zu jenen, die das Demokratiebedürfnis der Bürger verstanden haben.” “Luis Durnwalder wird den Konvent führen”, prophezeite Alessandro Urzì von Alto Adige nel Cuore. Er wies auf die Schwierigkeit für die italienische Sprachgruppe hin, sich an der Diskussion zu beteiligen – unter anderem weil die deutsche Rechte die Debatte besetzt habe. Andreas Pöder von der Bürgerunion verlangte gleich die Annullierung des gesamten Autonomiekonvents, während Pius Leitner gestand, dass die Freiheitlichen den Konvent nie unterstützt hätten. Paul Köllensperger erinnerte an seinen Vorschlag, den Konvent “Beratende Versammlung” zu nennen, “das wäre ehrlicher gewesen”. Bedauern, dass – bis auf sie selbst – niemand wirklich an den Konvent glaube, kam von den Grünen. Und doch habe man sich den Vorgang “sicher anders” vorgestellt. Vor allem, dass der Konvent das Mittel sei, damit das Statut von unten geschrieben werden könne, meinte Riccardo Dello Sbarba ernüchtert. Doch dem Konvent seien auch viele Themen entzogen worden und das Vorgehen der SVP beim Forum sei politisch nicht korrekt gewesen. “Da niemand mehr an den Konvent glaubt, hat dieser seine Eltern verloren”, meinte Dello Sbarba metaphorisch. Mit Luis Durnwalder bekäme der Konvent nun einen Ziehvater, doch die Hoffnung, dass der Landtag und die Fraktionen wieder die Vaterschaft übernähmen und der Konvent seinen ursprünglichen Geist wiederfinde, bleibe.