Politik | Polemik

Überraschung gelungen

Arno Kompatscher stellt klar: Die Arbeit der Parlamentarier stehe in keinster Weise im Widerspruch zum Autonomiekonvent. Darüber sei der Konvent auch informiert worden.

“Erstaunt” sei er gewesen, “verwundert” und “überrascht”, gesteht Landeshauptmann Arno Kompatscher am Dienstag Mittag. Vier Tage sind inzwischen vergangen seit die Sitzung des Autonomiekonvents am Abend des 2. September abgebrochen wurde nachdem Riccardo Dello Sbarba, Grüner Landtagsabgeordneter und Mitglied des Konvents der 33, von einem Gesetzentwurf berichtete, der in Rom aufliegt und eine Anpassung des Autonomiestatutes vorsieht. An der Nase herum geführt fühle er sich, wetterte Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, der ebenfalls im Konvent sitzt (obwohl man ihm damit “keinen großen Gefallen getan” habe, wie er im salto.bz-Interview verriet). Auch andere Konventsmitglieder sahen ihre Arbeit durch die Initiative der Südtiroler Parlamentarier in Rom infrage gestellt.

Senator Francesco Palermo, einer der Mitunterzeichner des Gesetzentwurfes Nr. 2220, und Kompatscher selbst versuchten umgehend das – in ihren Augen – Missverständnis aufzuklären. Dennoch blieben die Polemiken nicht aus. Noch am Freitag Abend versendet die Süd-Tiroler Freiheit eine Aussendung an die Medien und spricht von einem “Eklat”. “Es geht nicht an, dass ein eigener Gesetzentwurf ausgearbeitet worden ist, ohne den Autonomie-Konvent miteinzubeziehen”, kritisiert Myriam Atz Tammerle. Ein “Fiasko”, mit dem “die SVPD-Koalition die Mitglieder des Konvents brüskiert” habe, sind die Freiheitlichen überzeugt. Sie fordern noch am Dienstag Vormittag den Rücktritt der “Verantwortlichen dieser Vorgänge”. Auch Andreas Pöder von der Bürgerunion spart nicht mit Kritik. Seine Vermutung: “Die gesamte Struktur des Konvents und die Mehrgleisigkeiten sind bewusste Täuschungsmanöver des Landeshauptmannes. Man erweckt den Anschein, dass alle mitreden dürfen, gleichzeitig wird alles im stillen Kämmerchen der Macht zwischen SVP und PD ausgeschnapst.”


Hätten sie es besser wissen müssen?

Der von Pöder angesprochene Landeshauptmann wirkt sichtlich bemüht als er bei seiner allwöchentlichen Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung der Landesregierung von den Journalisten erneut auf die Sache angesprochen wird. Den Vorwurf, hier sei etwas “hinter dem Rücken” des Konvents in die Wege geleitet worden, weist er scharf zurück: “Der Verfassungsgesetzentwurf, der nun beanstandet wird, betrifft die Kompetenzen und befindet sich schon seit Langem in Ausarbeitung. Er wurde sowohl mit den Fraktionssprechern im Regionalrat besprochen als auch in einer öffentlichen Debatte diskutiert.” Daher habe er sich umso mehr gewundert, dass der Entwurf ausgerechnet von einem Landtagsabgeordneten herangezogen wurde, so Kompatscher. Konkret, sieht er sich genötigt zu wiederholen, handle es sich dabei um den Versuch, unter anderem die Zuständigkeiten für die Gemeinden von der Region auf die beiden Autonomen Provinzen Bozen und Trient zu übertragen. Bereits 2015 war ein erster Entwurf vorgelegt und nicht wenig kontrovers diskutiert worden. Darüber hinaus, so der Landeshauptmann, “habe ich sowohl bei der Auftaktveranstaltung zum Konvent im Landtag als auch bei der ersten Sitzung des Konvents der 33 über den Gesetzentwurf informiert und darüber, dass er den Zielen des Konvents nicht widerspricht”.


Langfristige Vision und kurzfristige Chancen

Denn diese seien eindeutig festgelegt worden: “Es herrschte von Anfang an absolute Klarheit darüber, dass es nicht Aufgabe des Konvents sein wird, das Autonomiestatut neu zu schreiben oder gar ein Drittes Statut auszuarbeiten. Bei den Arbeiten im Konvent geht es vielmehr darum, eine Revision des Statutes zu diskutieren und eine Debatte über die zukünftige Entwicklung unserer Gesellschaft und unserer Autonomie zu führen.” Das Ergebnis solle entsprechend ein oder mehrere Dokumente sein, in denen “langfristige Ziele im Hinblick auf die Autonomie aber auch die Beziehungen zu Europa und Italien” festgehalten sind und dem Landtag vorgelegt werden. “Eine andere Sache ist”, so Kompatscher weiter, “was wir seit 1972 machen. Und zwar wie Silvius Magnago sagte, die Blumen am Wegesrand pflücken, sprich jedwede Gelegenheit, die sich bietet, um unsere Autonomie weiterzuentwickeln, nutzen”. Das eine schließt das andere also nicht aus, betont der Landeshauptmann mehrmals. Und: “Wir werden doch den politischen Prozess nicht blockieren weil anderswo über das große Ganze diskutiert wird.”

Bild
Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Di., 06.09.2016 - 20:23

Ich frage mich, welches Spiel im K33 gespielt wird. Salto hatte die Zweigleisigkeit bereits im Feber artikuliert.
https://www.salto.bz/article/09022016/doppelter-vorstoss

Im dortigen Kommentar hat Thomas Benedikter auch noch gleich Kompatschers Hinweis bestätigt, für diejenigen K33ler, die die Auftaktveranstaltung geschwänzt hatten.

Sämtliche jetzt ahnungslos empörte Rechte hat im Regionalrat dem Ladiner DDL zugestimmt
https://www.suedtirolnews.it/suedtirol-lokal/regionalrat-positives-guta…

Und jetzt da Dello Sbarba seine bereits mehrfach vorgebrachte Kritik einmal mehr wiederholt, fallen alle aus den Wolken. Wer hier überrascht tut, dass parallel Gesetzesentwürfe weitergetrieben werden, spielt entweder ein falsches Spiel oder disqualifiziert sich selber.

Di., 06.09.2016 - 20:23 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Riccardo Dello Sbarba
Riccardo Dello… Mi., 07.09.2016 - 17:05

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Caro Benno,
le cose stanno esattamente come le dici tu. Quando io ho citato il disegno di legge costituzionale n. 2220 di Zeller & co. non pensavo assolutamente di fare una "rivelazione", poiché quel testo è pubblico e inserito all'ordine del giorno della prossima seduta del Consiglio provinciale per riceverne il parere (punto n. 2).
Io l'ho citato perché in quella seduta della Convenzione si discuteva appunto di "competenze" (cioè che cosa devono fare rispettivamente lo Stato, la Regione e le due Province), che è esattamente la materia di cui anche il ddl 2220 si occupa. E poiché Perathoner aveva parlato del gruppo di lavoro che, all'inizio, aveva redatto le bozze su cui quel ddl è stato poi formulato, mi pareva giusto che la Convenzione esaminasse il testo definitivo arrivato in parlamento. Kompatscher non mi può dire che quel testo non ci deve interessare, è un pezzo di riforma dello Statuto nelle sue parti più importanti!
La vera "rivelazione", per me, è stata prima la reazione violenta di Durnwalder (e hai ragione: la Zweigleisigkeit era ben nota da tempo) e poi, soprattutto, mi ha stupito l'incapacità delle persone che lì rappresentano la Svp - e che tutte, tutte!, dovevano sapere - di rispondere qualcosa a Durnwalder. Sono sbiancati, Tschurtschenthaler ha immediatamente sospeso la seduta e poi, quando l'ha riaperta, ha proposto di interrompere per "verificare col Consiglio provinciale". Che mai doveva verificare, lui consigliere provinciale che l'ordine del giorno della prossima sessione ce l'ha in tasca e sa benissimo che si discuterà di quella legge di Zeller? Quello che mi sembra è che la Convenzione è stata abbandonata a se stessa, nella stessa Svp nessuno tiene il filo del ragionamento, hanno tutti/e cose più importanti da fare.
Ora (e spero che Kompatscher ci legga) alla Convenzione serve un forte segnale da parte della politica. Dire che noi dobbiamo elaborare "visioni sul futuro" mentre i parlamentari agiscono in concreto alla riforma di pezzi di statuto è di nuovo un relegare la Convenzione al ruolo di una specie di centro studi. Dire che "non si può aspettare la Convenzione" è un altro segnale di sfiducia. Quindi, la politica deve chiarire se la Convenzione è il soggetto cui è affidata la proposta di riforma dello Statuto o no. Se ci credono ancora o si sono pentiti.
Dopo di che c'è la lotta interna alla Svp, di cui l'episodio è un indicatore. Io credo che, a due anni dalle elezioni provinciali, nella Svp sia cominciata una guerra nucleare per rottamare Kompatscher. E ogni occasione è buona: il suo stipendio (che lui non vuole ridurre), il referendum appena perduto sull'aeroporto, il referendum venturo sulla riforma costituzionale, la Convenzione ecc... Ne vedremo delle belle. Useranno di tutto, purtroppo anche buone cause (e qui sta il mio imbarazzo per come Durnwalder ha utilizzato la questione dei "doppio binario" che è una delle critiche che ho sempre fatto).
Infine c'è Durnwalder e il suo ruolo. L'hanno nominato nella Convenzione senza che lui volesse, lo volevano fare presidente e lui ha rifiutato, facendo capire che quell'incarico lo prendeva come un dispetto, al pari della vendita della sua mercedes su e-bay.
Ora bisognerà vedere che succede: Durnwalder chiede il massimo, cioè che Zeller ritiri la legge dal Parlamento, oppure che si chiuda il Konvent. Loro non ritireranno la legge e noi andremo avanti col Konvent. A quel punto Durnwalder si dimetterà dal Konvent? E questo, se accadrà, danneggerà o favorirà la Convenzione?

Mi., 07.09.2016 - 17:05 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Mi., 07.09.2016 - 18:58

Antwort auf von Riccardo Dello…

Caro Riccardo,
danke für die Sichtweise. In der Theorie mag die Zweigleisigkeit irritieren, aber in der Welt und in den Zeiten, in denen wir leben - davon bin ich überzeugt - ist sie die einzig richtige Vorgangsweise. Moralisch gibt es eine gegenseitige Informationspflicht, aber in der Liga darf man wohl auch von allen erwarten, sich selbstaktiv zu informieren. Dann wird daraus auch eine geschlossene Front nach außen. Bis dato habe ich den Eindruck, dass die K33ler nicht einmal die Beiträge auf der Konvent-Webseite lesen, geschweige sie zum Dialog mit der Basis nutzen. Ansonsten Zustimmung. Ich wünsche dem K33 gute Selbstreinigungskräfte. Destruktive Manovre sind allzu offensichtlich und entlarvend.

Mi., 07.09.2016 - 18:58 Permalink
Bild
Profil für Benutzer magda baur
magda baur Fr., 09.09.2016 - 22:29

Fortentwicklung der Autonomie

Wir sind an einer entscheidenden Weggabelung angelangt: Es besteht die Gefahr, dass der Autonomie-Konvent monatelang Fragen diskutiert, die eigentlich in Rom zu behandeln wären und die Ergebnisse landen in irgendeiner Schublade. Die Mitglieder des Konvents sitzen alle 14 Tage ein ganzes Wochenende ab, ohne dass am Ende irgendetwas herausschaut.
Aber der Konvent könnte seine Existenzberechtigung sehr wohl unter Beweis stellen, nämlich über die Behandlung von grundrechtlichen Fragen, die unmittelbar Südtirol betreffen. Und diesbezüglich möchte ich - wie bereits in der Vergangenheit mehrfach getan - auf das Problem des geschlossenen Hofes bei den Talbauern in Südtirol hinweisen. Es handelt sich dabei um eine extreme Ungleichbehandlung , um eine faktisch Enterbung der "weichenden Erben". Sachliche Rechtfertigung gibt es dafür keine. Es gibt Fälle, in denen der Hofübernehmer zwei oder drei Höfe mit mehreren Wohnhäusern erbt, die übrigen Kinder (Söhne oder Töchter) werden mit einem Butterbrot abgefertigt. Man spricht von einem Ertragswert, der mit dem realen wirtschaftlichen Ertragswert bei weitem nicht übereinstimmt. Dieser liegt nämlich um ein Vielfaches höher. Das hat mit der Sicherung der bäuerlichen Existenz nichts mehr zu tun. Hier geht es allein um maßlose Vermögensmehrung zugunsten Einzelner.
Ich habe vollstes Verständnis für den politisch einzigartigen Einfluss der Bauern im Lande, was dazu führt, dass die Bauern weitgehend von der Besteuerung ausgenommen sind, dass für diese eigene baurechtliche Bestimmungen gelten (sie können auch im landwirtschaftlichen Grün bauen, wenn sie einen Hof schließen) und dass diese auch noch großzügige Förderungen, bspw. auch zum Bau ihrer Luxusanwesen erhalten. Dieser einzigartige Einfluss führt auch dazu, dass für die Bauern zentrale Regeln, die für die Allgemeinheit gelten, nicht anwendbar sind. Bei der massiven Diskriminierung im Bereich des Erbrechts wurde aber eine rote Linie überschritten. Italienweit hat man in den letzten Jahren versucht, den Gleichheitsgrundsatz immer wirksamer zur Anwendung zu bringen, so wurde bspw. die Möglichkeit, testamentarisch die Pflichterben ungleich zu behandeln, stark eingeschränkt. Bis Südtirol und bis zum geschlossenen Hof reicht dieser Gleichheitsgrundsatz aber nicht.
Tun wir nicht so, als bestünden die wichtigsten Probleme Südtirols darin, mehr Sonderregeln in Rom zu erkämpfen. Die größten Probleme haben wir mittlerweile im Land selbst.
Ja, pflücken wir die Blumen am Wegesrand - und kehren wir zuerst vor der eigenen Haustür. Wenn sich der Autonomie-Konvent mit solchen Problemen beschäftigen würde, die ganz typisch sind für Südtirol, dann könnte man damit tatsächlich Geschichte schreiben und nicht nur für die Schublade.

Fr., 09.09.2016 - 22:29 Permalink