Politik | Benko Bis

Ohne Verfallsdatum?

In Antwort auf eine Grüne Anfrage erklärt der Landeshauptmann die rechtliche Grundlage für die Wiederaufnahme des Benko-Projekts. Und spricht ein Machtwort.

Offiziell beschäftigt sich die Dienststellenkonferenz seit Donnerstag vergangener Woche erneut mit dem Benko-Projekt. Möglich gemacht hat das Luigi Spagnolli, der vor seinem Rücktritt am 24. September das “Benko-Bis”-Dekret unterzeichnete. Am selben Tag, an dem der ehemalige Bozner Bürgermeister seine Signatur unter den Akt setzt und von dannen zieht, trudeln bei Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa und Hans Heiss Antworten auf Fragen ein, die gar einige derzeit brennend interessieren dürften. Bereits im August hatten die drei Grünen im Landtag Auskunft über die rechtlichen Folgen des Neins des Bozner Gemeinderats zum Benko-Projekt eingefordert. Und just, als Spagnolli den Auftakt für die zweite Runde unterschreibt, liegen die Informationen auf dem Grünen Tisch. Was sie darin lesen deuten Dello Sbarba, Foppa und Heiss als “weitere Bestätigung der Absicht, das Benko-Projekt um jeden Preis und trotz des negativen Votums des Gemeinderats voranbringen zu wollen”.

Wie aus der Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher hervorgeht, dürfte man sich bereits seit 1. September Gedanken über ein Benko Bis gemacht haben. An diesem Tag gab es ein Treffen im Bozner Rathaus. Anwesend, “die Parteien, die die programmatische Vereinbarung unterzeichnet haben”. So die Auskunft Kompatschers. Es kann also davon ausgegangen werden, dass am 1. September Luigi Spagnolli und Arno Kompatscher als gesetzliche Vertreter der von der programmatischen Vereinbarung betroffenen Körperschaften mit jenem Mann zusammengekommen sind, der den Einbringer des Projekts, die Kaufhaus Bozen GmbH, vertritt: Heinz Peter Hager. Worum es in dem Meeting ging, berichtet der Landeshauptmann: “Tutte e tre le parti hanno manifestato la volontà di essere disponibili a non far valere la decadenza degli effetti giuridici dell’Accordo di programma.”


Großzügige Geste?

Alle drei seien demnach überein gekommen, auf die rechtlichen Wirkungen des Verfalls der programmatischen Vereinbarung verzichten zu wollen. Zur Erinnerung: Absatz 7 des Art. 55 quinquies legt fest, dass die Vereinbarung “von der Landesregierung und vom Gemeinderat bei sonstigem Verfall binnen 30 Tagen ab Unterzeichnung zu ratifizieren” ist. Bekanntlich wurde die Vereinbarung am 24. Juni unterzeichnet. Am 23. Juli erteilte ihr der Bozner Gemeinderat eine Absage. Das heißt, sie wurde von einer der beiden Parteien nicht ratifiziert und wäre folglich verfallen. “Wäre”, wenn da nicht dieses Treffen stattgefunden hätte und sich das Land Südtirol, die Gemeinde Bozen und die Kaufhaus GmbH nicht darauf verständigt hätten, den Verfall “nicht geltend machen” zu wollen. Auf welcher rechtlichen Basis dieser Verzicht basiert, erschließt sich aus der Antwort des Landeshauptmanns nicht.

Die Frage, die sich an diesem Punkt auch und nicht nur den Grünen stellt, ist: Worauf bezieht sich nun dieser Verfall? Nur auf die programmatische Vereinbarung oder auch auf die Prozedur, die ihr vorausgegangen war? Dieser Meinung ist etwa der Projekt-Bozen-Gemeinderat Rudi Benedikter. In letzterem Fall würde das allerdings bedeuten, dass Benko ein für alle Mal vom Tisch wäre. Was aber bekanntlich nicht der Fall ist. Und Landeshauptmann Kompatscher liefert die Erklärung dazu: Da sich der Verfall laut dem oben zitierten Absatz des Art. 55 quinquies explizit nur auf die programmatische Vereinbarung bezöge, sei auch nur diese verfallen, stellt er klar.


Alles wieder von vorn – fast

Das gesamte Verfahren, das der Vereinbarung vorausgegangen sei, sei hingegen durch die Ablehnung im Gemeinderat nicht annulliert worden. Jener Umstand, der schließlich zur aktuellen Situation in Sachen Benko Bis geführt hat: Luigi Spagnolli setzt am 24. September die Dienststellenkonferenz wieder ein. Er beauftragt sie, dem siegreichen Projekteinbringer – der Kaufhaus Bozen GmbH – einige Verbesserungsvorschläge an ihrem Projekt vorzulegen: mehr Flächen für öffentliche Einrichtungen, weniger Parkplätze und Bevorzugung von lokalen Unternehmen bei der Ausschreibung für die Errichtung der öffentlichen Infrastrukturen. Mit der Bitte, diese drei Punkte zu beachten, tritt Spagnolli in seinem “Benko-Bis”-Dekret an die Kaufhaus Bozen GmbH heran. Sollte es schließlich zu einem zweiten positiven Gutachten der Dienststellenkonferenz kommen, kann das im Art. 55 quinquies festgelegte Verfahren laut Kompatscher “mit einer neuen Unterzeichnung der programmatischen Vereinbarung” wieder losgehen.

Konkret bedeutet das also, dass die Landesregierung und der Gemeinderat von Bozen ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung wieder 30 Tage Zeit haben werden, ihre Zustimmung zu Benko Bis zu geben – bei sonstigem Verfall. Was aber passiert, wenn es dann keinen Gemeinderat mehr gibt, weil er in der Zwischenzeit aufgelöst wird? Dann würden die programmatische Vereinbarung und die Aufgabe, darüber zu entscheiden, aller Voraussicht nach in den Händen des Kommissärs landen, der Bozen bis zu den Neuwahlen verwalten wird. “Würde”, hätte Arno Kompatscher nicht ein zweites Mal ein Machtwort gesprochen. “Ich werde eine abgeänderte programmatische Vereinbarung als Vertreter des Grundeigentümers Land Südtirol nur dann unterzeichnen, wenn sie vom Bozner Gemeinderat genehmigt worden ist”, wird der Landeshauptmann am Dienstag in der Presse zitiert. Die Landesregierung will bei ihrer allwöchentlichen dienstäglichen Sitzung das Versprechen Kompatschers zu Papier bringen. Und was, wenn die Vereinbarung auch ein zweites Mal nicht ratifiziert wird? Kommt es dann zu einem Benko Tris?