Politik | Gastkommentar

Volkszorn gegen alle Politiker

Über das Thema Grundeinkommen denkt der ehemalige Landtagsabgeordnete, EU-Parlamentatier und Grünen-Sprecher Sepp Kusstatscher schon länger nach. Doch was hat er zu - eigenen wie allgemeinen - Renten-Privilegien zu sagen?

Als überprivilegierter Polit-Pensionist erlaube ich mir, ein paar relativ einfache Vorschläge zu machen, damit die Ursachen für die gewaltige Diskrepanz bei den Einkünften (Gehälter, Gewinne, Pensionen…) wenn nicht behoben, so doch reduziert werden könnten. Dabei geht es nicht nur um die Politiker, die derzeit im Mittelpunkt der Kritik stehen.

Drei Maßnahmen schlage ich vor:

1. Progressive Besteuerung der Einkünfte

Die derzeit so oft erhobene Forderung, alle Steuern zu senken, führt dazu, dass die Res publica ausgehungert wird und dass diese ihren öffentlichen Verpflichtungen bei Bildung, Gesundheit, Sozialmaßnahmen… immer schlechter nachkommen kann. 

Der Aufruf zu mildtätigen Spenden und Almosen oder zur Anlage von Sonderfonds, aus denen dann soziale Not gelindert werden kann, ist ein moralisierender Appell, der wenig bringt. Nur ordentliche Steuern können steuern.

Die Steuerprogression mit der derzeitigen Obergrenze bei 43 %, ungerechte Steuern mit vielen Schlupflöchern und nicht zu rechtfertigende Freibeträge… bewirken, dass Reiche immer reicher werden und dabei viel zu wenig für das Gemeinwohl beisteuern. In den Vereinigten Staaten gab es nach dem Zweiten Weltkrieg die gesetzliche Regelung, dass ab einer bestimmten Summe (ich glaube, es war ein Jahreseinkommen von 700.000 Dollar) 100 % der Einkünfte an den Fiscus zu entrichten waren. Das war die Blütezeit der Vereinigten Staaten. Schweden hat eine Steuerprogression bis zu 80 % und kann sich daher einen Sozialstaat leisten. 

Übrigens: In der italienischen Verfassung wäre ja der Grundsatz der Steuerprogression festgeschrieben. Trotzdem gibt es Ausnahmen für die Reichen, z.B. bei der Besteuerung der Aktiengewinne.

2. Obergrenze für Pensionsbezüge

Derzeit konzentriert sich alles auf eine pauschale Politikerschelte. Es gibt auch viele andere Kategorien, die eine noch viel bessere Absicherung im Alter haben. Daher braucht es eine allgemeine Regelung. Ich schlage vor, alle „erworbenen Rechte“ zu limitieren.

Politiker sind nicht so sehr reich geworden, weil sie schöne Diäten bezogen haben, sondern weil manche mit Gier und Geiz unermessliche Nebeneinkommen erzielt haben. Es sollte daher auch auf den Immobilienbesitz und auf phantasiereich versteckte andere Einkünfte der Politiker geschaut werden. Das Gleiche gilt auch für alle anderen Berufe. Warum wird der unermessliche Reichtum eines René Benko nicht viel kritischer hinterfragt?

Eine relativ einfache Regelung (auf Staatsebene – mittelfristig auf EU-Ebene) wäre eine Deckelung aller Renten (inklusive Mehrfach- und Zusatzrenten). Mit 2.500 oder 3.000 € Rente pro Monat müssten auch die Reichen auskommen. Gleichzeitig wäre eine Anhebung der Mindestrenten auf 1.000 € bzw. ein Grundeinkommen ein Gebot der Stunde, damit alle Menschen in Würde leben können. Die Kluft zwischen den unterstem und den höchsten Einkommen muss verkleinert werden.

Eine Nebenbemerkung: Eine Volksabstimmung in der Schweiz zur Begrenzung der höchsten Löhne (Relation von 1 zu 12) ist leider daneben gegangen.

3. Konsumsteuer

Der Fiscus erwischt kaum die Reichen. Die Besteuerung des Vermögens ist schwierig. Wo aber der Staat relativ einfach zu Einnahmen kommen kann und vor allem jene erwischt, die auf großem Fuß leben, das ist der Bereich des Konsums. Eine Staffelung der Steuern wäre hier am leichtesten möglich: niedere Konsumsteuern auf lebensnotwendige Dinge, hohe Steuern auf nicht erneuerbare Güter und Spitzensteuern auf Luxusgüter. Warum sollen jene, die Gold oder Kunstschätze oder ganze Ländereien zusammenkaufen, um ihr überschüssiges Geld anzulegen, nicht saftig besteuert werden?  

P.S. in eigener Sache:

Man möge mein gesamtes Vermögen und das meiner beiden Töchter und den Lebensstil anschauen.

Da ich mehr bekomme, als ich brauche, unterstütze ich vor allem Projekte in der so genannten Dritten Welt. Jedenfalls werden meine Nachkommen keine Probleme mit meiner Hinterlassenschaft haben.

Und noch etwas, das ich öffentlich machen will: Da ich schon vor mehr als 20 Jahren - damals innerhalb der SVP -  öfters gegen die Maßlosigkeit bei den Politikerbezügen die Stimme erhoben habe, bekam ich zwei Spitznamen: Pater Josef und Savonarola.  

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Wolfgang Obwexer Sa., 01.03.2014 - 14:05

Über all den (gerechtfertigten) Zorn über die Politikerrenten sollte man das eigentlich damit aufgeworfene Thema im Auge behalten: die immer weiter zunehmende ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Die Politik darf nicht nur kurzfristig das Problem der Politikerrenten lösen, sondern muss langfristig dafür sorgen, dass es eine gerechtere Ressourcenverteilung gibt. Wir Bürger müssten das genauso vehement wollen, wie wir uns jetzt über die Politikerrenten empören. Sepp Kusstatscher unterbreitet einige interessante Vorschläge.

Sa., 01.03.2014 - 14:05 Permalink
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Oskar Egger Sa., 01.03.2014 - 14:06

Allen Respekt! Die Konsumsteuer gefällt mir weniger, denn auch jemand mit einem Durchschnittseinkommen sollte die Möglichkeit haben, eventuell "Luxusgüter" zu erwerben, denn gerade das führt zu einer Neid-Gesellschaft, wenn Menschen das Gefühl haben, "so etwas kann ich mir NIE leisten". Die sogenannten Reichen hingegen, haben kaum Bauchweh, wenn sie die Luxusbesteuerung zahlen. Auch die hohen Mwst-Sätze sind absurd und lähmend. Man kann eine Häufung von Luxusgütern stärker besteuern. Niemand braucht tatsächlich 5 Privatimmobilien, oder Burg, Stadtwohnung, Gardasee- Berg- und Meerhaus. Ein würdevoller Lebensstandard soll mittelmäßig, Prasserei hoch besteuert werden. Auch Einkommensbesteuerung mit Blick auf sehr hohe Einkommen ist sinnvol, finde ich. Einkommensangepaßte Leistungen ebenso. Es kann nicht sein, daß jemand, z.B. bei Landes-konventionierten Privatvereinen Leistungen zum Nulltarif erhält, unabhängig vom Einkommen, das hat nichts mit Sozialstaat zu tun, es geht wahrscheinlich mehr um divide et impera.. Hier wird in z.B. Österreich Geld nach Einkommen und Bedarf verteilt. Auch Kontrolle bzgl. ominöser Transaktionen, Erwerb und Weiterverkauf zum Schaden der Allgemeinheit, Steuervorteile ohne Rücksicht auf Verluste bringt viel Geld ein, bestimmt!

Sa., 01.03.2014 - 14:06 Permalink
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Alfonse Zanardi So., 02.03.2014 - 23:00

- Reichensteuer klingt immer gut, aber es wird vergessen dass diese nur eine kleine Gruppe treffen und dadurch nicht allzuviel zusammenkommt, im Vergleich zu Massensteuern wie z.B. jene auf Arbeit oder Mineralöl.
- Warum erhöhen die Politiker nicht die Steuern auf höhere Einkünfte? Weil sie sich damit selbst treffen würden. Also Interessenskonflikt.
- Obergrenzen auf Rentenbezüge? Die angedeuteten "anderen" Kategorien mit hohen Renten haben sich diese wohl Zeit ihres Arbeitslebens aus eigener wirtschaftlicher Tätigkeit angespart. Die Höhe wird also vom Erfolg definiert. Der Politiker legt sich sein Gehalt und die Pension mit Verlaub selbst fest und finanziert es aus Steuergeldern. Das zentrale "Performance-Kriterium" ist die Wiederwahl, entsprechend ist sie beim Politiker oft höher bewertet als das Gemeinwohl.
- Die Steuer- und Abgabenlast ist doch allgemein schon enorm, auch auf moderate Einkommen. Noch höhere Steuern kann da nicht die Antwort sein sondern Reformen zur Senkung der Ausgaben. Da die Politik oft nur die Wiederwahl im Auge hat, weigert sie sich z.B. seit Jahrzehnten die Pensionslüge anzugehen, nämlich dass das gängige System aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr funktioniert und deswegen aus Steuermitteln bezuschusst werden muss. Junge Berufstätige müssen deshalb einerseits aktuelle Pensionisten finanzieren und zusätzlich aus ihrem Nettoeinkommen die eigene Pension privat finanzieren. Ich wage die Behauptung ein Politiker hat wenig Verständnis davon, wie sich das realiter anfühlt.
- Dass der sicher redliche Autor dann seine überschüssige Pension nach Afrika transferiert ist sicher löblich, doch wird dies wenig beitragen zur Lösung der Probleme des Sozialsystems.

So., 02.03.2014 - 23:00 Permalink
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Alfonse Zanardi So., 02.03.2014 - 23:00

- Reichensteuer klingt immer gut, aber es wird vergessen dass diese nur eine kleine Gruppe treffen und dadurch nicht allzuviel zusammenkommt, im Vergleich zu Massensteuern wie z.B. jene auf Arbeit oder Mineralöl.
- Warum erhöhen die Politiker nicht die Steuern auf höhere Einkünfte? Weil sie sich damit selbst treffen würden. Also Interessenskonflikt.
- Obergrenzen auf Rentenbezüge? Die angedeuteten "anderen" Kategorien mit hohen Renten haben sich diese wohl Zeit ihres Arbeitslebens aus eigener wirtschaftlicher Tätigkeit angespart. Die Höhe wird also vom Erfolg definiert. Der Politiker legt sich sein Gehalt und die Pension mit Verlaub selbst fest und finanziert es aus Steuergeldern. Das zentrale "Performance-Kriterium" ist die Wiederwahl, entsprechend ist sie beim Politiker oft höher bewertet als das Gemeinwohl.
- Die Steuer- und Abgabenlast ist doch allgemein schon enorm, auch auf moderate Einkommen. Noch höhere Steuern kann da nicht die Antwort sein sondern Reformen zur Senkung der Ausgaben. Da die Politik oft nur die Wiederwahl im Auge hat, weigert sie sich z.B. seit Jahrzehnten die Pensionslüge anzugehen, nämlich dass das gängige System aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr funktioniert und deswegen aus Steuermitteln bezuschusst werden muss. Junge Berufstätige müssen deshalb einerseits aktuelle Pensionisten finanzieren und zusätzlich aus ihrem Nettoeinkommen die eigene Pension privat finanzieren. Ich wage die Behauptung ein Politiker hat wenig Verständnis davon, wie sich das realiter anfühlt.
- Dass der sicher redliche Autor dann seine überschüssige Pension nach Afrika transferiert ist sicher löblich, doch wird dies wenig beitragen zur Lösung der Probleme des Sozialsystems.

So., 02.03.2014 - 23:00 Permalink