Kein Geiz, Kein Geil- aber Fair!
Gerechter Handel, bewusster Konsum, ökologischer Anbau. Im globalen Trend werden solche Themen immer mehr in. Worum es bei fairtrade-Produkten eigentlich geht, warum die Öko-Schokolade heute besser schmeckt als früher und wie solidarische Produkte eine Lösung für die Flüchtlingskrise sein können, erklärt die Präsidentin des Weltladens Meran, Klaudia Resch.
Das Prinzip von fair trade ist grundsätzlich klar: Es gibt Kleinbauern in ärmeren Regionen der Welt, die ausgebeutet werden und mit dem geringen Erlös nicht über die Runden kommen. Daher gibt es fair trade-Organisationen, die sich weniger nach dem kapitalistischen Prinzip der Nachfrage, sondern mehr nach den Bedürfnissen des Produzenten richten. Mit anderen Worten, für einen gerechteren Handel einsetzen. Die wichtigste davon in Italien heißt CTM altromercato. Ursprünglich in Bozen gegründet, gehört das Konsortium heute zu den größten Importeuren fairer Produkte in Europa.
Altromercato kauft Produkte von solchen Kleinproduzenten ein und verkauft sie dann in den Weltläden. Dabei garantieren sie den Herstellern einen würdigen Absatz sowie eine Vorfinanzierung. Mit diesem Vorschuss können sie Rohmaterialen kaufen, ohne dafür Geld von den Banken leihen zu müssen. Das Risiko wird minimiert, ein angemessener Lohn garantiert. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Läden, die an ihre Produkte durch viele einzelne Zwischenhändler gelangen, versuchen Weltläden, diese so gut es geht zu vermeiden. Außerdem arbeiten wir viel ehrenamtlich. Dadurch geht ein größerer Erlös an die Produzenten“, erklärt Klaudia Resch, Präsidentin des Weltladens Meran, welcher selbst mit CTM kooperiert.
Doch es handelt sich nicht zwangsläufig nur um den Bananenanbauer aus Ecuador oder die Näherin in Bangladesch. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass faire Bedingungen oftmals auch in Europa fehlen. Die Präsidentin des Weltladens Meran macht darauf aufmerksam: „Weltladen, das wurde bisher immer mit der dritten Welt assoziiert. Aber dass wir auch in Europa zunehmend dritte Welt haben, ist wenigen bewusst. Es ist wichtig, dass wir dagegen etwas unternehmen.“ Solidale italiano heißt diese neue Linie, die unter anderem von der Mafia konfiszierte Produkte importiert oder mit Genossenschaften kooperiert, die in Gefängnissen arbeiten. Somit fließt die weltweite Solidarität auch in nationale Projekte.
Um dem globalen Süden zu helfen, geht ein Teil des Erlöses aus dem Weltladen in Entwicklungshilfe. Schulen werden aufgebaut, sowie andere soziale Projekte finanziert. Weltläden operieren vermehrt in Süd- und Lateinamerika, in Teilen Afrikas und Asiens. Die Hauptarbeit liegt jedoch woanders, betont Resch: „es handelt sich nicht um Almosen, sondern um eine faire Beziehung zwischen Konsument und Produzent!“ Wo eine Marktlücke herrscht, sucht der Importeur altromercato gezielt Fachkräfte, um besonders gefragte Produkte in Europa herstellen zu lassen und verkaufen zu können. Europa profitiert somit ebenfalls. Das Ziel ist es, den sogenannten Entwicklungsländern zu ermöglichen, eigenständig wirtschaften zu können, um sich somit von der Abhängigkeit des reichen Nordens zu lösen: „Es gab Keramikprodukte aus Peru, die in den Läden sehr gut verkauft wurden. Irgendwann schaffte es diese peruanische Organisation, einen lokalen Markt aufzubauen und die beliefern uns jetzt nicht mehr. Bei einigen Kunden stößt dies auf wenig Verständnis. Aber für uns ist das eigentlich ein sehr froher Anlass, denn somit ist unser Ziel erreicht.“
Ein weiteres Anliegen der Weltläden ist der ökologische Anbau. Die meisten Produkte sind inzwischen Bio-Produkte. Es gibt strikte Kriterien, die befolgt werden müssen, erklärt Resch: „Eine Kommission von altromercato überprüft periodisch vor Ort, ob Biostandards eingehalten werden.“
Bio- und fairtrade Produkte gibt es mittlerweile aber auch in Supermärkten. Trotzdem zahlt sich laut Klaudia Resch ein Besuch im Weltladen aus, denn er bietet zusätzlich Sensibilisierungsarbeit. „Das heißt, dass man auf Märkten präsent ist, faire Frühstücks organisiert um den Leuten nicht nur die Produkte sondern auch die Idee zu präsentieren und das, was dahinter steckt. Das ist der große Unterschied.“
Darum soll es auch am 10. September beim Solidarischen Markt in Meran gehen. Diese Gemeinschaftsinitiative findet jährlich statt. Soziale Organisationen wie Albatros, die sich mit Arbeitsintegration beschäftigen, der Freiwilligenverein Volontarius oder die Street worker verkaufen ihre Produkte, stellen sich vor und machen auf ihre Arbeit aufmerksam. Für den Weltladen Meran ist es ein besonderes Event, denn er feiert seinen 25. Geburtstag. „Ich kann mich erinnern, als ich noch in der Oberschule war, da war die Schokolade aus dem Weltladen noch nicht so lecker!“ erzählt Klaudia Resch lachend. Sie blickt auf 25 Jahre Erfolgsgeschichte zurück. 1990 trafen sich die Initiatoren des Weltladens. Binnen 3 Monaten kam es bereits zur Gesellschaftsgründung, eine Lokalität wurde gefunden und komplett durch Freiwilligenarbeit renoviert. Ein Jahr später wurde der Weltladen in Meran eröffnet. „Beeindruckend war für mich, dass bereits in den 90ern die Bereitschaft so groß war, Geld darin zu investieren und Engagement mitzubringen.“ Seit 2006 kooperiert Meran mit dem Weltladen in Lana. Die Präsidentin des Ladens Klaudia Resch blickt auf harte letzte Jahre zurück: „Es war nicht immer ganz einfach, denn eine so große Gruppe von Freiwilligen hat natürlich eine klare Vorstellung davon, wie und was sie machen möchten. Mittlerweile sind wir aber gut zusammengewachsen.“ Vor allem durch die Wirtschaftskrise wurde der Weltladen auf eine harte Probe gestellt: „Die Krise haben wir stark gespürt. Wenn Geld knapp wird, dann wird fairtrade als Luxus erachtet.“
Dennoch besteht er nun seit 25 Jahren, der Umsatz ist wieder im Wachsen. Den Erfolg führt die Präsidentin auf ehrenamtliche Arbeiter zurück, sowie auf fleißige Stammkunden. Die Anzahl derer, die sich für einen bewussten Einkauf entscheiden, ist laut Resch im Aufschwung: „Ich denke, dass das Konsumverhalten auseinanderdriftet. Es gibt eine Gruppe von Menschen, die nach dem Prinzip Geiz ist geil einkaufen. Alles muss billig sein. Dann gibt es aber eine wachsende Gruppe von Menschen, die sich immer mehr überlegen: wofür gebe ich mein Geld aus und wie kann ich durch mein Kaufverhalten das erreichen, was mir wichtig ist? Eine biologische Landwirtschaft, gleiche Rechte für Frauen oder faire Handelsbeziehungen.“
Womit der Weltladen ebenfalls punkten kann, ist seine Produktvielfalt und Qualität. „Früher dachte jeder nur an Kaffee und Schokolade. Mittlerweile gibt es auch Leute die sagen, ich möchte Bio-Baumwolle für meine T-Shirts, ich möchte wissen woher das Leder meiner Sandalen kommt.“ Neben Lebensmitteln gibt es deshalb mittlerweile Bekleidung, Möbel, Modeschmuck und Kosmetik, natürlich frei von Tierversuchen. „Ich habe das immer so erlebt, dass Menschen, die Produkte aus dem Weltladen probieren, wiederkommen. Denn die Qualität ist ausgezeichnet.“
Vor allem in Zeiten aktueller Flüchtlingskrise erscheint der Faire Handel wichtiger denn je. „Wir haben als Europäer so wenig konkrete Antworten auf die Migrationswelle. Der faire Handel ist zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber ich finde, damit können wir bereits etwas bewirken, denn er gibt den Menschen die Möglichkeit eine Zukunft in ihrem Land aufzubauen und in ihrer Heimat zu bleiben.“ Das ist wohl die große Motivation für Menschen wie Klaudia Resch, sich für solche Projekte einzusetzen, die Freude daran, durch den simplen Kauf einer guten Schokolade, unsere Welt ein kleines bisschen besser zu machen.