Baby macht Schule
Die frohe Nachricht tickerte am gestrigen Samstag um 17.25 Uhr über die Nachrichtenagentur Ansa herein: SVP-Abgeordnete Renate Gebhard ist Mama eines kleinen Sebastians geworden. 3,65 Kilogramm schwer, gesund – und wie der Alto Adige in seiner Sonntags-Ausgabe schreibt, bereits dazu vorbestimmt, ein Mann von Welt zu werden. Denn die 36-jährige Politikerin, die bis zuletzt in der Aula im Einsatz war, hat bereits angekündigt, ihre Arbeit nach der Sommerpause wieder aufzunehmen – und Sebastian samt Kinderfrau mit nach Rom zu nehmen. Denn: „Wichtig ist, dass ich meine politische Tätigkeit und meine damit verbundenen Aufgaben voll erfüllen und mein Kind trotzdem bei mir haben kann“, erklärte sie in einem Interview mit der Südtiroler Tageszeitung.
Damit reiht sich die SVP-Parlamentariern in eine Reihe von Politikerinnen ein, die in den vergangenen Jahren europaweit am Vorurteil sägen, dass Mutterwerden und eine politische Karriere einander ausschließen. Eines der eindringlichsten Bilder zu diesem Thema lieferte 2008 die damalige spanische Verteidigungsministerin Carme Chacon, als sie hochschwanger eine Truppenformation abschritt und spanische Soldaten in Afghanistan, dem Libanon und Bosnien besuchte. „Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit", erklärte Frankreichs Justizministerin Rachida Dati, als sie 2009 fünf Tage nach der Geburt ihrer Tochter zu einer Kabinettssitzung erschien.
Auch in anderen europäischen Ländern gibt es immer mehr prominente Beispiele für junge Mütter in der Politik: In Schweden wurde die hochschwangere Birgitta Ohlsson 2010 zur Ministerin für EU-Angelegenheiten ernannt, in Deutschland brachte Familienministerin Kristina Schröder 2011 als erste Ministerin in der Amtszeit ein Kind zur Welt. Österreichs Grünen-Chefin wurde in der intensiven Phase ihrer politischen Karriere zwei Mal Mutter. Das bekannteste Gesicht unter Italiens Politikerinnen ist bislang die PDL-Europaabgeordnete Licia Ronzulli, die seit 2010 regelmäßig mit ihrer Tochter Vittoria auf dem Schoss an den Sitzungen in Straßburg teilnimmt.
Ob es in Kürze auch Fotos von Klein-Sebastian in der römischen Aula geben wird, werden – hoffentlich – Renate Gebhard und ihr Mann entscheiden können. Klar ist, dass sie wie alle ihre Vorgängerinnen auch künftig weit mehr der öffentlichen Beurteilung ausgesetzt sein wird als politische Kollegen mit kleinen Kindern; wie beispielsweise der SVP-Parlamentarier Daniel Alfreider, der im Frühjahr von der Öffentlichkeit unbemerkt zum zweiten Mal Vater wurde. Doch irgendwann werden auch solche unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe überwunden sein – und „Mama Renate“ wird zumindest für Südtirol ein Stück dazu beigetragen haben.