Wirtschaft | Landesregierung

"Landesregierung an den Taten messen!"

Im Interview mit Josef Lazzari vom Gewerkschaftsbund AGB CGIL, sprechen wir über die neue Landesregierung.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Josef Lazzari
Foto: CGIL AGB
  • SALTO: Guten Tag Herr Lazzari. Welche Rolle haben Sie beim AGB CGIL Südtirol?

    Josef Lazzari: Im größten Gewerkschaftsbund Italiens bin ich Landessekretär.

     

    Nun wurde Landeshauptmann Arno Kompatscher offiziell wiedergewählt. Wie funktionierte bisher die Zusammenarbeit mit der Landesregierung? 

    Die bisherige Zusammenarbeit war ein auf und ein ab bei bestimmten Sachen. Oft ist es leider über einen Gedankenaustausch nicht hinausgegangen. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen wurden wir als Bund in den Entscheidungen nur wenig miteinbezogen. Es wurde uns der Landeshaushalt vorgestellt, aber richtige Verhandlungen hat es keine gegeben. Mit Ausnahme der Covidzeit, in der wir fest eingebunden wurden, um die bestmöglichen Lösungen für die Arbeitswelt zu finden und einen totalen Stillstand zu vermeiden. Ich würde aber sagen, es ist noch viel Luft nach oben. Es war bereits mit der alten Landesregierung nicht immer leicht zusammenzuarbeiten. 

     

    Wie, glauben Sie, wird die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung aussehen?

    Wir hoffen zwar auf eine Verbesserung, gehen aber eher vom Gegenteil aus. Wir möchten auf keinen Fall Vorurteile fällen und blicken der Zukunft hoffnungsvoll entgegen, aber wir müssen die Dinge an den Taten messen und nicht an den Worten.

     

    Es war bereits mit der alten Landesregierung nicht immer leicht zusammenzuarbeiten. 

     

    Wie finden sie das Regierungsprogramm?  Was sind Ihre Forderungen an die (neue) Landesregierung?

    Papier ist geduldig. Was wir bemängeln ist, dass kein zeitlicher Rahmen festgelegt wurde und auch über die Finanzierung nicht informiert wird. Der Begriff Sozialpartnerschaft, also die Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Landesregierung, ist im ganzen Regierungsprogramm nur einmal genannt worden und eine Zusammenarbeit ist wichtig, aber nicht nur auf dem Papier, sondern muss gelebt werden. 

     

     Die Löhne in Italien waren vor der Inflation schon die niedersten in ganz Europa und sind kaum an die Inflation angepasst worden. Im öffentlichen Sektor teilweise schon, aber im privaten Bereich ist wenig bis nichts passiert. 

     

    Sehen Sie Ihre Anliegen ausreichend berücksichtigt?

    Fünf Seiten werden der Wirtschaft gewidmet und zusammengefasst eine Seite der Arbeit. Auch wenn sich die Bereiche überschneiden, hätten wir uns mehr erwartet. Die Einkommen der Familien sind uns ein großes Anliegen, ebenso die Probleme, die es in der Sanität gibt, angefangen bei den langen Wartezeiten usw. Wir müssen eine Zwei-Klassenmedizin, wie es in der Lombardei schon der Fall ist, vermeiden. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist die Vereinfachung der sozialen Leistungen, damit der Bürger weiß, welche Unterstützung er vom Land bekommen kann. Mittlerweile ist es ein Dschungel. Da tun sich viele den Aufwand gar nicht an und das soll nicht sein. Die Löhne in Italien waren vor der Inflation schon die niedersten in ganz Europa und sind kaum an die Inflation angepasst worden. Im öffentlichen Sektor teilweise schon, aber im privaten Bereich ist wenig bis nichts passiert. 

    Es ist, wie jedes Regierungsprogramm sehr allgemein gehalten, aber das ist normal und was daraus gemacht wird, werden wir die nächsten Jahre sehen. 

     

    Viele Gewerkschaftsvertreter*innen sparten ja nicht mit Kritik an der nationalen Regierung Meloni. Die Partei Melonis ist jetzt auch in der Regierung Kompatschers vertreten. Wie stehen sie dazu? Ist der „gute Draht“ nach Rom eine Chance?

    Auf politischere Ebene ist es für mich schwierig das zu beurteilen. Aus gewerkschaftlicher Sicht hat es auf nationaler Ebene nie wirklich Verhandlungen gegeben. Zwar hat man sich mit der Regierungschefin und verschiedenen Ministern getroffen, aber das waren keine Verhandlungstische, sondern es wurde nur erklärt was gemacht wird. Das ist natürlich keine Sozialpartnerschaft.

    Wir sind autonom als Gewerkschaft und werden unsere Meinung sagen, wenn Entscheidungen getroffen werden, die nicht unseren Vorstellungen entsprechen, wie sich unsere Gesellschaft entwickeln soll. In der Vergangenheit, unter der Mitte-rechts Regierung von Berlusconi gab es in Südtirol einen Stillstand, aber wir gehen ohne Vorurteil an die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung heran und lassen auf uns zukommen, was die Zukunft bringt.

     

    Ein Beitrag von Anna Morandell