Umwelt | Vinschgau

Die letzte Chance

Am morgigen Sonntag wird in Taufers das vorläufig letzte Kapitel im jahrelangen Kampf um den Rambach geschrieben. Über eine Volksabstimmung mit Symbolcharakter.

Sind Sie für die Errichtung eines Kraftwerks mit einer maximalen Nennleistung von drei Megawatt am Rambach? Mit der Beantwortung dieser Frage wird am Sonntag in Taufers in Münster ein exemplarischer Konflikt entschieden. Im Mittelpunkt? Der letzte Talfluss des Landes, der nicht für die Energiewirtschaft genutzt wird. Nicht nur in Südtirol, sondern auch in der Schweiz, wo der Rambach seine Quelle hat – und mittlerweile wichtiger Teil eines Biosphärenreservats ist.

Über der Grenze wird dagegen seit Jahren ein erbitterter Kampf geführt. Die einfachste Formel dafür lautet Naturschutz gegen Energiegewinnung. Doch wie immer im Fall Wasserkraft spaltet sich die Diskussion in jede Menge Nebenstränge auf. Starke Trümpfe wie Energieautonomie oder der Klimaschutz durch erneuerbare Energie, wirtschaftliche Interessen von Gemeinden und einzelnen Bürgern, die auf fette Haushalte oder günstige Stromrechnungen hoffen. Der Kampf, ob Private oder die öffentliche Hand am Geschäft mit dem Strom verdienen sollen.

Grabenkämpfe

Für all das lieferte der Rambach in den vergangenen Jahren ein perfektes Fallbeispiel. Da gibt es den „bösen Großen“, Helmuth Frasnelli und seine Eisackwerk GmbH, der auf eine Großableitung am Rambach spitzte, die lokalen Energieversorger und Gemeinden, die eine  Vinschger Energieautonomie predigen und schließlich die Initiative Pro Rambach sowie die Umweltschutzgruppe Vinschgau. Diese setzen sich nicht nur für die Unterschutzstellung des ökologisch reichen Flusses ein, sondern sehen ihn als Chance für eine Neupositionierung des Obervinschgaus als nachhaltige Region sowie die Entwicklung neuer Konzepte in Richtung Natur- und Kulturtourismus.

Nicht zu vergessen sind natürlich die Bürger, die nun bei der Volksabstimmung in Taufers das letzte Mal die Chance haben, mitzubestimmen, welche Chancen die einzelnen Gruppen auf die Durchsetzung ihrer Interessen haben.

Weichenstellungen

Sieht man sich die einzelnen Phasen des Projektes an, wurden jedoch viele Weichen ohnehin schon auf politischer Ebene gestellt. Denn trotz des mehr als zweijährigen Rambach-Dialogs, in dem sich die Interessengruppen auf eine Lösung einigen sollten, setzten die beiden Gemeinden 2011 klare Fakten: Mit der Abänderung der Landschaftspläne, die den Rambach zwar vor Großableitungen schützte, aber das Tor für mittlere Kraftwerke bis zu drei Megawatt öffnete. Es folgte die Trennung der Volksabstimmungen in Mals und Taufers, die aufgrund eines Formfehlers entstand, aber bei politischem Willen durchaus vermeiden hätte werden können. Denn klar ist, dass das „Ja“ für einen Kraftwerksbau, für das sich 58 Prozent der Abstimmungsteilnehmer im November 2012 ausgesprochen haben, nicht ohne Einfluss auf die morgige Abstimmung in Taufers bleibt.

Letzte Hoffnungen

Noch ist die Hoffnung, zumindest das obere Südtiroler Stück des Rambachs in seiner Ursprünglichkeit zu bewahren, bei den Umweltschützern nicht gestorben. Eines ihrer Argumente: Bisher sei absolut nicht klar, wer tatsächlich die Konzession für ein Kraftwerk am Rambach bekommen würde. „Bedenklich ist auch, dass aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Lage derjenige den Zuschlag bekommen, der den besten Preis statt die besten Umweltpläne bietet“, sagt Rudi Maurer von der Umweltschutzgruppe Vinschgau. Der wichtigste Appell seiner Gruppe bleibt aber, das Naturjuwel vor der eigenen Haustür zu schützen. „Ich fürchte, viele werden aber erst beginnen, es zu schätzen, wenn es verloren ist“, meint Maurer.