Wirtschaft | IDM

Die Wandelskammer

Die Neuausrichtung der IDM wird zu einem unendlichen Eiertanz. IDM und die Handelskammer verpulvern viel Geld für Beratungsleistungen zur Selbstfindung.
IDM innovators developers marketers
Foto: IDM
  • Das Ziel ist klar vorgegeben. 
    Doch der Weg, wie man es so hinbekommt, dass die Bedürfnisse aller Wichtigen und Mächtigen zufriedengestellt werden, ist steinig. Dabei scheut man keine Kosten, um durch externe Fachleute und Gutachten, das zu belegen, was man schon immer gedacht und gesagt hat. „Ich verstehe nicht“, ärgert sich Paul Köllensperger, „wie man so viel Geld ausgeben kann.“
    Der Kopf des Team K sticht mit seiner Kritik dabei in eine offene Wunde, die er selbst vor eineinhalb Jahren aufgerissen hat. Die Neuausrichtung und Reform der IDM. 
    Seit zweieinhalb Jahren befinden sich die IDM, aber auch die Handelskammer in einer Art Selbstfindungskurs, der mit Steuergeld bezahlt wird. Doch weiter kommt man bisher nicht.

  • Die Geburtssünde

    Die IDM solllte eines der innovativen Projekte von Arno Kompatscher sein. Zuständig für die Wirtschaft, wollte der neue Landeshauptmann in seiner ersten Amtsperiode die Kräfte der verschiedenen Landesgesellschaften in einem öffentlichen Unternehmen bündeln. So wurden 2016  alle Aktivitäten der früheren Dienstleister SMG, EOS, BLS und TIS zusammengefasst und der neuen Gesellschaft IDM anvertraut. Gesellschafter der IDM sind mit 60 Prozent das Land und mit 40 Prozent die Südtiroler Handelskammer.
    Trotz dieser Besitzverhältnisse ist es von Anfang an das Land, das über 90 Prozent der Kosten der IDM übernimmt. Die Handelskammer zahlt einen jährlichen Beitrag zu den Führungskosten, der derzeit bei rund 1,7 Millionen Euro liegt.
    Mit der IDM sollten Synergien geschaffen und Zweigleisigkeiten aufgehoben werden. Vermarktung, Werbung, Standortmanagement und Export sollten jetzt in einer Hand sein. Die IDM - eine Art Schaltzentrale der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. 

  • IDM-Gesellschafter Michl Ebner: Will gewisse Bereiche mit aller Kraft an die Handelskammer zurückholen. Foto: Handelskammer Bozen
  • Kennt man die politischen und persönlichen Differenzen zwischen Arno Kompatscher und dem Athesia-Patron und Handelskammerpräsidenten Michl Ebner, so war von Anfang an klar, dass es ein schwieriger Ritt werden wird. Der langjährige Berufspolitiker Ebner, der sich immer noch als eine Art besserer Schatten-Wirtschaftslandesrat sieht, wollte sich etwa die Exportförderung nicht nehmen lassen.

     

    „Kennt man die politischen und persönlichen Differenzen zwischen Arno Kompatscher und dem Athesia-Patron und Handelskammerpräsidenten Michl Ebner, so war von Anfang an klar, dass es eine schwieriger Ritt werden wird.“

     

    Vor diesem Hintergrund hat die IDM schon beim Start mächtige interne Gegner. 
    Dazu kommt, dass die IDM-Führung in den vergangenen Jahren weder durch große Visionen noch durch außerordentliche Effizienz brilliert hat. Im Gegenteil: Das Führungsteam hat den IDM-Kritikern in vielen Punkten recht gegeben. Weil der Apparat immer größer wurde und Doppelgleisigkeiten zwischen Handelskammer und IDM bestehen blieben, hat sich in vielen Bereichen die Lage deutlich verschlechtert. Die Unzufriedenheit verschiedener Wirtschaftssektoren mit der IDM ist im Laufe Jahre immer mehr gewachsen. Bereits 2018 kommt es zu einer Teilreform und die Abteilung Innovation wird in den NOI Techpark eingegliedert.
    Michl Ebner & Co. haben es aber verstanden diskret dieses Feuer gegen die IDM weiterhin anzufachen. 

  • Die Zerschlagung

    Team K-Chef Paul Köllensperger: „Ein lächerliches Schauspiel“. Foto: Seehauserfoto

    Vor diesem Hintergrund kommt es im November 2022 dann zu einem politischen Paukenschlag. Der Südtiroler Landtag nimmt mit 16 Ja- und 15-Nein-Stimmen einen Beschlussantrag von Paul Köllensperger zur Neuausrichtung der IDM an. 
    Der Antrag ist eine Art Zerschlagung der IDM. Weil auch aus der Wirtschaft immer wieder Klagen gegen die IDM kommen, fordert das Team K eine neue Aufteilung der Zuständigkeiten. 
    Der Vorschlag  sieht vor, dass für den Tourismus die SMG wieder aktiviert werden soll, während die Export-Aktivitäten und das Agrarmarketing an die Handelskammer gehen und alle mit Innovation verbundenen Projekte im NOI-Techpark zusammengefasst werden. 
    Als sich die Landesregierung eine Woche später mit dem Landtagsbeschluss befasst, wird deutlich, dass man diesen „Umbau“ auf die lange Bank schieben wird. Arno Kompatscher sieht die Zerschlagung der IDM auch als bewussten Akt von Handelskammerpräsident Michl Ebner gegen seine Wirtschaftspolitik.
    Die Landesregierung erklärt, dass eine Eins-zu-Eins-Umsetzung des Team-K-Antrags „schwerwiegende Folgen, gar Schäden“ nach sich ziehen würde. Eine unmittelbare Umsetzung der im Beschluss festgehaltenen Maßnahmen schließen Arno Kompatscher & Co. deshalb aus. 
    Wir werden uns deshalb mit den Miteigentümern und Experten zusammensetzen, um Verbesserungsvorschläge für die IDM zu erarbeiten, die wir dann dem Landtag vorlegen werden. Eventuell werden wir den Landtag auch erneut damit befassen, wenn es eine neue Beschlussfassung braucht“, kündigt Kompatscher im November 2022 an.
    Heute, 18 Monate später ist man immer noch genau an diesem Punkt (siehe untenstehenden Kasten).

  • Das Schweigen der Lämmer

    Der Landtagsbeschluss zur IDM vom November 2022 ist ein Musterbeispiel.
    Der Landtag hat einen klaren Reformplan der IDM beschlossen. Die Landesregierung müsste diesen Beschluss eigentlich umsetzen. In Wirklichkeit hat die Regierung aber bisher überhaupt nichts getan, sondern die Sache ausgesessen.
    Es ist juridisch zwar eine Streitfrage, aber man geht davon aus, dass Beschlussanträge – wenn sie nicht umgesetzt werden – mit Ende der Legislatur verfallen. Damit kann die Regierung missliebige Anträge der Opposition notfalls aussitzen. Wie Kompatscher & Co. es im Fall IDM vorexerzieren.
    Jetzt hat die Südtiroler Freiheit im Landtag versucht, dieses Spiel zu durchkreuzen. Bernhard Zimmerhofer, Sven Knoll, Hannes Rabensteiner und Myriam Atz-Tammerle haben einen entsprechenden Beschlussantrag eingebracht, der am Mittwoch im Landtag behandelt wurde. 
    Im Beschlussantrag heißt es:

    1. Der Süd-Tiroler Landtag verpflichtet die Landesregierung, dass mehrheitlich angenommene Beschlussanträge innerhalb der laufenden Legislatur umgesetzt werden müssen. 

    2. Jene Beschlussanträge, die aus zeitlichen Gründen in der laufenden Legislatur aus verschiedenen Gründen nicht bzw. nicht mehr vollinhaltlich umgesetzt werden können, müssen binnen eines Jahres in der neuen Legislatur umgesetzt oder andernfalls dem Landtag zur erneuten Abstimmung vorgelegt werden.

    Man tut sich schwer, etwas gegen diesen Beschlussantrag zu sagen.
    Eine Annahme hätte aber auch direkte Auswirkungen auf den Fall IDM gehabt.
    Auch deshalb dürfte bei der Behandlung des Antrages am Mittwochvormittag im Landtag niemand aus der Mehrheit das Wort ergriffen haben. Die SVP und auch ihre Koalitionspartner schweigen. Und stimmen dann den Antrag nieder. 
    Der Beschlussantrag wird so gestern kurzerhand und ohne Diskussion mit 18 Nein- und 17 Jastimmen abgelehnt.

    Foto: Seehauserfoto
  • Die Experten

    Was die IDM umgesetzt hat, ist Experten zu Rate zu ziehen. Denn die öffentlichen Landesgesellschaft scheint sich seit Jahren auf einer Art Selbstfindungskurs zu befinden. Jedenfalls gibt man einiges am Steuergeld aus, um abzuklären, wer und was man jetzt genau ist.
    Bereits im Vorfeld der Diskussion und des Beschlusses im Landtag hat die IDM bei der Bozner Wirtschaftsanwältin Ester Pomella im Herbst 2021 ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Der Beratervertrag trägt den Titel „Analyse der Unternehmensstruktur von IDM“ und wurde mit 5.980 Euro honoriert.

  • IDM-Auftrag an Giuseppe Caia: Selbstfindung mit Steuergeldern. Foto: IDM
  • Knapp zwei Jahre später vergibt die IDM im Herbst 2023 einen neuen Beratervertrag. Diesmal an den Bologneser Verwaltungsrechtler Giuseppe Caia. Caia ist auch Rechtsberater des Südtiroler Sanitätsbetriebes, persönlicher Berater von Florian Zerzer und einer der ersten Adressaten der Landesregierung, wenn es um Gutachten geht. Am 13. September 2023 wird der Auftrag von der IDM an Caia vergeben. Der Titel des Auftrages: „Gutachten über den Umfang von IDM Südtirol – Alto Adige“. Im italienischen Ausschreibungstext heißt der Auftrag „Parere pro-veritate su natura e caratteri dell'azienda IDM Südtirol - Alto Adige“.
    Kostenpunkt: 5.720 Euro.
    Auch in diesem Gutachten dürfte es vor allem um die Abgrenzung und Neuorientierung der IDM gehen.

  • Der Ausstieg

    Inzwischen haben sich die Differenzen unter den IDM-Gesellschaftern noch einmal deutlich zugespitzt. Der Streit um die digitale Onlineplattform Marketplace hat die Fronten noch einmal verhärtet. Die IDM ist dabei, mit viel Geld einen digitalen Markplatz für Südtirol aufzubauen, auf dem Hotelbuchungen gemacht oder Südtiroler Qualitätsprodukte erworben werden können.
    Es ist ein Geschäftsbereich, in dem ausgerechnet Michl Ebners Unternehmenskoloss Athesia ökonomische Interessen hat. Das Ebner-Familienunternehmen betreibt eine Reihe von ähnlichen Onlineportalen, die man schon lange zu einem gemeinsamen Südtirol-Portal zusammenfassen will.

  • Streitobjekt Marketplace: Ausstieg der Handelskammer aus der IDM naht. Foto: upi
  • Der Zufall will es, dass deshalb aus der Handelskammer Bedenken und Widerstand gegen diese IDM-Prestigeprojekt kamen und kommen. Fast ein Jahre lang wurden die Beschlussfassung und die Finanzierung verschoben. Auch heute ist noch nicht klar, ob die Handelskammer zahlt.
    Im Gegenteil: Auf der letzten Eigentümerversammlung der IDM am 29. November 2023 ist es zum Bruch gekommen. Der Kammerrat der Handelskammer hat zwei Tage zuvor beschlossen, die jährliche Basisfinanzierung für die IDM von 1,68 Millionen Euro im Haushaltsvoranschlag der Handelskammer zu streichen.
    Es ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht des Landesverwaltung, sondern auch ein klarer Fingerzeig, dass Ebner & Co. jetzt aus der IDM aussteigen wollen.

  • Die Marktanalyse

    Dass dieser Ausstieg noch nicht formalisiert wurde, liegt an der Form der Vergütung. Denn die Handelskammer will nicht Geld für ihre Anteile an der IDM, sondern sie will Dienstleistungen erhalten. Ebner & Co wollen sich so jene Bereiche in der Exportförderung und der Vermarktung wieder ins eigene Haus zurückholen, die man bei der IDM in den falschen Händen sieht.
    Für diese Operation will die Handelskammer jetzt einen weiteren externen Experten engagieren. Vergangenen Woche hat der Vizegeneralsekretär der Handelskammer, Luca Filippi, eine „Marktrecherche zum Zwecke der Direktvergabe für Beratungsleistungen zu Gunsten der Handelskammer Bozen“ veröffentlicht. 
    Aus dem Vergabegegenstand geht hervor, dass es bei dieser Beratung um die IDM geht. Dort heißt es:

    „Die Handelskammer Bozen beabsichtigt, die Beratungsleistung mittels einer strategisch-operativen Analyse zur Verbesserung der positiven Auswirkungen auf das Gebiet sowie zur Verbesserung der funktionalen Governance und zur Stärkung der Rolle und die Fähigkeiten zur Adressierung des Privatsektors innerhalb der IDM durch der Direktvergabe nach  vorhergehender Marktumfrage zu erteilen.“

    Ebenso werden die wesentlichen Leistungen des Auftrages beschrieben

    • Definition «as is» von IDM einschließlich der Ermittlung von Bereichen, in denen es Zweigleisigkeiten und/oder Überschneidungen mit anderen Körperschaften gibt;
    • Identifizierung von Benchmarks;
    • Identifizierung einer Governance, die am besten geeignet ist, die Rolle von IDM zu unterstützen (Unternehmensstruktur, um die Fähigkeiten zur Adressierung des privaten Sektors zu erhöhen);
    • Bewertung der Vorteile, die für das Gebiet aktiviert werden können, und Reduzierung der Kosten und Ineffizienzen des Systems.

    An dieser Leistungsbeschreibung wird klar, wohin die Reise gehen soll.

  • Laufende Marktanalyse der Handelskammer: Nächster Schritt zu Abnabelung. Foto: Handelskammer Bozen
  • Dabei hat es die Handelskammer anscheinend besonders eilig.
    Bis zum 17. April 2024 können sich Personen, die an dem Auftrag interessiert sind, bei der Handelskammer melden. Innerhalb vom 31. Mai 2024 soll die Auftragsvergabe erfolgen. Der Berater oder die Beraterin haben dann 30 Tage Zeit den Auftrag auszuführen. Als Vergütung sind maximal 25.000 Euro zuzüglich Reisekosten und Mehrwertsteuer vorgesehen.
    Das Ganze ist ein lächerliches Schauspiel“, kommentiert Paul Köllensperger jetzt diese Marktanalyse der Handelskammer. Er erinnert daran, dass die IDM bereits zwei ähnliche Gutachten machen hat lassen. Köllensperger weiter: „Und jetzt kommt auch noch die Handelskammer und macht dasselbe, nur mit den gegenteiligen Vorzeichen“.
    Für den Kopf des Team K geht es bei diesem Auftrag einzig darum, die Übernahme gewisser IDM-Bereiche durch die Handelskammer fachlich zu untermauern. Wobei er inhaltlich diese Übernahme begrüße.
    Köllensperger sieht das Ganze deshalb pragmatisch: „Ebner und Kompatscher sollen sich zusammensetzen und einen Kompromiss finden, denn dieser Streit geht nur zum Schaden der Südtiroler Wirtschaft und der Steuerzahler“.
    Aber wer weiß. Vielleicht gibt am Ende auch noch die Landesregierung ein Gutachten in Sachen IDM in Auftrag. 
    Das fehlt noch.

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Salto User
Günther Alois … Fr., 12.04.2024 - 07:36

Zwei Sturköpfe zum Schaden des Südtiroler Volkes in dieser Angelegenheit beweisen,wie egal ihnen die X Gutachterkosten für NICHTS auf Kosten des Steuerzahlers.in sind! Super .Der eine ist Landeshauptmann,der andere Handelskammerpräsident,na BRAVO.

Fr., 12.04.2024 - 07:36 Permalink