Sextens grünes Gold?
Günther Pörnbacher ist Amtsdirektor des Forstinspektorats Welsberg. Holzschlägerungen sieht er viele. Für Wälder hat er ein Gespür. Eine nachhaltige Entwicklung ist dem Landesforstdienst in Südtirol wichtig – ja, ausgewogen soll sie sein. Die Nutzung hier und der Schutz der Lebensräume dort. In Sexten haben sich die Dinge vermischt, dort trauen die einen den anderen nicht mehr. Die Skiverbindungsgegener werden als Verhinderer und Fundamentalisten abgetan. Neuerschließungen sind bis zu einer gewissen Höhe durchzuführen, verlangt Bergsteigerlegende Reinhold Messner in der Tageszeitung: "Ja, es erfordert einen Eingriff in die Natur, einverstanden, aber der Wald, der in diesem Fall geopfert werden muss, ist weniger, als der, der in den letzten 60 Jahren dazu gekommen ist."
Auch Politiker sind längst auf den Zug der Vorhaltungen aufgestiegen; Pius Leitner von den Freiheitlichen nannte Reinhold Messner einen Systemerhalter. Emotionen pur, Richter werden bedroht, wem liegt wessen Wohl am Herzen? Reicht ein Kahlschlag, um so viel Wut aufbrechen zu lassen? Nun distanzieren sich die Wirtschaftsverbände, der Tourismusverein Hochpustertal und die Sextner Dolomiten AG von den Flugblättern, die die Richter in Bozen auf dem Kieker hatten. Jetzt soll wieder Sachlichkeit in die Polemik rein gebracht werden, doch bis hierher wurde bereits einiges Öl ins Feuer geschüttet, mit einer Protestkundgebung à la Piefke Saga und mit bezahlten Anzeigen in den lokalen Zeitungen.
„Das Problem in Sexten ist“, bringt es Günther Pörnbacher auf den Punkt, „dass sich das emotional so hochgeschaukelt hat.“ Dass es nicht um den Wald gehen kann, beweist er klar mit Zahlen. Die Piste in Sexten, die die Skigebiete Helm und Rotwand miteinander verbindet, hat 12 Hektar heimischen Wald gekostet. Klingt nach viel, ist de facto verschwindend wenig. Pörnbacher umreißt es in Prozent, „gerade einmal 0,5 Prozent der Sextner Waldfläche.“
Reiches Waldland
Wald gibt es in Südtirol reichlich. Jede Minute wächst in Südtirol ein mittelgroßer Baum, sagt Pörnbacher. „Holzzuwachs nennt man das“, beschreibt es der Experte. Vor allem Fichtenbäume sind es in Höhenlagen wie etwa in Sexten. Fichtenwälder erholen sich rasch, und habe in den letzten 30 Jahren durch die Klimaerwärmung zugenommen. „Die Waldgrenze steigt“, sagt der Fortwirtschaftler. Und ergänzt: „Sollte die Piste aus irgendwelchen Gründen nicht mehr genutzt werden, steht dort bald ein guter Neuwald. In zehn bis 15 Jahren ist das möglich, der Wald ist sehr produktiv.“
Studien der Universität Innsbruck zeigen ein Ansteigen der Verbreitungsgrenze von erwachsenen Bäumen und Jungwuchs während der letzten 150 Jahre.
Waldverjüngungsempfehlungen aus der Schweiz.
„Wenn die gegenwärtigen Temperaturverhältnisse andauern, wird sich in den Zentralalpen die Waldgrenze um rund 100 bis 150 Höhenmeter nach oben verschieben. Die Herausforderung der Almflächenerhaltung und die Verhinderung von Verbuschung und Verwaldung rückt also in weitere Almgebiete hinauf.“ Ein Beitrag der Landwirtschaftskammer Tirol.
Die Abholzung in Sexten sei kein gravierender Einschnitt in die Landschaft, meint Pörnbacher "da hab ich schon schlimmere Pisten gesehen, bei der Talstation sticht die Piste ins Auge, doch dann verliert sie sich im Wald." Doch fällt das Thema Holzschlägerung vom Ferragostowochende, gehen bei Befürwortener und Gegnern derzeit die Lichter aus. Der 24. September und mit ihm der Bescheid des Verwaltungsgerichtes nahen. Betrachten wir doch bis dahin unseren schönen Südtiroler Fichtenwald, grün beruhigt. Tief durchatmen.