Vorschusszahlungen: Gottfried Tappeiners Maßstäbe
Eine Erhöhung der Lebenserwartung und ein realer Diskontsatz von 0,81 Prozent: Diese beiden Operationen, mit denen die Pensionsvorschüsse der Regionalratsabgeordneten zusätzlich ausgefettet wurden, entwickeln sich immer mehr zum Skandal innerhalb des Rentenskandals. Bei seiner Aufklärung besinnt sich nun auch die Opposition wieder auf ihre ursprüngliche Rolle, wie zwei Anfragen des Grünen Abgeordneten Riccardo dello Sbarba im Landtag beweisen. „Wer hat den Diskontsatz von 0,81 Prozent festgelegt“, fragt er und fügt in seiner Anfrage sowohl die entsprechenden Beschlüsse als auch die bisherigen Antworten darauf zusammen. Das Ergebnis setzt PensPlan-Präsidenten und Wirtschaftsprofessor Gottfried Tappeiner weiter unter Druck.
Denn der maßgebliche Architekt der Pensionsvorschuss-Lösung hatte noch in einem Interview mit der Neuen Südtiroler Tageszeitung vom 7. März erklärt: Ich war es nicht. Vielmehr wisse er nicht, ob dieser Abzinsungsfaktor effektiv verwendet wurde. Denn: „0,81 Prozent ist tatsächlich ein sehr niedriger Diskontsatz“. Eine Aussage, die kurz danach auch vom ehemaligen Raiffeisen-Generaldirektor Konrad Palla bestätigt wurde. Er bezeichnete – ebenfalls in der Südtiroler Tageszeitung - einen Abzinsungssatz von 2,5 Prozent als marktgerecht. Sprich: Die Vorschusszahlungen hätten eigentlich um einen drei Mal so hohen Faktor abgewertet werden müssen.
"Jemand sagt die Unwahrheit"
Peinlich, dass Riccardo dello Sbarba nun den entsprechenden Beschluss aus dem regionalen Amtsblatt herausgesucht hat. Denn darin wird im Zusammenhang mit den Kriterien zur Abzinsung der Rentenpositionen ausdrücklich auf die „im Bericht von Prof. Gottfried Tappeiner angeführten Maßstäbe“ verwiesen. Sowohl der Diskontsatz von 0,81 Prozent als auch die Erhöhung der Lebenserwartung von 13,6 Prozent werden dort im Absatz davor als „wissenschaftlich bewährte Kriterien für die Berechnung des Barwertes“ bezeichnet. Dello Sbarbas Schlussfolgerung: „Jemand sagt also die Unwahrheit – entweder Gottfried Tappeiner oder das Amtsblatt“.
In etwaige Erklärungsnotstände könnte der PensPlan-Präsident aber auch in Folge einer zweiten Anfrage kommen, den die Grünen in der Causa einbrachten: Warum wurde der Beschluss zur Einrichtung des Family Fonds nicht veröffentlicht? Obwohl in der Pressekonferenz des Regionalratspräsidiums versichert wurde, dass alle Beschlüsse rund um die umstrittenen Vorschussregelungen öffentlich seien, scheint derzeit laut den drei Grünen Abgeordneten ausgerechnet dieser wichtige Beschluss zur Einrichtung eines eigenen Fonds unter dem Dach von PensPlan nicht im Amtsblatt auf. Einsehbar wird er allerdings demnächst werden - nach einer schriftlichen Anfrage der Grünen bei den zuständigen Regionalämtern. Vielleicht fällt bis dahin auch den Verantwortlichen der Causa eine schlüssige Antwort ein, warum der Akt nie veröffentlicht wurde.