„Hofübergabe allein reicht nicht“
Zumindest die Grünen lassen dem Landeshautpmann seine Meriten: Die verbesserten Beziehungen zwischen den großen Sprachgruppen, der Ausbau der Autonomie, die Modernisierung des Landes, Wohlstand für breite Bevölkerungsgruppen, der Ansatz einer Europäisierung – all diese Errungenschaften der Ära Durnwalder stelle kein realistischer Beobachter in Abrede. Positiv wird auch die klare Haltung Durnwalders in Sachen „Los-von-Italien“ beurteilt.
Doch das Erbe des scheidenden Landeshauptmanns besteht laut den Grünen Landtagsabgeordneten Ricardo dello Sbarba und Hans Heiss sowie Spitzenkandidatin Brigitte Foppa auch aus einer Fülle an offenen Baustellen. Neben den prekären Beziehungen zu Rom oder den Folgekosten von Zeugnissen eines überholten Größenwahnsinns wie Flughafen und Safety Park stellt die Oppositionspartei vor allem die Auswirkungen der fortwährenden SVP-Dominanz und Durnwalders Landeszentralismus in den Vordergrund.
Das ständige Eingreifen des Landeshauptmanns habe Initiative und Eigenständigkeit auf vielen Ebenen gelähmt und vor allem im Energiebereich eine schwere Hypothek hinterlassen. „Der SEL-Skandal war kein einmaliger Ausrutscher, sondern die Ausgeburt der von Durnwalder lang verhätschelten Lobbyisten und Günstlinge.“ Ein der großen Herausforderungen für seine Nachfolge sei deshalb das Zurückschneiden der Lobby-Begierden, so die Grünen. Offene Türen rennt der Landeshauptmann bei ihnen mit seiner Pfalzner Selbstkritik in Sachen Demokratie ein. Denn: „Die wichtigste Zukunftsaufgabe für Südtirol ist neben der Sicherung von Arbeitsplätzen die Schaffung demokratischer Verhältnisse im Lande.“ Gerade dieser Reifeprozess würde jedoch mit einer weiteren Festigung der absoluten Mehrheit, wie sie Durnwalder seinen Nachfolgern wünscht, verhindert werden.
System Südtirol
In eine ganz ähnliche Richtung zielt die Bilanz anderer Oppositionsparteien. „In Sachen Machenschaften, Vertuschungen, Postenschacher, Einwanderung, Steuergeldverschwendung und Systemaufbau zum Erhalt der Macht und um sich das Land dann im kleinen Kreise aufzumetzgern, ist die SVP zur Zeit die Nr. 1 auf dem politischen Markt in Südtirol!“, schreiben die beiden Landesparteiobmann-Stellvertreter der Freiheitlichen, Sigmar Stocker und Roland Tinkhauser. Gerade deshalb sei eine Stabsübergabe von Luis Durnwalder auf Arno Kompatscher nicht ausreichend, um eine Veränderung des Systems zu bewirken. Dies könne nur mit einem Brechen der absoluten Mehrheit der Volkspartei geschehen. „Bei der kommenden Landtagswahl werden sich die Südtiroler deshalb entscheiden müssen, ob sie das System Südtirol abwählen wollen oder nicht“, so Stocker und Tinkhauser.
Für Andreas Pöder von der BürgerUnion war Durnwalder vor allem „Landeshauptmann der mächtigen Geldseilschaften“. Als Erbe hinterlasse er deshalb ein Land der vielen Ungerechtigkeiten und sozialen Probleme. „Die Reichen sind noch reicher geworden, die Normalbürger haben immer weniger in den Taschen“, kritisiert Pöder ganz im Sinne der neuen Arbeitnehmervertretung, als die sich sein neues Bündnis mit Ladins Dolomites und Wir Südtiroler präsentiert. Doch bislang würden Durnwalder und die SVP auf wachsende soziale und familienpolitische Probleme wie steigende Arbeitslosigkeit, Verschuldung und Belastung von Familien und Kleinbetrieben allenfalls mit Wahlzuckerlen reagieren, meint Pöder.
Zwei-Klassen-Gesellschaft
Auch für seinen Bündnispartner Albert Pizzinini von Ladins Dolomites gibt es nur einen Weg aus der „Zwei-Klassengesellschaft, in die Südtirol von der Mehrheitspartei umgewandelt wurde“: das System Edelweiss abzuwählen. Denn: „Wer glaubt, dass sich trotz absoluter Mehrheit der SVP was im positiven Sinne ändern wird, der träumt.“ Zu groß seien die wirtschaftlichen Interessen die dahinter stehen, so Pizzinini.
Durchaus positiv zeigt sich diesbezüglich Elena Artioli vom A-Team. Für sie ist keineswegs sicher, dass die SVP erneut die absolute Mehrheit erreicht. „Zwar weist Luis Durnwalder darauf hin, dass die italienische Parteienlandschaft extrem gespalten ist, doch auch im deutschen Lager gibt es viele starke Kräfte, die der SVP Stimmen streitig machen können – einschließlich der Bürgerliste A-Team“, nutzt auch Artioli die Gelegenheit, die Wahltrommel zu schlagen.