Hoffnung auf halbe Rettung
Ernüchterung, aber auch neue Hoffnung in der Causa Fahr- und Begleitdient für Behinderte. So gut wie sicher scheint nun, dass der Sieger der umstrittenen Ausschreibung, die Tundo Srl aus Lecce, ab November tatsächlich den Transport und die Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung zu Schulen und Werkstätten übernehmen wird. Sprich: Die Überprüfung der technischen und qualitativen Voraussetzung durch das Land hat nicht wie vielerorts gehofft, zu einer Rettung des Auftrags für die Bietergemeinschaft aus Lebenshilfe und Arbeitsgemeinschaft für Behinderte geführt. Doch, wie sich bei einem Treffen des apulischen Unternehmers mit Vertretern von Gewerkschaften, des Arbeitsmarkservices sowie der bisherigen Anbieter am Freitag zeigte, könnten zumindest alle bisher Beschäftigten auf eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit hoffen.
Grund dafür sind gleich zwei Angebote des neuen Anbieters, erzählte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Behinderte Martin Telser nach dem Treffen. So wäre Tundo bereit, 30 Prozent des Auftrags an die Arbeitsgemeinschaft als Subunternehmer zu vergeben. Damit könnten die bisherigen Anbieter des Fahrdientes zumindest zwei Bezirke vollständig abdecken. Da die Arbeitsgemeinschaft auch noch Fahrten für die Bezirksgemeinschaften durchführt, bestünde damit wieder neue Hoffnung, dass sie ihre Transportdienstleistung nicht, wie ursprünglich befürchtet, komplett aufgeben muss. Noch ist die Entscheidung allerdings nicht getroffen, unterstreicht Telser. Er will nun erst die gebotenen Konditionen prüfen und am kommenden Mittwoch die knapp 50 betroffene Fahrer darüber informieren.
Gleichzeitig hat Unternehmer Tundo laut Telser aber auch sein Interesse bekundet, alle bisherigen Fahrer und rund Begleitpersonen weiterhin zu beschäftigen. „Was uns dabei angenehm überrascht hat: Er hat sich zumindest in einer schriftlichen Absichtserklärung bereit erklärt, die bisherigen Konditionen zu respektieren“, sagt der Präsident der Arbeitsgemeinschaft für Behinderte. Allerdings hat Tundo bislang noch nicht einmal den Auftrag offiziell angenommen. Auf mehr Sicherheit hoffen nun alle Beteiligten ab kommender Woche. Schließlich sollte der Anbieterwechsel bereits mit 3. November über die Bühne gehen.
"Ich fühle mich total im Stich gelassen von der Politik"
Nach der Empörung und dem Unverständnis der vergangenen Monat sieht zumindest Martin Telser die Sache mittlerweile pragmatisch: „Es ist wie es ist, und wir müssen uns der Realität stellen“, sagt er. Ein neues Vergabegesetz komme erst in Zukunft – „und wenn es keine wesentlichen Änderungen beim Verhältnis von Qualität und Preis gibt, wäre der Transport in der Größenordnung wahrscheinlich dennoch ausgeschrieben worden“, meint der Präsident der Arbeitsgemeinschaft.
Weit weniger abgeklärt reagiert einer der insgesamt 80 Begleitpersonen: „Ich fühle mich total im Stich gelassen von der Politik und allen zusammen“, sagt Maria*, die seit mehr als zehn Jahren Menschen mit Behinderung in den Bussen begleitet. 50 Jahre ist sie alt – trotz einer zusätzlichen Ausbildung als Pflegehelferin vor einigen Jahren macht sie sich wie viele andere Begleiterinnen in ihrem Alter keine Hoffnung, noch eine andere fixe Arbeit zu finden. Würde sie annehmen, wenn der neue Anbieter sie fragt? „Ich denke schon", sagt Maria, „denn ich brauche diesen Zuverdienst einfach.“ Freuen würde es auf jeden Fall die Kinder, für die sie verantwortlich ist. Denn noch mehr als andere Kinder und Jugendliche sind für jene mit Beeinträchtigungen fixe Bezugspersonen eine wichtige Voraussetzung, um sich sicher und aufgehoben zu fühlen . „Vor allem einen begleite ich bereits im vierten Jahr“, sagt Maria, „der ist heuer ganz aufgeregt, weil er die ganze Geschichte mitbekommen hat.“
Zumindest für ihn sind die Chancen auf ein Happy End der ganzen Causa gestiegen. Südtirols Sozialwesen ist davon jedoch weit entfernt.
* Name von der Reaktion geändert