Wirtschaft | Arbeitsmarkt

Würth: Droht nun eine zweite Hoppe?

Sorge und Ungewissheit unter den Würth-Mitabeitern in Neumarkt. Derzeit sieht alles danach aus, als ob eine Arbeitszeitreduzierung und freiwillige Abgänge nicht ausreichten, um der Krise auf dem italienischen Markt zu begegnen.

Wird die Würth in Neumarkt zum zweiten Fall Hoppe? Eine Frage, die angesichts beunruhigender Nachrichten aus der Neumarkter Niederlassung des weltgrößten Schraubenhändlers seit Wochen zirkuliert. Gerüchte, denen die Unternehmensleitung der Würth Italia bereits Ende vergangener Woche mit einem klaren Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Südtirol und Italien entgegentrat. „Sowohl der Standort in Neumarkt als auch jener in Rom wird behalten“, sagt Kommunikationsleiter Norman Atz, „und Neumarkt bleibt Sitz und wichtigste italienische Bezugsstelle für die Zentrale in Deutschland.“  Allerdings machte das Unternehmen nach einem Treffen mit den Gewerkschaften auch klar, dass es in den nächsten Wochen zu einer „Restrukturierung des Mitarbeiterteams“  kommen wird. Genaueres will Atz dazu derzeit nicht sagen. „Bis Weihnachten werden vorerst die Mitarbeiter persönlich von der Geschäftsleitung über die geplanten Neuerungen und Projekte informiert." 

Entsprechend unweihnachtlich ist die Stimmung unter den fast 500 Beschäftigten in Neumarkt. Bereits vor einem Jahr dämpfte sie Firmenpatriarch Reinhold Würth, als er von Deutschland aus einen Lieferstopp für rund 60.000 italienische Kunden verfügte, die ihre alten Rechnungen nicht gezahlt hatten. Doch auch über solche Aktionen hinaus leidet der Umsatz des internationalen Kolosses seit längerem unter dem schlechten Geschäft auf den südeuropäischen Märkten. Ein Fakt, dem bereits seit Februar dieses Jahres italienweit mit einer Arbeitszeitreduzierung von zehn Prozent und freiwilliger Mobilität entgegengetreten wird.

Vor allem Beschäftigte kurz vor der Rente, aber auch Nebenerwerbsbauern oder junge Mütter nahmen bisher das Angebot in Anspruch, das Unternehmen mit einer solchen Absicherung zu verlassen. „Das Motto war, die Arbeitsplätze vor allem für die Jungen zu erhalten“, sagt eine Mitarbeiterin. Ob dies tatsächlich gelingt, ist trotz der aktuellen Mitarbeitergespräche noch unklar. „Sie reden zwar mit uns“, meint sie. „Doch was uns wirklich interessiert, nämlich wie die Dinge ehrlich stehen, wird nie gesagt.“ Die Folge? Unsicherheit und zunehmender Stress unter den Mitarbeitern, der auch durch die vielerorts spürbaren Personalabgänge verstärkt wird. „Denn im Moment ist die Arbeit wieder mehr geworden. Und wo man früher zu zehnt arbeitete, ist man jetzt nur mehr zu siebt“, sagt die Würth-Angestellte.

Bei der zuständigen Fachgewerkschaft des ASGB sieht man die Lage in Neumarkt zumindest laut aktuellem Stand dennoch nicht ganz schwarz. Einen Vergleich mit dem Fall Hoppe will Gewerkschafter Alex Piras nicht ziehen: „In Passeier war das Problem, dass das wichtigste Produkt nicht mehr zukunftsfähig war, die Würth leidet dagegen unter dem schwachen italienischen Markt“, sagt er. Dem soll nun mit Maßnahmen wie einem verstärkten Online-Verkauf oder der Zusammenarbeit mit anderen Betrieben entgegengewirkt werden. Ob und wie viele Leute über die freiwilligen Kündigungen hinaus entlassen werden müssen, werde auch davon abhängen, inwiefern die Maßnahmen Wirkung zeigen. Mit neuerlichen Verhandlungen im Betrieb rechnet Piras aber frühestens im Jänner.

Klar scheint, dass zumindest im neuen Jahr mit schlechten Nachrichten aus Neumarkt gerechnet werden muss. Darauf bereitet auch das Kommunikee der Würth-Geschäftsleitung vor: „Jeder einzelne Mitarbeiter, der das Unternehmen verlässt, ist für uns ein bedauerlicher Verlust, weil mit jedem Menschen ein Stück Know-how und Lebensart von Würth verbunden ist. Wir versuchen daher, die Austritte so gering wie möglich zu halten.“