Gesellschaft | Medien in Südtirol
Kleine Geschichte der mehrsprachigen Medien in Südtirol
- Der Standpunkt (1947 – 1957), vom Industriellen Hans Fuchs gegründetes Wochenblatt, das seine Leserschaft auch in Österreich und Deutschland hatte, vor allem wegen seiner Mitarbeiter Robert Jungk oder Indro Montanelli sehr geschätzt.
- Die Alpenpost (1951 – 1957), gegründet von im Südtiroler Fruchtverband zusammengeschlossene Obst- und Weinhändler, zur „Verbesserung des Klimas zwischen Südtirolern und Italienern“, Direktor der Zeitung war der Schriftsteller Hubert Mumelter, Mitherausgeber waren Servilio Cavazzani und der Österreicher Louis Barcata. Die Wochenzeitung erreichte eine zeitweilige Auflage von 10.000 Stück.
- „Das deutsche Blatt“ des Alto Adige Corriere delle Alpi, Bozen (1960 - 1999), ein anfangs mit Mitarbeitern aus dem deutschsprachigen Ausland betriebene Seite für die deutschen Leser, von Anfang an ein Forum kritischer Stimmen innerhalb der deutschen Sprachgruppe mit deutlich politischer Ausrichtung; Reizthemen und einer sehr beliebten Leserbriefspalten; viele der später etablierten Journalisten arbeiteten beim „Deutschen Blatt“ mit.
- Skolast, Zeitschrift der Südtiroler HochschülerInnenschaft – SH.asus, Bozen (1956 bis heute). Als Mitteilungsblatt der Südtiroler Hochschülerschaft gegründet, blieb die Zeitschrift bis heute ein Forum für diskursfreudige junge Südtiroler aller drei Sprachgruppen.
- die brücke, Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Bozen (1967 – 1969, Monatszeitschrift), als Herausgeber zeichnen Alexander Langer, Josef Perkmann, Josef Schmid und Siegfried Stuffer. Die Zeitschrift setzte sich drei Ziele: die Wahrung der Unabhängigkeit, objektive Informationen anzubieten und die Demokratisierung des öffentlichen Lebens zu fördern. Inhaltliche Schwerpunkte waren Politik des In- und Auslandes, Kirche, Gesellschaft und Kultur. In Umsetzung einer interethnischen Haltung veröffentlichte die Zeitschrift italienischsprachige Artikel, um „unsere Südtiroler Leser anzuregen, sich mit den Problemen und Anliegen italienischer Mitbürger unseres Landes zu befassen.“
- Südtiroler Volkszeitung, Zeitung für Kultur und Politik der neuen Linken, Bozen (1978 – 1981), herausgegeben vom Südtiroler Kulturzentrum (gegründet 1975 mit dem Ziel, eine offene Kulturszene aufzubauen). Presserechtlich verantwortlich der Journalist Gerd Staffler, unter den Mitarbeitern u.a. der spätere ORF Journalist Lorenz Gallmetzer. Obwohl interethnisch aus Prinzip, wollte man durch die Mehrsprachigkeit neue Leserschaften und somit Abonnenten erreichen.
- Tandem, Südtiroler Wochenzeitung – settimanale del Sudtirolo, Bozen (1981 – 1983); konsequent zweisprachig angelegtes Wochenmedium, das die Südtiroler Volkszeitung ablöste. Die Kurzlebigkeit der Südtiroler Volkszeitung wie der von Tandem rührt daher, dass beide Zeitungen es nicht schafften, aus dem alternativen Medienlager auszubrechen; auch schaffte die Redaktion es nicht, sich neue Leserkreise auf dem Land zu erschließen.
- Monats-Tandem-mensile, Bozen (1983 – 1985). Zweisprachig deutsch und italienisch; aus der ersten Nummer: "TANDEM vuole essere un invito, uno stimolo, un augurio. Un invito a tutti noi ad essere consapevoli che non sentiamo tutto, che spesso anche noi sentiamo solo quello che siamo abituati a sentire, mentre la realtà è un tantino più complessa. Uno stimolo, quindi, ad uscire fuori, ad abituarci a sentire di più..(Aldo Mazza)
- Radio Tandem (1977 bis heute), in Bozen als Radio Popolare gegründet, geht man rasch auch in Meran und Brixen auf Sendung. Kreativ, interethnisch und innovativ sind die Leitgedanken der Radiomacher. Nach einer Krise 1985 schließt man sich mit Radio Popolare Network zusammen und ein neuer Aufschwung beginnt. Radio Tandem galt vielen Publizisten und Journalisten als „Radioschmiede“ und als Pionier für eine interethnische Kulturarbeit im weitesten Sinn.
- Omnibus, bollettino per l’altro Sudtirolo – Mitteilungsblatt fürs andere Südtirol, Bozen (1985 – 1992) erschien zweiwöchig deutsch und italienisch
- FF-Die Südtiroler Illustrierte, Bozen (1980 bis heute). Gegründet vom damaligen SVP-Fraktionssprecher Klaus Dubis, dem späteren Staatsrat, zusammen mit dem Pioniere der Privatradios in Südtirol, Christian Chindamo von Witkenberg. Von Anfang unterstützt wurde das Projekt vom Bozner Unternehmer Christoph Amonn. Als allustriertes Wochenblatt griff man Tabuthemen auf und trat für ein unverkrampftes Verhältnis zu den anderen Sprachgruppen ein. Die Zeitschrift sprach von Beginn an durch die frische und freche Art der Berichterstattung von Beginn an auch den ländlichen Teil der Südtiroler Leserschaft an. Ab 1993 wurden auch italienische Artikel veröffentlicht, heute ist die ff wieder nur mehr einsprachig.
- „Extra“ - Il mattino dell’Alto Adige, Bozen (1991 – 1993) zielte auf die zweisprachigen Leser der 1988 gegründeten Tageszeitung „Il mattino“ ab, hielt sich jedoch nicht lange, obwohl bewusst die Annäherung der Sprachgruppen betrieben wurde.
- BZ1999 (1996 bis heute), eine deutsch- und italienischsprachige Monatszeitschrift gegründet von einer Gruppe Bozner Journalisten. Orientiert sich am „Citizen Journalism“, dem partizipativen Bürgerjournalismus, der sich in den letzten 20 Jahren durch das Aufkommen der neuen digitalen Medien immer stärker durchsetzt. Nach 5 Jahren durchgehender Redaktionstätigkeit wird das monatliche Erscheinen eingestellt, heute gibt es BZ1999 einige Male im Jahr.
- Weitere Versuche, die Sprachen Südtirols in einem einzigen Medium zusammenzufassen, gab es immer wieder auf Bezirksebene, über Veranstaltungs- und Kalenderseiten oder im schulischen Umfeld. Häufig scheinen diese sachlich-thematischen Medienprojekte besser zu funktionieren als die kulturell-politischen. Eine Ausnahme der jüngeren Zeit ist das Online-Projekt http://www.franzmagazine.com/, das seit drei Jahren „die sozialen und kulturellen Phänomene seines Herkunftslandes und seiner Nachbarn im Trentino und in Tirol untersucht und auch den italienischen Nordosten im Blickfeld hat.“
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