Politik | Drogen

„Wir brauchen Hilfe“

Der Trentiner Anwalt Fabio Valcanover über den Gesetzesentwurf zur Legalisierung von Cannabis, die anstehende Unterschriftensammlung und seinen Appell an Südtirol.

Salto.bz: Herr Valcanover, Sie sind Mitautor eines Gesetzentwurfes für die Legalisierung von Cannabis. Das Gesetz soll als Volksinitiative im Parlament eingebracht werden. Was wollen Sie?

Fabio Valcanover: Die Initiative geht von den Radikalen, der Vereinigung Antiproibizionisti und vielen anderen Gruppen aus. Sinn und Zweck ist es, einen Gesetzesvorschlag einzubringen, das jenes Gesetz flankiert, das derzeit im Parlament feststeckt und nicht weitergeht. Wir wollen Cannabis legalisieren, das heißt die Substanz aus dem Schwarzmarkt führen und damit der Mafia und der organisierten Kriminalität riesige Einnahmen entziehen. Gleichzeitig soll Cannabis nicht wie jetzt überall frei verkauft werden können, sondern es soll kontrollierte Verkaufsstellen geben. Zudem soll es für Volljährige die Möglichkeit des Selbstanbaues geben. Bis zu 5 Pflanzen soll jeder und jede züchten können.

Die Gesundheits- und Verbotsfanatiker werden jetzt aufschreien. Die abendländische Zivilisation ist in Gefahr!
Genau das Gegenteil ist der Fall. Mit diesem Gesetz führen wir auch eine Qualitätskontrolle der verkauften Substanzen ein. Es wird also nicht wie derzeit auf dem Schwarzmarkt gentechnisch verändertes Material geben, dessen THC-Gehalt ins Unendliche gesteigert wird, sondern klare Regeln und Angaben. Dieses Gesetz soll endlich die Verteuflung dieses Genussmittels aufheben, damit Cannabis sowohl als Mittel der Freizeitgestaltung, wie auch als Arzneimittel legal eingesetzt werden kann.

„Dieses Gesetz soll endlich die Verteuflung dieses Genussmittels aufheben, damit Cannabis sowohl als Mittel der Freizeitgestaltung, wie auch als Arzneimittel legal eingesetzt werden kann.“

Der Gesetzesvorschlag verweist auch auf die ökonomischen Vorteile, die dem Staat aus einer solchen Regelung entspringen?
Ja und das gleich in doppelter Hinsicht. Beim Verkauf werden Steuern erhoben, die zur Verringerung der Staatsschulden herangezogen werden können. Der andere wichtige Aspekt ist die Tatsache, dass eine Legalisierung von Cannabis, zu einer beträchtlichen Verminderung der Arbeitsbelastung der italienischen Gerichte und Gefängnisse führen würde. Denn man kann sagen, was man will: In Italien landet man auch heute noch im Gefängnis allein für das Weiterreichen eines Joints, was immer noch ein formeller Strafbestand ist. Gerade in diesem Bereich könnte man die Kosten für den Justizapparat beträchtlich senken. Denn man verfolgt Straftaten, die keine sind.

„Eine Legalisierung von Cannabis würde zu einer beträchtlichen Verminderung der Arbeitsbelastung der italienischen Gerichte und Gefängnisse führen. Gerade in diesem Bereich könnte man die Kosten für den Justizapparat beträchtlich senken.“

Die große Frage wird sein, ob Italien reif ist für diesen Schritt?
Schauen wir uns doch um. Wir wollen nur das machen, was in einigen Bundesstaaten der USA längst Realität ist. Oder was man derzeit in Kanada umsetzt. Es gibt dort überall zwei Säulen. Zum einen hat sich das Prinzip durchgesetzt, dass man Cannabis als Genussmittel legal zur persönlichen Freizeitgestaltung gebrauchen kann. Zum anderen kann Cannabis unkompliziert und offen als Therapiemittel etwa bei multipler Sklerose oder in der Krebsbehandlung eingesetzt werden. Die Patienten sollen in öffentlichen Sanitätsstrukturen diese Substanz erhalten können. Genau dorthin wollen wir auch in Italien kommen.

Sie haben den Gesetzesvorschlag vor wenigen Tagen in Mailand vorgestellt. Jetzt beginnt italienweit die Unterschriftensammlung?
Wie immer wird diesem Thema in der Presse leider wenig Beachtung geschenkt. Wir haben jetzt sechs Monate Zeit um 50.000 Unterschriften zu sammeln. In Mailand und Rom haben wir diese Woche die Initiative öffentlich vorgestellt und die Unterschriftensammlung hat begonnen. Derzeit versuchen wir das Menschenmögliche, damit wir auch in der Region Trentino-Südtirol so schnell wie möglich mit der Sammlung der Unterschriften beginnen können. Nicht nur in den großen Städten Bozen und Trient.

„Das große Problem dabei, ist Menschen zu finden, die die Unterschriften beglaubigen können. Ich möchte deshalb hier einen Appell lancieren: Wir brauchen Gemeinderäte oder Landtagsabgeordnete, die sich bereit erklären, diese Aufgabe zu übernehmen.“

Das große Problem dabei, ist Menschen zu finden, die die Unterschriften beglaubigen können. Ich möchte deshalb hier einen Appell lancieren: Wir brauchen Gemeinderäte oder Landtagsabgeordnete, die sich bereit erklären, diese Aufgabe zu übernehmen. Zudem kann jeder bei uns die Unterschriftenlisten abholen und sie bei seiner Gemeinde hinterlegen, damit die Bürgerinnen und Bürger dort unterschreiben können. Die Unterlagen werden dann vom Gemeindesekretär beglaubigt und die Menschen können dann dort unterschreiben.

Sie werden persönlich auch unterwegs sein?
Ja. Ich werde versuchen – nicht nur hier in Trient – in die Gefängnisse zu gehen. Wir haben beim Justizministerium um die Genehmigung angesucht, diese Unterschriftensammlung auch in de Gefängnisse durchführen zu können. Denn dort sitzen viele Menschen, die genau von dieser Problematik am eigenen Leib betroffen sind.

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