Pflanzen trotzen Massensterben
Es war das größte bekannte Massenaussterben der Erdgeschichte: Vor rund 252 Millionen Jahren fiel der Großteil der Tiere – vor allem Meeresbewohner – dem Ereignis zum Opfer. Die Pflanzenwelt aber war in viel geringerem Ausmaß betroffen. Mit diesem Forschungsergebnis lassen Evelyn Kustatscher und Hendrik Nowak vom Naturmuseum Südtirol in Bozen sowie Elke Schneebeli-Hermann vom Institut und Museum für Paläontologie der Universität Zürich aufhorchen.
Wie die Fachleute zu dieser Behauptung gekommen sind, erklären sie im Artikel “No mass extinction for land plants at the Permian-Triassic transition”, der am heutigen Mittwoch (23. Jänner) in der renommierten wissenschaftlichen Open-Access-Fachzeitschrift Nature Communications erscheint.
“Bisher waren wir davon überzeugt, dass das große Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze Tiere und Pflanzen gleichermaßen betraf und dass beide auf gleiche Art und Weise auf dieses Ereignis und dessen Folgen reagierten”, erklärt Evelyn Kustatscher. “Im Zuge unserer Studie haben wir hingegen bewiesen, dass dem nicht so ist. Sicher sind damals einige Pflanzen ausgestorben, wir sprechen aber bei Weitem nicht von über 50 Prozent der damals lebenden Pflanzengattungen und -familien, wie bisher angenommen. Dies wirft ein ganz neues Licht auf unsere Kenntnisse des Massenaussterbens”.
Dieses Ergebnis wurde im Zuge einer zweijährigen Forschungsstudie gewonnen, bei dem Kustatscher, Nowak und Schneebeli-Hermann Daten aus aller Welt sammelten und verglichen. Ziel war es zu verstehen, was den Pflanzen in der Zeit zwischen dem Späten Perm (vor etwa 260 Millionen Jahren) und der Mittleren Trias (vor etwa 235 Millionen Jahren) passierte. “Wir haben mehr als 34.000 Sporen- und Pollendatensätze sowie mehr als 8.000 Datensätze von Pflanzenfossilien analysiert”, erklärt Hendrik Nowak. Auf dieser Grundlage analysierten die drei Wissenschaftler die globale Biodiversität und deren Veränderungen vor Millionen von Jahren.
Warum aber reagierten die Pflanzen ganz anders auf das Massenaussterben als die Tiere? “Darauf haben wir noch keine sichere Antwort”, meint Evelyn Kustatscher, “der Grund könnte der sein, dass Sporen und vor allem Samen extrem lange widrige Zeitspannen überbrücken können, bevor sie keimen. Das gilt für Tiere natürlich nicht”.
Die Studie ist Teil des Projekts “The end-Permian mass extinction in the Southern and Eastern Alps: extinction rates vs. taphonomic biases in different depositional environments” – unterstützt vom Euregio Science Fund.