Politik | Vergessen

Schöne Welt, böses Sexten!

Claus Gatterer wird in Sexten bewusst totgeschwiegen. Zum 30. Todestag des großen Journalisten hat man in seiner Heimatgemeinde anscheinend Besseres zu tun. Ein Skandal.

„...für den einen Leben, für den anderen der Tod....“ laut das Zitat, das in der Einladung abgedruckt ist. Am Samstag, den 28. Juni 2014 wird im Rudolf-Stolz-Museum in Sexten eine Ausstellung des Sextner Malers mit Bildern aus den Jahren 1914/15 eröffnet. Neben Kulturlandesrat Philipp Achammer und Bürgermeister Fritz Egarter werden Eva Gratl und Carl Kraus über den großen Sextner Maler Rudolf Stolz reden.
Dass das Zitat allerdings auch ganz anders gelesen werden kann, scheint in der Hochpustertaler Gemeinde kaum jemandem aufgefallen zu sein.

Vergessener Sohn

Die Ausstellung wird genau an jenem Tag eröffnet, an dem sich der Todestag eines anderen, großen Sextner Sohnes zum 30. Mal jährt. Am 28. Juni 1984 verstarb in Wien der Sextner Journalist Claus Gatterer. Gatterer wird längst über die Grenzen Südtirols und Österreichs hinaus zu einem der einflussreichsten und wichtigsten Journalisten des 20. Jahrhunderts gezählt. Gatterers Buch „Schöne Welt, Böse Leut“ gehört mit Sicherheit zu den drei meisten gelesenen Südtirol-Büchern aller Zeiten. Seit 29 Jahren vergibt der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) den nach ihm benannten „Professor Claus Gatterer Preis“. 2014 ist auch das 90. Geburtsjahr von Claus Gatterer.

Erst in der vergangenen Woche fand im Brunecker Stadttheater eine dreitätige Film-Retrospektive über Claus Gatterer statt. Die Veranstaltung war an allen Tagen und Abenden ausverkauft. Zur Verleihung des Claus-Gatterer-Preises 2014 fanden sich auch der Sextner Bürgermeister Fritz Egarter und der Sextner Kulturassessor Josef Pfeifhofer in Bruneck ein. Am Rande verteilten sie dabei Einladungen für jene Veranstaltung, die am 30. Todestag von Claus Gatterer in Sexten über die Bühne geht.

Ein Affront

Dass diese Vorgangsweise ein Affront und eine Geschmacklosigkeit sondergleichen sind, scheint den Gemeindeverwaltern nicht aufzufallen. Claus Gatterer wurde Zeit seines Lebens von einem großen Teil des offiziellen Südtirol ausgegrenzt, diffamiert und vergessen. Der quirlige Wiener Professor war den einen zu links, den anderen ob seiner Intelligenz und seines Wiener Netzwerks einfach zu gefährlich.
Seiner Heimatgemeinde Sexten und dem ganz Land Südtirol hat Claus Gatterer mit seinem Roman „Schöne Welt, Böse Leut“ den Zerrspiegel vorgehalten. Das offizielle Sexten scheint ihm das noch immer nicht verziehen zu haben. Nur so ist es zu verstehen, dass man zum 30. Todestag des großen Journalisten in Sexten nichts für Claus Gatterer tut, sondern ganz im Gegenteil feierlich und pompös genau an diesem Tag eine andere Veranstaltung feiert.
Ein Zufall, ein Versehen oder einfach nur Gedankenlosigkeit? Wohl kaum. Denn vor zehn Jahren war es noch anders. Am 27. Juni 2004 vergab der damalige Sextner Bürgermeister Wilhelm Rainer im Rudolf-Stolz-Museum den Claus Gatterer Preis.
Auch diesmal wäre es einfach gewesen. Man hätte zur Ausstellungseröffnung Gatterer-Texte zum Ersten Weltkrieg lesen können. Dann hätte man wenigstens ein Alibi gehabt.
So aber hat Claus Gatterers Satz ganz sicher Bestand: „Schöne Welt, böse Leut“.
Es ist zum Schämen.

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Willy Pöder Di., 24.06.2014 - 07:19

Antwort auf von fred Turnheim

Warum denn so überrascht? Das von der Ausstellung war schon geraume Zeit vor der Gatterer-Preisverleihung bekannt! Wenn man es tatsächlich so unpassend empfunden hat, was den Sextanern zum Todestag Gatterers eingefallen bzw. nicht eingefallen ist, dann hätte man dies in Bruneck im Zuge der Preisverleihung sehr wohl kritisch anmerken können. Tat man anscheinend aber nicht. Außerdem: Warum wurde der Preis zum Anlass nicht in der Heimatgemeinde Gatterers verliehen, so wie damals vor zehn Jahren!!!

Di., 24.06.2014 - 07:19 Permalink