Politik | Landtagswahlen 2013

SVP-Arbeitnehmer: "Brauchen mehr Spieler auf dem Feld"

Auch ohne SAP haben die SVP-Arbeitnehmer in diesem Wahlkampf genügend Kandidaten, die ihnen Konkurrenz machen. Vorsitzender Christoph Gufler über Unterschiede zwischen Original-Arbeitnehmern und ihren Kopien sowie die nötige Mannschaft für erhöhte Torchancen.

Herr Gufler,  wie ist der Wahlkampf der SVP-Arbeitnehmer gelaufen?
Christoph Gufler: Nach mehr als 20 Veranstaltungen und sehr vielen Kontakten auf der Straße und an den Ständen kann ich schon sagen, dass wir überall, wo wir zu den Menschen hinkommen,  sehr viel Zustimmung finden. Da gab es oft auch überraschend spontane Äußerungen, wo Menschen uns erklärten, wie wichtig es ist, dass wir uns zur Verfügung stellen, dass es Menschen aus ihren Reihen braucht, die ihre Anliegen vertreten. In den Medien haben wir dagegen kein so gutes Schaufenster wie andere Bewerber oder Richtungen, allen voran jene Lobbies, die eigene Verbandszeitungen haben.

Und was sind die Themen der Menschen, die sie getroffen haben?
Die Chancen der Jugend, die Wohnbaupolitik, wo es zur Zeit eher schwierig ist, etwas zu machen. Oft gekommen ist auch die Frage, wie stark man  die Bürger wirklich miteinbeziehen will und wie glaubhaft ist diese neue Form der Politik ist, die auch wir immer vertreten haben. Sehr viele kritische Wortmeldungen hat es auch zu Großprojekten wie dem Flughafen gegeben.

Angesichts der zunehmenden sozialen Krise und der immer breiteren Kritik gegen ein rein profitorientiertes Wachstumsmodell müssten die Arbeitnehmer bei den Wählern Hochkonjunktur haben. Doch auch die Konkurrenz wächst – selbst wenn die Arbeitnehmerpartei SAP doch noch in letztere Minute abgesprungen ist.
Ich denke, je mehr die Anliegen eines großen Teils der Bevölkerung aufs Tapet gebracht werden, desto besser ist es grundsätzlich. Allerdings wäre es gerade in Zeiten schrumpfender Haushalte, in denen nicht mehr alle Bedürfnisse befriedigt werden können, gut, sich nicht zu zersplittern, sondern sich vielmehr zusammen zu tun und die Kräfte dort zu bündeln, wo wie die größten Chancen auf Umsetzung haben, nämlich in der Regierungspartei.

Das galt vor allem in Bezug auf die Gründung einer eigenen Arbeitnehmerpartei. Doch auch in der Opposition setzen viele Parteien und Bündnisse wie die jenes der Bürgerunion auf ihre Themen.
Hier müssen wir uns schon bewusst werden, wer diese Positionen bereits bisher mit Standfestigkeit, Ausdauer und Erfolgen vertreten hat – auch wenn es nicht immer die waren, die wir uns gewünscht haben. Viele, die heute auf soziale Gerechtigkeit setzen, hatten bislang ganz andere Themen, von der Selbstbestimmung bis hin zu „Ausländer raus“. Und man sollte sich wie gesagt auch im Klaren sein, wo die Entscheidungen fallen, ob Steuern gesenkt werden, der Wohnbau belebt oder die Standards im Gesundheitswesen gehalten werden. Das ist nun einmal in der Volkspartei und so wird es auch künftig bleiben.

Es gibt aber auch innerhalb Ihrer Partei und selbst im Wirtschaftsflügel Menschen, die sich wie Dieter Steger für das Gemeinwohl und gegen reines Profitdenken einsetzen. Das müsste die Arbeitnehmer in einer Partei, die gerne als Wirtschaftspartei bezeichnet wird, doch eigentlich stärken.
Die SVP ist tatsächlich eine Wirtschaftspartei. Und natürlich gibt es auch außerhalb des Arbeitnehmerflügels viele Kandidatinnen und Kandidaten, die jetzt unsere Themen bringen. Aber die sollten selbst überlegen, wie glaubwürdig das ist, wenn jemand keine entsprechende Lebenserfahrung hat und nicht weiß wie das ist, nicht mit dem Einkommen ans Monatsende zu kommen.

Dieses Problem haben Sie wohl selbst auch nicht...
Ich persönlich bin in den letzten vier Jahren mit meinem Gehalt schon an Monatsende gekommen, aber ich muss mich darum bemühen. Doch natürlich würde ich mich sehr freuen, wenn wir morgen in den Entscheidungsgremien all die Menschen als Verbündete haben, die unsere Themen nun neu entdecken. Doch das muss sich erst erweisen und bei Wahlversprechen bin ich nach meinen bisherigen Erfahrungen erst einmal vorsichtig. Ich zähle eher darauf, dass wir als Arbeitnehmer ein gutes Ergebnis bei den Wahlen erzielen. Denn je mehr Spieler wir auf dem Spielfeld haben, desto mehr werden wir in Zukunft auch schaffen können.

Zur Zeit sitzen nur drei ArbeitnehmerInnen im Landtag, in der vergangenen Legislatur waren es noch sieben. Wo liegt das Wahlziel für die nächsten fünf Jahre?
Das Beste wäre klarerweise, wenn wir alle sieben KandidatInnen hineinbekommen. Ein Erfolg wäre alles was mehr ist als bisher. Doch wie gesagt, mehr Spieler auf dem Feld, mehr Tore.

Und warum sollen die Leute ein Kreuzerl bei einer oder einem der Arbeitnehmer-KandidatInnen machen? 
Weil wir die Lobby für jene Menschen sind, die sonst keine Lobby haben. Es wird wohl niemand glauben, dass wir nicht selber unsere Leute stellen müssen,  wenn wir für uns etwas erreichen oder verhindern wollen, dass Kürzungen in unseren Interessensbereichen vorgenommen werden. Die Hoteliers werden es halt sicher nicht machen. Deshalb ist es naheliegend, dass wir Menschen aus unseren Reihen im Landtag brauchen, die bisher glaubhaft beweisen haben, dass sie hinter diesen Themen stehen.

Von wegen ohne Lobby: Auch die Arbeitnehmer haben wohl starke Sozialverbände im Rücken...
Nein, haben sie nicht. Natürlich sind die Sozialverbände sehr wichtig und meinungsbildend, um Themen voranzubringen. Doch was manchmal vergessen wird: Ich muss auch Leute in Entscheidungsgremien drinnen haben, um die Dinge umsetzen. Sonst stehe ich am Zaun draußen vor dem Spielfeld und kann zwar laut rufen, doch das entscheidet nicht, was auf dem Spielfeld passiert. Im Gegensatz zur Wirtschaft, die sagt, das sind die Ziele, das sind die Anliegen und das sind die Leute, die ihr zu wählen habt, sind die Sozial- und Kulturverbände hier sehr zurückhaltend. Mit der Folge, dass wir auf dem Spielfeld zu wenig Spieler sind,  die konkret die Interessen dieser Leute vertreten.

Haben Sie sich auch deshalb Testimonials wie Herrn Andreaus als Wahlhelfer geholt? Eine Aktion, die nicht ohne Kritik beobachtet wurde...
Also, was ist bitte falsch daran zu sagen, dass sich jemand jahrelang für die Anliegen eingesetzt hat, die diese Menschen und ihre Verbände vertreten? Wenn ich das nicht sagen kann, dann weiß ich nicht, in welcher Welt wir leben.

Die mögliche Abspaltung der Arbeitnehmer von der SVP taucht seit mittlerweile Jahrzehnten immer wieder – und meist zu besonderen Tiefpunkten – auf.  Gibt es ein Wahlergebnis, bei dem Sie sagen würden, die Arbeitnehmer sind innerhalb der SVP offenbar  zu schlecht aufgehoben, stellen wir etwas Neues auf die Beine?

Davon gehen wir jetzt einfach nicht aus. Wir haben viel gearbeitet, uns gut auf die Wahlen vorbereitet und wir haben viele gute KandidatInnen. Deshalb gehen wir jetzt einmal in die Wahlen hinein, und hoffen, dass uns möglichst  viele Leute wählen, damit wir für sie arbeiten können.

 

Bild
Profil für Benutzer Klaus Schuster
Klaus Schuster Do., 24.10.2013 - 06:35

Es ist ja interessant, dass jetzt, unmittelbar vor den Wahlen, plötzlich die sozialen Themen scheinbar wieder eine so große Rolle spielen. Die Frage ist nur, wer sich dann die nächsten fünf Jahre wirklich für die Lohn- und Gehaltsempfänger einsetzt bzw. sich in den letzten fünf Jahren für sie eingesetzt hat?
Mit anderen Worten: wer ist bei diesen Belangen glaubwürdig ?
Die Arbeitnehmer in der SVP haben tatsächlich ihren Kredit verspielt! Und zwar vor allem deshalb, weil sich ihre Vertreter in der letzten Legislaturperiode in der eigenen Partei nicht nur nicht durchgesetzt haben, sondern teilweise die starken neoliberalen Strömungen auch noch unterstützt haben. Primär ging es ihnen um den eigenen gut dotierten Posten oder Beraterauftrag. Angesichts der Tatsache, dass man links von der SVP viel Wählerpotential vermutet, bemühen sich nun kurz vor den Wahlen fast alle Oppositionsparteien mit mehr oder weniger populistischen Forderungen um die Wähler aus diesem Spektrum. Die Signale sind dabei sehr unterschiedlich und reichen von den ausländischen Sozialschmarotzern bis hin zu der Forderung, dass es nur abwärts gehen kann so lange Südtirol beim italienischen Staat sei. Auch ehemalige Mitglieder einer Rechtspartei bzw. der SVP, die jetzt eine eigene Gruppierung bilden, haben eine Kehrtwendung vollzogen und nehmen sich jetzt vordergründig sozialer Themen an.
Die Grünen arbeiteten den ganzen Sommer über, unter dem Vorsitz, des ehemaligen obersten Landesbeamten für soziale Fragen, Karl Tragust, an ihren 8 Vorschlägen für die grüne Sozialpolitik.
Herausgekommen sind keine populistischen Forderungen, sondern ein Gesamtkonzept, das die Richtung vorgeben würde und teilweise schon von anderen Parteien übernommen wurde - womit die Frage der Glaubwürdigkeit auch schon beantwortet wäre.

Do., 24.10.2013 - 06:35 Permalink