Start frei für neuen Verbrennungsofen
Die kritischen Stimmen zum jüngsten Vorzeigeprojekt des Landes blieben heute außen vor. Oder besser gesagt: Sie bildeten ein Empfangskomitee an der Einfahrt zum neuen Bozner Verbrennungsofen. Mit Transparenten wie „Tariffe meno care per chi vive vicino l’impianto“ erinnerte ein Grüppchen von "Alto Adige nel Cuore" um Landtagsabgeordneten Alessandro Urzì dort in der prallen Mittagssonne an einen, Ende 2012 angenommen Beschlussantrag im Landtag, laut dem Bürger in den Gemeinden rund um die neue Anlage mit Ermäßigungen bei den Müllgebühren für die Belastung entschädigt werden sollen.
In der Anlage selbst wurde das neue Werk dagegen bei der heutigen offiziellen Aufnahme des halbjährigen Probebetriebes so richtig gefeiert. Ein technologisches Juwel, in Sachen Umweltstandards und Energieeffizienz eine der weltweit fortschrittlichsten Anlagen im Bereich der Müllverbrennung, eine architektonisch ansprechende neue Visitenkarte für die Landeshauptstadt – nach fünf aufreibenden Jahren, in denen das Mega-Projekt immer wieder an neue Erfordernisse angepasst und abgeändert wurde, war heute für Politiker und Techniker angesichts des geglückten Abschlusses der Zeitpunkt der Huldigungen und gegenseitigen Dankesworte.
Nicht fehlen durften natürlich auch die wichtigsten Eckdaten zum neuen Ofen, dank dem nun ab sofort erstmals der gesamte Restmüll des Landes in einer einzigen Anlage verbrannt werden kann: Eine Kapazität von 130.000 Tonnen, die nun im Probebetrieb erst einmal mit 70.000 bis 80.000 Tonnen ausgenutzt werden soll, eine Gesamtkubatur von knapp 200.000 Kubikmetern, Schadstoffemissionen, die in den meisten Bereichen ein Vielfaches unter dem vorgeschriebenen Grenzwert bleiben und die Produktion von 260.000 Megawattstunden Wärme sowie 82.000 Megawattstunden Strom. Den Fakt, dass aus Müll Wärme und Strom produziert werden kann, bezeichnete der verantwortliche Landesrat Florian Mussner als den faszinierendsten Aspekt des neuen Ofens. Immerhin entspricht diese Produktion dem Strombedarf von 20.000 Wohnungen bzw. dem Wärmebedarf von 10.000 Wohnungen – und ermöglicht allein dadurch eine Reduktion der Co2-Emmissionen von 80.000 Tonnen pro Jahr.
Fernwärme: Fehlende Vernetzung
Dass diese angesichts der Verzögerungen beim Anschluss des Werks an das Fernwärmenetz noch nicht von Beginn an ausgeschöpft werden können, war eine der wenigen Schatten des heutigen Großevents. Zumindest Landeshauptmann Luis Durnwalder konnte sich einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen und meinte, dass „die Vernetzung vielleicht doch ein bissl früher in Angriff genommen hätte werden können.“ Ein Knoten, den die SEL-Tochter Ecotherm sowie die Bozner SEAB in den kommenden Monaten lösen müssen. Bislang stehen dem Ziel, den Bürgern die Fernwärme ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung zu stellen wie auch dem geplanten Einstieg der SEAB bei Ecotherm noch ungeklärte Finanzierungsfragen im Weg, meint Bürgermeister Luigi Spagnolli gegenüber salto.bz. Als Übergangslösung soll der neue Verbrennungsofen laut SEL-Präsident Wolfram Sparber erst einmal an die bestehende Fernwärmeleitung des alten Werks angeschlossen werden. Die Verträge, die über eine ausgebaute Leitung vor allem eine Anbindung des Bozner Krankenhauses und des Wohnviertels Firmian ermöglichen sollen, seien jedoch ebenfalls schon in Ausarbeitung.
Abgesehen von diesen noch anstehenden Hausaufgaben wurden die häufigsten Kritikpunkte und Befürchtungen zum neuen Werk am heutigen Mittwoch widerlegt: Die staatliche Finanzierung von gut 40 Millionen Euro über Grünzertifikate konnte in letzter Sekunde gerettet werden, die Übernahme der Führung des Werks durch eine Inhouse-Vergabe an die Ecocenter AG scheint rechtlich abgesichert. Selbst die absehbare Erhöhung der Müllgebühren für jene Gemeinden im Pustertal und Vinschgau, die nun erstmals ihren Müll nach Bozen liefern, bezeichnete der Gemeindenverbandspräsident als recht und fair. „Hier wird einfach das Prinzip der Kostenwahrheit eingeführt“, meint er. Ein Prinzip, das bei der bisherigen Verwertung auf Deponien nicht gegolten habe, wo langfristige Kosten über die Verseuchung der Böden oder die Gasentwicklung nicht eingerechnet wurden, so Kompatscher. Damit muss sich künftig nur mehr die Gemeinde Pfatten herumschlagen, die laut dem neuen Müllkonzept mittelfristig die einzige Mülldeponie im Land beherbergen wird. Doch obwohl die Anlage in der Frizzi Au noch ausgebaut werden soll, hofft Bürgermeister Alessandro Beati dank des neuen Ofens auf eine Verbesserung. „Denn künftig sollen bei uns mehr die Aschen verwertet werden, womit hoffentlich vor allem die Geruchsbelästigung zurückgeht“, meinte er.
Hoher Preis
Alle glücklich und zufrieden also? Ja, wenn auch zu einem hohen Preis, wurde auch von offizieller Seite nicht beschönigt. Immerhin hat das neue Werk insgesamt knapp 140 Millionen Euro gekostet, nachdem ursprünglich bei 80 Millionen gestartet worden war. Allein die Bonifzierungsarbeiten zur Säuberung des Areals nahmen davon 12 Millionen Euro in Anspruch – weil 120.000 Tonnen verseuchtes Material entsorgt werden musste, wie Projektleiter Valentino Pagani erklärte. Doch auch die laufenden Abänderungen und Verbesserungen während der Planungs- und Bauphase haben die Kosten kontinuierlich ansteigen lassen, erklärt er – und erhielt trotzdem ein humorvolles Dankeschön vom Landeshauptmann: „Ich habe immer gesagt, bei 140 Millionen bekomme ich einen Herzinfarkt“, scherzte der. „Doch netterweise haben sie dann doch bei 139.999.000 Euro aufgehört.“
12 Millionen für Bonifizierung
Das Areal kann doch nur vom alten Verbrennungsofen derart verseucht worden sein, dass man jetzt 12 Mio in die Sanierung stecken musste.
Ich erinnere mich gut, dass schon vom alten Verbrennungsofen vonseiten der Landestechniker (Hr. Minach) immer behauptet wurde, dass dieser Ofen mit super effizienten Filtern ausgestattet ist.
Woher dann jetzt diese Verseuchung des Bodens ?