Kleinkinderbetreuung: Weit mehr als „Aufbewahrungsstätten“
Die Betreuung von Kleinkindern unter drei Jahren außerhalb des Hauses hat in Südtirol auch im Jahr 2013 noch das Zeug, Emotionen zu schüren. Mit einer Befragung von 334 Familien, die ihre Kinder in Kindertagesstätten, betrieblichen Kinderhorten oder bei Tagesmüttern der Genossenschaft Casabimbo Tagesmutter unterbringen, bringt das Arbeitsförderungsinstitut nun einen wissenschaftlich fundierten Input in die Diskussion ein. Denn die Aufarbeitung der Daten in einer Studie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt einen Überblick, welche Vor- und Nachteile das Angebot zumindest für die Nutzer bringt.
Wie das Ergebnis zeigt, steht für die Eltern betreuter Kinder der häufig kritisierte Aspekt der „Kinderaufbewahrung“ bei weitem nicht im Vordergrund. Wie Stefania Badalotti, Präsidentin der Genossenschaft Casabimbo Tagesmutter im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag erklärte, sehen Eltern die Kleinkinderbetreuung allen voran als interessantes Erziehungsprojekt bzw. Unterstützung bei der Erziehung des Kindes. Neben der sozialen Integration der Kleinkinder und der Entwicklung einer ersten Selbstständigkeit wird aber klarerweise die Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschätzt, hat die Befragung gezeigt. Eine wichtige Rolle spiele dabei auch die Flexibilität der Öffnungszeiten und die Nähe zum Wohnort.
Wie Silvia Vogliotti, Forscherin im AFI und Autorin der Studie ausführte, beginnen Kinder im Durchschnitt im Alter von 11 Monaten mit dem Besuch der Kindertagesstätte oder der Tagesmutter. Die Hälfte aller Kinder nutzt die Dienstleistung weniger als 24 Stunden pro Woche, in der Regel an 5 Tagen pro Woche. Etwas mehr als die Hälfte besucht sie nur vormittags, was auf den hohen Anteil an teilzeitbeschäftigten Müttern (62 % der Befragten) zurückzuführen ist.
Kosten liegen Familien auf der Tasche
Als negativer Aspekt kristallisierten sich in der Umfrage die Kosten der Kleinkinderbetreuung heraus. Knapp die Hälfte der befragten Familien schätzt diese als sehr hoch oder hoch ein. Laut AFI-Direktor Stefan Perini geben 45 % der Eltern nach Abzug der Tarifvergünstigungen weniger als 300 Euro pro Monat für die Gebühren aus; 35 % tragen dagegen Kosten von 300 bis 400 Euro monatlich. Als „fairen Preis“ würden die Befragten 200 Euro pro Monat befinden. „Hervorzuheben ist, dass nur rund ein Drittel der Familien von Tarifvergünstigungen seitens der öffentlichen Körperschaft profitiert“, erklärt Perini.
Ein weiterer kritischer Punkt, der aus der Befragung hervorgeht: Väter sind nach wie vor schwer dazu zu bewegen, Elternurlaub in Anspruch zu nehmen. Gerade einmal sieben Prozent der befragten Väter beantragten eine freiwillige Arbeitsenthaltung; in der Hälfte der Fälle belief sich der Elternurlaub auf nur einen Monat. Bei der Frauen erreichte der Prozentsatz der Befragten, die nach dem Ablauf des fünfmonatigen Mutterschutzes noch eine berufliche Auszeit nahmen, dagegen fast zwei Drittel. Als Grund für die geringe Nutzung des Vaterurlaubs gaben 40 Prozent der Befragten Gehaltseinbußen an. 13% der Väter sind dagegen der Meinung, dass die Betreuung der Kinder Aufgabe der Mutter ist.
Kinder brauchen beiden Eltern
Um in Zukunft eine stärker Unterstützung von Vätern zu fördern, braucht es laut Silvia Vogliotti innovative Lösungen wie beispielsweise den Teilzeitelternurlaub, bei dem Eltern 65% der Entlohnung beziehen und dennoch mehr Zeit für ihre Kinder haben. Wie Vogliotti betonte, könne der Elternurlaub vor allem dazu beitragen, die Qualität der Beziehung zu den Kindern zu erhöhen. Denn klar sei auch, dass die Kleinkinderbetreuung kein „Wundermittel“ sei; notwendig sei parallel dazu auch, dass beide Eltern qualitativ hochwertige Zeit mit ihren Kindern verbringen.
Um dagegen die Qualität der Einrichtung auch in Zukunft zu garantieren, wird laut AFI-Präsident Elmar Aichner eine Aufwertung der von den Erzieherinnen und Tagesmüttern geleisteten Arbeit notwendig sein. Dies gelte sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Form gesellschaftlicher Anerkennung. Wichtig bei der Kleinkinderbetreuung ist für den AFI-Präsidenten darüber hinaus die Gewährleistung der Wahlfreiheit. Familien sollen die für sie geeignetste Kombination aus familiärer und außerfamiliärer Betreuung wählen können, ohne ein Modell vorgeschrieben zu bekommen. „Das AFI hofft, dass die Durchführungsbestimmungen des neuen Landesfamiliengesetzes genau in diese Richtung zielen“, so Aichner.
Soziale Kompetenz
Ich habe mich zunächst auch gewundert, als ich gehört habe, dass ein Kleinkind in Berlin in den Hort geschickt wurde, obwohl seine Mutter zu Hause war. Aber sie sagte mir, dass es für ihr Kind wichtig sei, mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen. Absolut einleuchtend und im Nachhinein tut es mir leid, dass ich überhaupt gefragt habe.