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Politik | Regierungskrise

Unvorstellbare Verhöhnung eines Gerichts

Innenminister Matteo Salvini will sich seinen Richtern entziehen. Gleichzeitig riecht es immer mehr nach möglichen Neuwahlen.
Der überraschende Alarmruf kam aus dem Mund des Regierungschefs: "Il governo traballa." Ausgelöst hat die Krisenstimmung einmal mehr der allgegenwärtige Innenminister Matteo Salvini. Der Lega-Chef hatte letzthin die Staatsanwälte verhöhnt, die ihn der Freiheitsberaubung beschuldigen, weil er die von der Militärfregatte Diciotti aufgenommenen Schiffbrüchigen fast eine Woche lang daran gehindert hatte, von Bord zu gehen. Dabei habe er "im Interesse Italiens gehandelt". Das erklärte der Lega-Chef am Wochenende in einem langen Schreiben an den Corriere della Sera . Aus diesem Grund müsse der zuständige Ausschuss des Senats die Aufhebung der Immunität verweigern. 
Die Kehrtwende ist ein Lehrstück des politischen Dilettantismus. Mit seinem Rückzieher bringt Salvini seine Verbündeten von der Fünf-Sterne-Bewegung in eine äusserst heikle Lage. Denn für die Grillini gilt die Regel, dass gewählte Volksvertreter sich der Justiz nicht entziehen dürfen. Kammerpräsident Robert Fico unterstreicht dieses Prinzip: "Salvini dev'essere processato, perchè la legge é uguale per tutti. Siamo stati e saremo sempre contro i privilegi della casta, anche quando, e a mggior ragione, quei privilegi possono esere usati dai membri del nostro stesso governo.
Die Kehrtwende ist ein Lehrstück des politischen Dilettantismus. Mit seinem Rückzieher bringt Salvini seine Verbündeten von der Fünf-Sterne-Bewegung in eine äusserst heikle Lage. Denn für die Grillini gilt die Regel, dass gewählte Volksvertreter sich der Justiz nicht entziehen dürfen.
Vizepremier Luigi Di Maio hatte deshalb vor zwei Tagen im Fernsehen angekündigt, dass seine Bewegung grünes Licht für die Gerichtsverhandlung geben werde. Die sieben M5S-Senatoren im zuständigen Senatsausschuss, der am heutigen Mittwoch zur ersten Sitzung zusammentritt, befinden sich nun in der Klemme.  Stimmen sie für für die Aufhebung der Immunität, riskieren sie eine Verurteilung des Innenministers und dessen unvermeidlichen Rücktritt. Stimmen sie dagegen, müssen sie heftige Proteste der Basis befürchten. Luigi Di Maio liess seiner  Verärgerung freien Lauf : "Salvini ci ha messo con le spalle al muro." Auch Alessandro Di Battista hatte den Innenminister öffentlich aufgefordert, auf seine Immunität zu verzichten und sich dem tribunale dei ministri  zu stellen. 
Die nun vom Regierungschef beklagte kritische Situation ist eine Verkettung unangebrachter Entscheidungen. Dazu gehört die in anderen EU-Staaten unvorstellbare Verhöhnung eines Gerichts durch den Innenminister. 
Dass Regierungschef Conte die politische Verantwortung für die Krise übernimmt, bleibt eine noble Geste. Der Premier zeigt sich zunehmend genervt vom ständigen Tauziehen in Sachen TAV, Autonomie für die Regionen des Nordens, Truppenrückzug aus Afghanistan, Gezänk um Venezuela und zahlreiche weitere offene Fragen. Seinen Rücktritt schliesse  er jedoch vorerst  aus, liess er aus Zypern mitteilen. 
Der 23-köpfige  Immunitätsausschuss unter dem Vorsitz von Maurizio Gasparri hat zwei Monate Zeit für seine Entscheidung. Doch je näher die Europawahlen im Mai rücken, desto nervöser wird das Klima in den beiden Regierungsparteien. Das beweist der heutige Kommentar des Lega-Präsidenten der Region Friaul-Julisch Venetien, Massimo Fedriga: "Dal mio punto di vista bisogna rimettere in discussione tutto. Perchè bisogna capire se il parlamento condivide le politiche del governo." Mit anderen Worten: Neuwahlen wären wünschenswert.