Politik | Gespräch mit Eva Klotz

„Mein Lebensauftrag: Ein selbstbestimmtes Südtirol“

Petition, Willenserklärung, selbstverwaltetes Referendum oder europäische Bürgerinitiative? Die Begrifflichkeiten verschwimmen, nehmen neue Formen an, bei der Südtiroler Freiheit. Eva Klotz, auf Urlaub in Korsika, ordnet sie für Salto.bz neu.
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Foto: AVS

Eines muss man ihr lassen: Ausdauer, Beharrlichkeit und Standfestigkeit. Diese Wert bringt die Frau mit dem langen Zopf mit. „Die Selbstbestimmung für Südtirol ist mein Lebensauftrag“, sagt Eva Klotz.

Frau Klotz, Sie sammeln viele Unterschriften. Wofür genau?

Man muss da zwei Sachen unterscheiden. Einmal gibt es die europaweite Unterschriftensammlung, die beim Europäischen Parlament deponiert werden soll. Da lautet die Frage: „Sind Sie dafür, dass die Grundlagen geschaffen werden, dass man in Europa das Selbstbestimmungsrecht der Völker anerkennt?“

Ist das jetzt die Petition, von der Sie sprechen?

Petition kann man nicht sagen, weil das Europäische Parlament das nicht offiziell anerkennt. Also, es ist eine Willenserklärung. Es geht darum europaweit eine Million Unterschriften zu sammeln. Diese Aktion führen wir mit vielen anderen Völkern ohne Staat durch, mit den Katalanen, den Basken, den Flamen. Mittlerweile dürften es 300.000 Unterschriften sein, bis April 2014 wird gesammelt. Die Unterschriften werden digital erfasst, das geht alles über Flandern.

Wie viele Unterschriften kommen bislang aus Südtirol?

Ich denke so an die 4.000 Unterschriften haben wir bisher gesammelt. Die müssen wir aber noch digitalisieren.

Einmal sammeln Sie auf europäischer Ebene mit, einmal selbständig auf Südtiroler Ebene.

Ja, unser selbstverwaltetes Referendum startet im September. Alle zu den Landtagswahlen zugelassenen WählerInnen kriegen einen Stimmzettel zugeschickt. Da können sie übers Internet abstimmen, über SMS oder über unsere Wahllokale, mit denen wir unterwegs sein werden. Rechtlich verbindlich ist das nicht, weil der Staat Italien dafür keine Zustimmung gegeben hat und weil die SVP das in Südtirol nicht haben will. Die Frage lautet hier: „Sind Sie dafür, dass die Südtiroler ihr Recht auf Selbstbestimmung anwenden um frei über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden.“

Eine Wahl im wahrsten Sinne des Wortes?

Genau, nur mit dem Unterschied, dass es rechtlich keine Folgen hat. Wie gesagt, es ist eine selbstverwaltete Abstimmung. Von September bis Ende November kann man mitmachen. Natürlich alles auf freiwilliger Basis, wer mitwählen will, kann sich beteiligen.

Rechtlich verbindlich ist also weder die Willenserklärung auf europäischer Ebene, noch das Referendum in Südtirol. Gaukeln Sie den SüdtirolerInnen etwas vor?

Auf keinen Fall, wir haben immer ganz klar und offen gesagt, es ist eine selbstverwaltete Abstimmung. Wir haben klar kommuniziert. Der Herr Dorfmann zum Beispiel hat uns vorgeworfen wir würden einen Schwindel betreiben, wir würden die Leute verwirren. Wir möchten einfach, dass eine Diskussion in Gang kommt. Über ein Thema, das die SVP immer versucht auf die Sachebene runterzudrehen.

Wie meinen Sie das?

Wenn wir die Frage der Selbstbestimmung lösen, dann lösen wir alle anderen Probleme leichter. Alles in Südtirol hängt davon ab, was die in Rom wollen. Das Familiengeld können wir nicht anders machen, das Skilehrergesetz können wir nicht anders machen. Das ist wirklich unmöglich. Genau hier wollen wir ansetzen – unser Wahlthema ist die Selbstbestimmung für Südtirol.

Und was erwarten Sie sich von Europa?
Wenn wir eine Million Unterschriften sammeln, dann kann das Europäische Parlament nicht sagen, „das geht mich nichts an“. Natürlich, wir betreten hier Neuland in Europa, aber warum sollen wir das nicht probieren.

Die Schotten sind für Sie Vorbild und Hoffnungsträger gleichzeitig?

Natürlich, die sind viel weiter als wir. Die Schotten stimmen rechtlich verbindlich 2014 ab. Das wurde auf der Ministerebene vertraglich so beschlossen. England hat gesagt „wir akzeptieren eure Entscheidung“. Wenn die Schotten sich für die Selbstbestimmung entscheiden, dann muss Europa handeln. Sie können die Schotten ja nicht aus der Europäischen Union ausschließen.

Meinen Sie die Südtiroler ziehen auch in diese Richtung?
Wir erhoffen uns auf jeden Fall eine neue Diskussion in Südtirol. Viele SVPler sagen heute, wir hätten etwas tun sollen als 1989 die Mauer fiel. Kurz vorher haben wir von der Union einen Beschlussantrag zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes in den Landtag eingebracht. Leider gab es damals keine Willensbekundung, heute bereuen das viele, dass man den Moment nicht genutzt hat. Es herrschte Aufbruchstimmung, damals in Europa.

Trauern Sie dem verpassten Moment nach?
Ich habe nichts zu betrauern, ich habe alles versucht. Und: Zu spät ist es nie. Der Ruf nach Selbstbestimmung ist in Südtirol seit 1919 niemals verstummt. Der Wunsch ist immer noch da, das ist wichtig. Die Selbstbestimmung für unser Land, das ist mein Lebensauftrag. Ich tu alles, was ich dafür tun kann. Wenigstens kann ich mir nicht vorwerfen, ich hätte nicht alles versucht, in diesem Leben.