Politik | Mobilität

H2-Busse als Innovationstreiber

Die Landesregierung folgt bereitwillig der Strategie der EU, um eine Infrastruktur für Wasserstoff aufzubauen. Unklar bleibt, woher der Strom dafür herkommen soll.
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Foto: SASA / Armin Huber
Es besteht mittlerweile weitgehend Konsens darüber, dass die Verbrennung fossiler Energieträger zu den Hauptverursachern des Klimawandels gehört. Der Straßenverkehr spielt hier eine wesentliche Rolle – laut dem Klimaplan des Landes ist er für 44 Prozent der in der Provinz ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Der kürzlich beschlossene Mobilitätsplan und der Masterplan zu Wasserstoff (H2) sollen bis 2035 dazu beitragen, die Dekarbonisierung im Personen- und Güterverkehr voranzutreiben.
Die derzeit heiß diskutierte Streitfrage dabei ist, ob die millionenschweren Investitionen in Wasserstoff angesichts der technologischen Entwicklung gerechtfertigt sind oder ob rein elektrisch betriebene Fahrzeuge für die Verkehrswende ausreichen. Während Akteure wie die Grünen oder der Klima Club Südtirol große Zweifel gegenüber der Nutzung von Wasserstoff für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) äußern, sieht man sich im Ressort von Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider (SVP) beinahe dazu gezwungen auch auf diese Technologie zu setzen.
Der Hunger nach erneuerbarer Energie nimmt zu.
Dabei beträgt das Gesamtbudget des Landesmobilitätsplans genauso viel, wie in den nächsten Jahren in Südtirol alleine für Wasserstoff ausgegeben werden soll, nämlich rund zwei Milliarden Euro. Das irritiert: “Der Klima Club Südtirol ist überzeugt, dass auf Basis objektiver Vergleiche die Wasserstoffmobilität nur eine sehr eingeschränkte Nischenanwendung sein kann. Prinzipiell fällt eine Umstellung auf reine Elektromobilität deutlich günstiger und effizienter als eine Umstellung auf Wasserstoff aus.”
 
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Madeleine Rohrer: “Wenn eine Technologie nicht das hält, was sie verspricht, muss sich das auch die Südtiroler Landesregierung eingestehen.” (Foto: Grüne)
 
Letztes Jahr hat die Landesregierung in Sachen Mobilität unter anderem beschlossen, für das Projekt “Brenner Green Corridor” 141 Millionen Euro in emissionsarme Technologien zu investieren. Madeleine Rohrer, Landtagskandidatin der Grünen, erklärt: “Alleine die Kosten für den Bau einer Wasserstoff-Tankstelle betragen laut dem Beschluss der Landesregierung 7,6 Millionen Euro, eine Zapfsäule für zwei E-Busse hat hingegen nur Kosten von 50.000 Euro, d.h eine Ladeinfrastruktur für 40 Busse samt Trafokabine kostet rund zwei Millionen Euro. Vor zehn Jahren war es noch nachvollziehbar, auf Technologieoffenheit zu setzen. Inzwischen haben sich Europa und der Markt aber entwickelt. Es gibt lithiumfreie Batterien mit Natrium, Tesla bringt einen E-Lkw mit 800 Kilometer Reichweite auf den Markt. Das sind überaus gute Nachrichten für die Elektromobilität.”
Durch die hohen Investititionen in Wasserstoff werde also das Tempo Richtung Klimaneutralität verlangsamt. “Wenn eine Technologie nicht das hält, was sie verspricht, muss sich das auch die Südtiroler Landesregierung eingestehen. Es mach keinen Sinn mit öffentlichen Geldern zwei Strukturen aufzubauen”, sagt sie im Hinblick auf die Ladeinfrastruktur für Strom und Wasserstoff.
 

Der Hunger nach Energie

 
Das würden auch die Zahlen bestätigen: Laut den im Klimaplan vorgestellten Daten schwankt die Südtiroler Stromproduktion mit Wasserkraft, durch zu erwartende häufigere Trockenperioden und der damit einhergehenden Wasserknappheit wird die Produktion eher sinken als steigen. Des Weiteren kam eine im Auftrag des Landes durchgeführte Studie des Instituts für Energie und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) kürzlich zum Schluss, dass der über den Verbrennungsofen in Bozen produzierte Strom mehr CO2-Äquivalente einspart, wenn er weiterhin ins nationale Stromnetz eingespeist wird, anstatt für die Produktion von Wasserstoff für H2-Busse eingesetzt zu werden. Erst wenn sich der Strommix ändert und wesentlich mehr erneuerbare Energien zur Verfügung stehen, dann könnte die Produktion und der Einsatz von Wasserstoff zukünftig eine Emissionsminderung zur Folge haben, verglichen mit dem Einsatz von Diesel-Bussen.
Würde die gesamte Fahrzeugflotte der Welt mit Batterien umgerüstet werden, dann gibt es laut Studien nicht genügend Ressourcen dafür auf der Welt.
“Der Hunger nach erneuerbarer Energie nimmt zu. Deshalb ist es für mich falsch, in eine Technologie zu investieren, die mehr Strom braucht als eine andere. Wir werden Wasserstoff brauchen, aber nicht für Busse, sondern für die Industrie”, so Rohrer von den Grünen. “Das belegt nicht nur die Studie des Ifeu im Auftrag des Landes, sondern auch eine Studie der Eurac zur Effizienz von Bussen in der Landeshauptstadt selbst.” Bei Letzerer wurde der Energiebedarf der E- und H2-Busse auf den Straßen von Bozen und Leifers gemessen: Dieser ist bei mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen um 126 bis 145 Prozent höher. “Weder das Trentino noch Innsbruck investieren in Wasserstoff, sondern in Elektrobusse. Deshalb ist nun eine Änderung der Fahrtrichtung notwendig”, schlussfolgert Rohrer.
 
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Martin Vallazza: “Der Masterplan für Wasserstoff sieht eine Strategie vor, die wir jetzt genauer definieren und laufend an die internationale Entwicklung anpassen.” (Foto: LPA / Fabio Brucculeri)
 
Der Direktor des Ressorts für Infrastruktur und Mobilität, Martin Vallazza, hält dagegen: “Bei den Kleinfahrzeugen wie Pkws wird Wasserstoff keine große Rolle mehr spielen, davon bin ich auch überzeugt.” Beim Bus- und Lkw-Verkehr sei die Frage allerdings noch nicht endgültig geklärt: “Der Masterplan für Wasserstoff sieht eine Strategie vor, die wir jetzt genauer definieren und laufend an die internationale Entwicklung anpassen. Erst vor zwei Wochen besuchten wir einen Verkehrsbetrieb in München.” Die Techniker in Bayern bestätigen, dass im urbanen Raum der rein elektrisch betriebene Bus im Vorteil sei, aber im Überland werde aufgrund der langen Fahrtstrecken und Steigungen auch mit Wasserstoff experimentiert. “Auch im Gespräch mit Herstellern wird klar, dass sie auf beide Schienen setzen, weil sie noch nicht genau wissen, wo es hingeht.”
Ein weiteres Argument für Wasserstoff sei der Winter. “Kein rein elektrisch betriebener Bus funktioniert derzeit im Winter ohne Dieselstandheizung. Der Wasserstoffbus ist zwar etwas ineffizienter, aber bei der Umwandlung von Wasserstoff aus der Brennstoffzelle in Strom wird Wärme frei, die für die Beheizung des Busses verwendet werden kann”, erklärt Vallazza.
Außerdem ist die Herstellung einer Brennstoffzelle weniger ressourcenintensiv als die einer Batterie: “Würde die gesamte Fahrzeugflotte der Welt mit Batterien umgerüstet werden, dann gibt es laut Studien nicht genügend Ressourcen dafür auf der Welt.” Zudem findet der Abbau seltener Erden häufig in Ländern wie China oder Kongo statt, wodurch neue Abhängigkeiten geschaffen werden. Kongo wird darüber hinaus für die Kinderarbeit in den Kobaltminen kritisiert, der Rohstoff wird für Batterien der E-Autos eingesetzt.
 

Flexibler Energiespeicher

 
Die Fördermittel seien auf EU-Ebene und im Wiederaufbaufonds PNRR verstärkt auf die Wasserstofftechnologie ausgerichtet. “Wenn die Technologie so sinnlos wäre, wie behauptet wird, dann würde es auch keine so großen Fördertöpfe dafür geben. Der ÖPNV ist hier ein Treiber, um zu garantieren, dass es für die Produktion von Wasserstoff Abnehmer gibt. Durch die Bereitstellung von Wasserstoff-Tankstellen ermöglichen wir es aber auch privaten Unternehmen, ihre Lkw-Flotte auf Wasserstoff umzusatteln”, so Vallazza. Neben den Geldern für Wasserstoff investiere das Land aber auch in rein elektrisch betriebene Fahrzeuge, etwa Elektrobusse für Brixen und die Inhouse-Gesellschaft SASA um rund zehn Millionen Euro. “Alles, was in die Elektromobilität investiert wird, kommt aus dem Landeshaushalt. Fast alles, was wir in die Wasserstofftechnologie investieren, kommt aus Europa.”
 
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Wasserkraft in Südtirol: Die Produktion ist Schwankungen unterworfen, das betrifft die Wind- und Solarkraft noch stärker. (Foto: Seehauserfoto)
 
Die Pläne der EU für Wasserstoff und Energie sehen vor, dass bis 2030 in Europa zehn Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr mit erneuerbaren Energien produziert und weitere zehn Millionen Tonnen importiert werden. Bis 2024 soll die Produktion mithilfe öffentlicher Unterstützung in einem ersten Schritt auf bis zu eine Million Tonnen anwachsen. Das Budget für die europäischen Fördermittel umfasst 145 Milliarden Euro.
Das hat bei genauerer Betrachtung einen Grund, der wenig mit Transportfahrzeugen zu tun hat: Um das Ziel der Dekarbonisierung zu erreichen, braucht es einen Ausbau der erneuerbaren Energien. Gleichzeitig braucht das Stromnetz eine stetige Zufuhr an Energie. Da Wind- und Solarkraft sowie in geringerem Maß auch die Wasserkraft Schwankungen unterworfen sind – und nicht immer gleich viel Strom produzieren, braucht es Stromspeicher. Und hier kommt der Wasserstoff ins Spiel. “Wenn wir beispielsweise in Südtirol im Frühjahr bei der Schneeschmelze eine Überproduktion bei der Wasserkraft haben, kann dieser Strom durch Wasserstoff zwischengespeichert werden. Bei Bedarf kann der Wasserstoff dann in Strom umgewandelt werden, die Restwärme ist für Warmwasser und Heizsysteme nutzbar. Dadurch können wir von den fossilen Brennstoffen unabhängiger werden. Saudi-Arabien zahlt einem Fußballer wie Cristiano Ronaldo einen Jahresgehalt von 200 Millionen Euro, das sind unsere Gelder, die wir für Diesel und Benzin zahlen”, so Vallazza.
Eines dürfte allerdings klar sein: Wenn Wasserstoff mit fossilen Energieträgern produziert wird, ist dem Klimaschutz auch nicht geholfen.
 
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Profil für Benutzer Massimo Mollica
Massimo Mollica Do., 21.09.2023 - 00:01

Personalmente penso che l' idrogeno sia un azzardo. I costo sono alti e attualmente non si vedono prospettive concrete. Sulla mobilità privata è chiaro che l' elettrico vince di sicuro. Con l' affinamento delle batterie , e ci sono tantissimi finanziamenti a riguardo, si arriverà anche al trasporto pesanti su gomma. Forse ha un futuro nell' aviazione, ma qui da noi l' aereoporto è piccolo.Nel resto d' Europa progetti incentrati sull' idrogeno sono stati abbandonati (sia per bus che per treni). Una stazione di ricarica per l' idrogeno costa più di 10 volte di una colonnina elettrica, va rifornitoa di idrogeno con camion e il costo di gestione è altissimo. Una colonnina elettrica costa poco e non fa altro che erogare l' energia che già viene distribuita. Se dotassimo ogni stazione di servizio della A22 con 20 stalli da 350 kW e obligassimo, con incentivi, le stazioni di rifornimento della provincia a dotarsi di almeno 5 colonnine da almeno 100 kW (molte delle quali sarebbero della sudtirolese Alpitronic) ci porremmo all' avanguardia in Europa, a un costo minore rispetto alla strada dell' idrogeno. Che ripeto è un azzardo, è come puntare su un numero alla roulette.

Do., 21.09.2023 - 00:01 Permalink