Umwelt | Speicherbecken

Fehlende Rücksicht

Der Dachverband für Natur und Umweltschutz spricht sich vehement gegen den Bau des Speicherbeckens im Kalterer Wald aus.
Faggeta di Altenburg
Foto: Seehauserfoto
  • Das Projekt eines Speicherbeckens im Kalterer Wald nimmt keinerlei Rücksicht auf Umwelt und Landschaft. Deshalb spricht sich der Dachverband gegen die Verwirklichung des Beckens aus, und zwar auch mit Verweis auf die problematischen Besitzverhältnisse. Zudem kommen der größten Umweltorganisation im Land im Planungsprozess auch Information, Transparenz und Bürgerbeteiligung zu kurz.
    Leider hatte man bei der Ausarbeitung des Projekts nur die Bedürfnisse der Landwirtschaft vor Augen, ohne auf ökologische, landschaftliche und besitzrechtliche Aspekte Rücksicht zu nehmen“, erklärt Josef Oberhofer, Präsident des Dachverbandes.

  • Präsident Josef Oberhofer: „Offensichtlich wollte man diesen unbequemen Fragen aus dem Weg gehen“. Foto: Martin Geier

    Die Eile, das Großprojekt im Kalterer Wald durchzudrücken, sei wohl auf die mögliche Finanzierung über Gelder aus dem staatlichen Aufbaufonds PNRR zurückzuführen, heißt es aus dem Dachverband für Natur- und Umweltschutz
    Aus ökologischer und landschaftlicher Sicht stellt sich der Dachverband vor allem die Frage, ob es angemessen und mit Blick auf die Nachhaltigkeit zu verantworten sei, zwölf Hektar Wald einem Speicherbecken zu opfern. „Und ob es überhaupt möglich ist, die Hälfte dieser Fläche wieder zu bewalden, wie im Projekt vorgesehen ist, ist fraglich“, so Oberhofer. Grundsätzlich seien Waldrodungen in Zeiten des akuten Klimawandels abzulehnen. Und auch über den Bedarf der Landwirtschaft an öffentlichem Gut sei zu diskutieren. „Wir sind der Meinung, dass die Landwirtschaft ihre Infrastruktur auf den dafür vorgesehenen Flächen verwirklichen muss, also im landwirtschaftlichen Grün“, erklärt Oberhofer.

  • Zweifel hat der Dachverband zudem am Nutzen des Speicherbeckens, das mit Verweis auf die Notwendigkeit für Zivilschutzzwecke gerechtfertigt wird. „Die Frage ist, ob die vorhandenen Löschwasserteiche in Kaltern nicht ausreichen und es wirklich noch einen weiteren Speicher mit einem Fassungsvermögen von 15.000 Kubikmetern braucht“, so der Präsident des Dachverbandes. Ebenfalls fraglich sei, wie das Wasser aus dem Speicher in den Siedlungsraum gelangen soll bzw. von dort in den Speicher. „Und nicht zuletzt fehlt uns die Antwort auf die Frage, welchen Einfluss das Speicherprojekt auf die Trinkwasserversorgung der Gemeinde hat“, erklärt Oberhofer.

    Wir sind der Meinung, dass die Landwirtschaft ihre Infrastruktur auf den dafür vorgesehenen Flächen verwirklichen muss, also im landwirtschaftlichen Grün“.

    Sauer stößt dem Dachverband auch auf, dass es rund um das Speicherprojekt an jeglicher Transparenz und Bürgerbeteiligung fehle. „Bei einem Projekt dieser Größenordnung wäre eine öffentliche Entscheidungsfindung nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, auch weil man darin Fragen zu Standort, Größe und eventuellen Alternativen klären könnte“, so der Präsident des Dachverbands. „Aber offensichtlich wollte man diesen – mitunter unbequemen – Fragen in Kaltern aus dem Weg gehen.“
    Die Bürgerbeteiligung sei bei diesem Projekt überdies noch aus einem weiteren Grund unumgänglich: Schließlich ist die Gemeinde Kaltern nicht Eigentümerin der notwendigen Flächen. Diese sind vielmehr mit bürgerlichen Nutzungsrechten belegt. „Diese Rechte stehen allen Bürgerinnen und Bürgern zu, die Gemeinde nimmt für solche Flächen nur eine ähnliche Rolle ein wie ein Kondominiumsverwalter – mehr nicht“, so Oberhofer.

     

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Josef Fulterer Fr., 24.11.2023 - 06:30

Bei PNRR + anderem "geschenktem Geld," setzt beim SÜDTIROLER der Verstand aus. Da kann nie groß genug in die Landschaft hinein geklotzt werden.
Für den Zivil-Schutz reichen die nahen Kalterer- + Montoggler- See-en

Fr., 24.11.2023 - 06:30 Permalink
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Günther Stocker Fr., 24.11.2023 - 07:44

Nicht nur beim PNRR sondern auch bei vielen anderen Projekten mit viel Landesgeld- Skipisten und Skilifte wir immer nur geklotzt und wenig an die Allgemeinheit gedacht.
Da haben wir schon richtig viel Erfahrung!

Fr., 24.11.2023 - 07:44 Permalink
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Franz Pattis Fr., 24.11.2023 - 11:38

„Und ob es überhaupt möglich ist, die Hälfte dieser Fläche wieder zu bewalden, wie im Projekt vorgesehen ist, ist fraglich“, so Oberhofer im obigen Artikel. Weiters sagt der Präsident des Dachverbändes noch: „Grundsätzlich seien Waldrodungen in Zeiten des akuten Klimawandels abzulehnen“.
Und ich frage mich an dieser Stelle ob Oberhofer bei umweltschädlichen Projekten bzw. Waldrodungen mit zweierlei Mass misst?
Grund: Der Dachverbands-Präsident war Ende Juli persönlich anwesend am Sitz der Firma Progress als das neue Projekt zur Zerstörung des Brixner Auwaldes für ein 3D-BETON-Drucker Industiegebäude vorgestellt wurde. Und er lobte dabei die dafür vorgesehenen Ausgleichsmassnahmen bzw. die Erweiterung der Millander Au in eine Bauschutt- bzw. Mülldeponie mit Altölvorkommen und starker Pestizidbelastung. Dabei fragte sich Oberhofer allerdings nicht, ob eine Bewaldung dort überhaupt möglich ist?!
Weiters sprach sich der Dachverbands-Präsident bei dieser Pressekonferenz am Sitz der Firma Progress in keinster Weise für den Schutz des Auwaldes in der Industriezone aus! Obwohl es sich dabei um ein sehr wertvolles Vogelhabitat (auch 7 Arten der Roten Liste!! brüten dort) und wichtigen CO2 Speicher handelt!
2018 als bereits ein kleiner Teil des Auwaldes im Süden für die Firma Viropa gerodet wurde, klang das noch ganz anders: https://www.umwelt.bz.it/aktuelles/neuigkeiten/archiv/ug-eisacktal-offe…
Erlaube mir an dieser Stelle die Frage zu stellen woher diese Wende von 180 Grad kommt?
NB. Die Ausgleichsmassnahmen für die Auwaldrodung sind nichts anderes als ein totales Greenwashing, siehe: https://salto.bz/en/article/08092022/greenwashing-made-brixen

Fr., 24.11.2023 - 11:38 Permalink
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Hartmuth Staffler Fr., 24.11.2023 - 13:25

Die Zeitung "Brixener Chronik" hat bereits im Jahr 1912 vorgeschlagen, den damals noch großen Auwald rechts des Eisacks im Süden von Brixen als Naturschutzgebiet auszuweisen. Bei der Errichtung des Industriegebietes ab Ende der 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat man sich darauf geeinigt, zumindest einen kleinen Rest des einst großen Auwaldes zu erhalten. Nun soll auch dieser kümmerliche, wohl nicht zufällig, sondern ganz bewusst übel zugerichtete Rest verschwinden. Als sogenannter "Ausgleich" ist vorgesehen, eine etwa halb so große Fläche, einst Mülldeponie, dem Biotop Millander Au auf der anderen Flussseite hinzuzufügen. Anscheinend war man in Brixen vor mehr als 100 Jahren umweltmäßig vernünftiger als heute.

Fr., 24.11.2023 - 13:25 Permalink
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Karl Gudauner Fr., 24.11.2023 - 14:06

Die Bevölkerung braucht endlich ausführliche Informationen zu dem Projekt. Es ist zu klären, wie die Entscheidungslage aussieht, wie die Eingriffe in den entsprechenden Beschlüssen (falls vorhanden) begründet sind, welche technischen und ökologischen Expertisen eingeholt worden sind, ob Alternativprojekte in Betracht gezogen worden und noch umsetzbar sind, welche Position die Verantwortungsträger einnehmen und ob seitens der Gemeinde (Ausschuss, Rat??) die Bereitschaft besteht, das aktuelle Projekt zu überdenken. Von Bedeutung ist u.a., welche Wasserzuflüsse aus dem Altenburger Wald (u.a. Rastenbachklamm??) die Speicherbecken speisen sollen.

Fr., 24.11.2023 - 14:06 Permalink
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Salto User
nobody Fr., 24.11.2023 - 19:52

Der NEIN-Reflex stößt immer etwas säuerlich auf, genauso wie das oftmals präpotente Auftreten beim Vorstellen von Großprojekten. Die Wahrheit liegt meist irgendwo dazwischen und nennt sich Kompromiss. Karl Gudauner bringt es auf den Punkt.

Fr., 24.11.2023 - 19:52 Permalink