Politik | Gastkommentar

Unaufgeforderter Rat an Kompatscher & Co

Das „Quartier Rombrücke“ in der Gewerbezone Bozens ist laut PD-Stadtrat Stefano Fattor nur ein kluger Schachzug gewisser Bauunternehmer. Aber kein Vorteil für die Stadt.
Stefano Fattor
Foto: Salto.bz
  • Wenn es keine sensationellen Wendungen gibt, wird es eine Mitte-Rechts-Koalition aus SVP, FdI, Freiheitlichen, Civica und Lega in der Regierung dieser seltsamen Provinz geben. Ich wünsche Ihnen und uns alles Gute. Zwischen einem Antrag für einen Sicherheitsrat (Galateo) und einem mit einem Auftrag "für Bozen" (Bianchi) bin ich sicher, dass das Problem der Präsenz afrikanischer Drogenhändler in der Hauptstadt gelöst und die SS12 in wenigen Jahren gebaut wird. Eines hoffe und erwarte ich als Bozner Bürger von den Bozner Landesräten: Dass sie nicht den durchschlagenden und unwiderruflichen Fehler machen, auf die Sirenen derjenigen in der SVP zu hören, die das gigantische Wohnungsproblem in Bozen durch den Bau von Häusern in der Gewerbezone lösen wollen, vielleicht durch den Bau des neuen Viertels zwischen Avogadro-, Lancia- und Grandistraße, das von einigen Bauunternehmern vorgeschlagen wurde. Es gibt mindestens sieben Dinge, die man wissen sollte.

    1. Der Vorschlag beruht auf einem instrumentellen Narrativ, nämlich dem, dass es in der Gewerbezone Bozen an Unternehmen mangelt, die sich dort ansiedeln wollen. Beginnen wir mit dem Grundstück, das Gegenstand des Vorschlags ist; Fragen Sie sich, ob es wirklich verlassen ist und nicht stattdessen von denselben Unternehmern gekauft und dann absichtlich blockiert wurde, in dem Glauben, dass es in ein Mischgebiet umgewandelt werden würde, ein Ziel, das seine Rentabilität um das Sechs- bis Achtfache steigern würde. Jemand hat sie vielleicht dazu gebracht, dies zu glauben. Dieselbe Erzählung geht davon aus, dass es viele Gebiete gibt, die sich in demselben Zustand befinden. Bei den angeblich leerstehenden Flächen handelt es sich um drei, von denen sich eine im Besitz der Provinz befindet (ehemalige Iveco-Teststrecke, in der Enzo Ferrari-Strasse). Innerhalb weniger Monate werden die vorläufig abgelagerten Erdhaufen aus der Rekultivierung der ehemaligen Müllverbrennungsanlage abgetragen; die Zuweisung an die in der Liste aufgeführten Unternehmen erfolgt unmittelbar danach. Das zweite Projekt stammt von der Joghurtfirma Stuffer, die das Projekt zur Verdoppelung des Geländes wegen der bevorstehenden Baustelle der Provinz für die Überführung der Einstein-Strasse, mit der sie in Konflikt geraten würde, eingefroren hat. Das Grundstück ist vorläufig an die SASA vermietet, die es als Lagerhaus nutzt. Das dritte "leere" Grundstück gehört der Firma Beikircher Grünland aus dem Pustertal (landwirtschaftliche Produkte). Sie wird demnächst das Projekt für den Bau ihres Firmensitzes übergeben. Es gibt also keinen Mangel an Unternehmen und keine leeren Grundstücke.

    Der Bau eines Stadtviertels bedeutet, dass man den Einsatz von Sozialdiensten einplanen muss.

    2. In ganz Italien hat das enge Nebeneinander von Wohnhäusern und Stahlwerken zu Problemen geführt und führt auch heute noch zu solchen. Die Häuser werden in der Regel von den Stahlwerken verdrängt. In diesem Fall sollen 1.000 Wohnungen ex novo einige Dutzend Meter vom Werk Valbruna (das die Schallschutzklasse 5 beantragt hat) gebaut werden, wobei der Konflikt mit der Sicherheit vorhersehbar ist, und 100 Meter Luftlinie vom Autobahnviadukt entfernt.

  • Das Megaprojekt: Das „Quartier Rombrücke“ grenzt an die Stadtviertel Haslach-Oberau und Don-Bosco im Bereich zwischen Romstraße, Achille-Grandi- und Lanciastraße im Norden der Gewerbezone von Bozen. Foto: succus
  • 3. Generell ist der Bau von Wohnungen in Produktionsgebieten ein strategischer Fehler für das gesamte Wirtschaftssystem der Provinz. Die Produktionsgebiete nehmen 2.000 Hektar Land ein (von insgesamt 740.000) und erwirtschaften 25 % des BIP. Apfelplantagen zum Beispiel nehmen 20.000 Hektar ein und produzieren 5 % des BIP. Valbruna ist der größte Steuerzahler der Provinz. Wenn man anfängt, verfügbare Flächen durch Wohngebiete zu ersetzen, wandern die Unternehmen einfach ab. Weniger Unternehmen, weniger Einnahmen, weniger Geld zur Finanzierung von Dienstleistungen (Gesundheit, Schule, Pflege). Wenn man anfängt, in produktiven Gebieten Dauerwohnsitze zu bauen, müssen früher oder später Kindergärten, Vorschulen und Grundschulen und andere Dienstleistungen gebaut werden, was eine andere Nutzung von produktiven Gebieten erforderlich macht.

    4. Insbesondere ist das Projekt in Bezug auf die Baudichte falsch, die es gemäß dem Ministerialdekret Nummer 1444 von 1968 in Bozen und anderswo entstandenen Stadtteilen noch nie gab. 10 Kubikmeter pro Quadratmeter (m3/m2) bedeutet fast das Dreifache der Dichte der Stadtteile Kaiserau und Firmian und das Zweieinhalbfache der Dichte von der Grieser Au. Man stelle sich die Gebäude in Kaiserau vor und multipliziere sie auf der gleichen Fläche mit 3 und man erhält die Dichte des vorgestellten Stadtteils. Es ist auch wahrscheinlich, dass man 10 m3/m2 vorschlägt, wohl wissend, dass kein Verwalter dies zulassen würde, und dann auf 7 oder sogar 6 m3/m2 heruntergeht. Es versteht sich von selbst, dass dies immer noch zu viel wäre; etwas weniger als doppelt so viel wie Kaiserau oder 50% mehr als Grieser Au. Hohe Dichte ist keine Tugend.

    Ein bereits gesehener Film, der nicht wiederholt werden soll.

    5. Das Viertel soll mit 1.000 Wohneinheiten, 20.000 m² Büros, 500 Miniwohnungen für Studenten und 5.000 m² Geschäften ausgestattet werden. Geplante Parkmöglichkeiten: 1.000 Stellplätze. Ein solches Durcheinander von Aktivitäten und Autos in einem der heikelsten Bereiche des ohnehin schon sehr kritischen Bozner Straßennetzes zu platzieren, würde bedeuten, die geplanten Arbeiten zur Verkehrslenkung zunichte zu machen, für die die Landes- und Stadtverwaltung schließlich beschlossen hat, 150 Millionen Euro zwischen Einstein-, Grandi-, Innsbruck-, Galilei-, Siemens- und Buozzistraße zu investieren.

    6. Sollte dieses Stadtviertel genehmigt werden, würde dies bedeuten, dass eine vom Rest der Stadt losgelöste Enklave entsteht, was im Gegensatz zu den Befürwortern steht, die ihn als baryzentrisch und zentral beschreiben. Zentralität wird im Städtebau nicht nur durch Geometrie erreicht, sondern durch die physische Verbindung mit dem Gebiet. Der Bau eines Stadtviertels bedeutet, dass man den Einsatz von Sozialdiensten einplanen muss, wie es in einigen der jüngsten Siedlungen bereits geschehen ist. Außerdem würde, wenn wirklich preiswerter Wohnraum vorgeschlagen wird, ein Viertel ohne die notwendige soziale Mischung entstehen, eine offensichtliche Voraussetzung für künftiges Unbehagen in der Gemeinschaft, die das Viertel bewohnen wird. Ein bereits gesehener Film, der nicht wiederholt werden soll.

    7. Schließlich ist nicht einzusehen, warum angesichts einer bebauten Stadt von 10 Quadratkilometern die Wohnbebauung auf Kosten von 2,8 Quadratkilometern produktiver Fläche geplant werden soll, wo es doch 12 Quadratkilometer landwirtschaftliche Grünflächen gibt, von denen ein großer Teil intensiv chemisch behandelt wird (zum Nachteil der Biodiversität) und die zum großen Teil innerhalb der Stadt liegen und gut mit ihr verbunden sind. Dort würde die Ausdehnung der Stadt keines der 6 oben genannten Probleme mit sich bringen. 

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Stephan Schwarz Mo., 11.12.2023 - 23:53

Man spricht immer über mangelnden Baugrund im Raum Bozen, vor allem für "leistbares " Wohnen, hat man die Überlegung noch nie gemacht, unter der MEBO Überführung in Frangart z.B.ein Studentenwohnheim zu bauen, der Grund, der kubaturmäßig immens groß ist, gehört dem Land. Das wäre eine super Möglichkeit , mitten im Grün und in der Nähe der Uni. Von Politikern viel beliebte Lokalaugenscheine könnten auch mal dorthin führen.

Mo., 11.12.2023 - 23:53 Permalink
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Massimo Mollica Mo., 11.12.2023 - 23:58

Personalmente ero abbastanza favorevole al progetto ma queste considerazioni le trovo molto valide. E secondo me ha ragione e quindi ho cambiato idea. Quello che mi viene a da aggiungere è che se veramente vogliono costruire un huovo quartiere beh allora lo facciano nell' areale! Si accantona il progetto che ha vinto e si faccia una gara di riqualificazione. La cordata avrà molte possibilità di vincere. Io sono favorevole al privato che crea benefici al pubblico.

Mo., 11.12.2023 - 23:58 Permalink
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Thomas Unterwinkler Di., 12.12.2023 - 00:28

Der Klimawandel bringt für die Stadt fortschreitende Erwärmung, höhere Maximaltemperaturen und eine höhere Wärmespeicherung. Ein wesentlicher Faktor dafür ist der Versiegelungsgrad. Je höher dieser ist, desto schlimmer wird es.
Im Hinblick darauf ist die Versiegelung von landwirtschaftlichem Grün (wie hier vorgeschlagen anstelle der Nutzung von bereits versiegeltem Gebiet) keine gute Idee.

Di., 12.12.2023 - 00:28 Permalink
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Markus Lobis Di., 12.12.2023 - 11:51

Anfangs fand ich das Vorhaben gar nicht so uninteressant. Aber: Alle Überlegungen von Stadtrat Fattor sind stichhaltig und klar. Wird sich trotzdem das x-te Mal die bewährte Kombination aus Schlaumeierei, Geld und Freunderlwirtschaft durchsetzen, die Bozen als Spielfeld auserkoren hat? Ist das einzige Kriterium für jede noch so verwegene Schnapsidee der Umstand, dass der allerheiligste Grieser Grünkeil nur von direkt Interessierten angerührt werden darf?

Di., 12.12.2023 - 11:51 Permalink