Politik | Österreich-Wahl

Blaue Demokratieverfechter

Die FPÖ wird die österreichischen Bundespräsidentenwahlen anfechten – aufgrund einer “Unzahl von Unregelmäßigkeiten und Pannen”. Südtirols Freiheitliche sind zufrieden.

Die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) wird die Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten. Das hat Parteichef Heinz-Christian Strache am Vormittag auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Bereits am Tag nach den Wahlen am 22. Mai, als das denkbar knappe Ergebnis (Alexander Van der Bellen gewann mit 30.863 Stimmen Vorsprung auf Norbert Hofer) feststand, waren in den sozialen Netzwerken Vorwürfe laut geworden, dass bei der Auszählung der Briefwahlkarten nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Die FPÖ, deren Kandidat der Wahlverlierer Hofer war, hatte angekündigt, eine Anfechtung des Wahlergebnisses zu prüfen.

Nun, gut zwei Wochen nach der Bundespräsidentenwahl, steht fest: “Wir werden diese Wahl anfechten.” Das verkündete Strache vor versammelter  Presse am Mittwoch Vormittag in Wien. Nachdem man in der FPÖ eine “Unzahl von Unregelmäßigkeiten und Pannen” festgestellt hatte, die auch vonseiten der Bevölkerung gemeldet worden waren, fühle man sich zu diesem Schritt verpflichtet, so Strache. Konkret geht es ihm um 570.000 Wahlkarten (885.437 waren im Vorfeld der Wahl ausgegeben worden) und 94 von 117 Bezirkswahlbehörden, in denen Gesetzeswidrigkeiten festgestellt  worden seien: Stimmkuverts in der falschen Farbe, Wahlkarten, die vor dem Eintreffen der Wahlkommission vorsortiert worden seien, Hinweise darauf, dass “nicht österreichische Staatsbürger” und Unter-16-Jährige an der Wahl teilgenommen haben – das sei nur “die Spitze des Eisberges”, so der Jurist und Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer, der mit Strache zur Pressekonferenz gekommen war und die FPÖ bei ihrem Rekurs unterstützt.

“Wir sind keine schlechten Verlierer (wie es der FPÖ etwa von den Grünen vorgeworfen wird, Anm.d.Red.), da geht es um die Grundfeste der Demokratie, die gesichert sein müssen”, erklärte Strache der Presse. Vor allem aber: “Ohne diese Pannen und Unregelmäßigkeiten hätte Hofer Präsident werden können.” Nun wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden, ob die Wahl wiederholt beziehungsweise teilweise wiederholt werden muss.

Genugtuung über die Anfechtung äußert der Landtagsabgeordnete der Südtiroler Freiheitlichen Sigmar Stocker: “Wenn Wahlen nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden und der Schlendrian Einzug hält oder auch bewusste Gesetzeswidrigkeiten stattfinden, dann wackelt die Grundsäule der Demokratie. Deshalb begrüße ich die Entscheidung der FPÖ außerordentlich, welche nicht nur für Österreich wichtig ist. Denn es muss absolut garantiert sein, dass der Bürger sich bei Wahlen sicher fühlt und seine Wahl nicht manipuliert oder betrogen wird.”

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Alessandro Stenico Mi., 08.06.2016 - 19:12

Abgesehen davon ob diese Anfechtung Aussicht auf Erfolg hat, was ich bezweifle, finde ich zu die diesen Anlass interessant unser Wahlmodus mit den österreichischen zu vergleichen.
Das italienische Wahlgesetzt ist sicher aufwendiger, aber verhindert zum Beispiel solche Fehler die in Österreich vorgekommen sind, wie die fälschliche Zulassung zur Wahl von Minderjährigen oder ausländische Staatsbürger, denn die Wählerlisten die zur Wahl bestimmt sind, werden bei uns nachdem sie von den jeweiligen Gemeinden gedruckt werden von den Bezirkswahlkommissionen überprüft, verglichen mit den eigenen Kopien und erst danach genehmigt.
Was die Briefwahl betrifft hat unser vorsichtige Modus auf Landesebene sich bis jetzt bewährt, bei Parlamentswahlen oder nationale Volksbefragungen sind hauptsächlich nur Staatsbürger die den Hauptwohnsitzt im Ausland verlegt haben, zugelassen. Bei Heimatferne finde ich das österreichische oder deutsche System besser, diejenigen die wählen wollen, müssen sich eigen melden und die Eintragung beantragen. Schade dass mit der Wahlreform Italicum und mit der Verfassungsreform Renzi-Boschi, sich niemand getraut hat das absurde Wahlgesetz von „Ministero degli Italiani nel mondo“ von Mirko Tremaglia abzuschaffen.
Siehe auch: http://www.tt.com/politik/innenpolitik/11603586-91/in-tirol-hatten-wahl…

Mi., 08.06.2016 - 19:12 Permalink
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alfred frei Do., 09.06.2016 - 09:29

Strache könnte einfordern daß bei Volksbefragungen- bzw. Abstimmungen, wie beim Wetter, die gefühlte und nicht die tatsächliche Stimmungslage ausschlaggebend ist. Das wäre eine revolutionäre Entwicklung der partizipativen Demokratie in ein neues Demokratieverständnis, dem der Verfassungsgerichtshof Folge leisten müßte. Oder nicht Südtiroler Freiheitliche ?

Do., 09.06.2016 - 09:29 Permalink