Politik | Ein Plädoyer für eine nachhaltigere, solidarischere und mutigere Politik in der Landeshauptstadt

Bozen - ein Plädoyer

Bozen hat ein großes Potential, was aber bisher meist fehlte war der Mut etwas zu bewegen. Das sollte sich schleunigst ändern.
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Vorausgeschickt

Bozen ist mit ca. 105.000 Einwohnern (Stand 2013) die größte Gemeinde in Südtirol. Als Landeshauptstadt ist sie auch Sitz der Landesregierung und des Landtages sowie der verschiedenen Landesämter.

Wenn man bedenkt, dass Südtirol im Jahre 2013 Rund 515.000 Einwohner hatte, so kann man sagen, dass ungefähr jeder fünfte Südtiroler in Bozen lebt.

In Südtirol sah die Verteilung der Sprachgruppen im Jahre 2011 wie folgt aus: 62,3% erklärten sich Deutsch, 23,4% Italienisch, 4,1%, Ladinisch und 10,2% anders.

In Bozen sah die Verteilung so aus:, 73,80% erklärten sich Italienisch, 25,52% Deutsch, 0,68% Ladinisch.

Das Verhältnis zwischen deutschen und italienischen Bürgern ist in der Landeshauptstadt also fast genau umgekehrt wie auf Landesebene.

Verbunden mit der Tatsache, dass die alten ethnischen Gräben noch immer nicht überwunden wurden, hat dazu geführt, dass ethnische Spannungen - quer durch die politischen Lager - nach wie vor an der Tagesordnung sind.

 

Bozen – die Kulturstadt

Bozen ist seit Jahrhunderten eine Stadt des kulturellen Austausches. Als alte Handelsstadt, an einer wichtigen Nord-Süd Route, ist es seit dem Mittelalter ein Treffpunkt von italienischen und deutschen Händlern. Über die Händler, die sich immer wieder niederließen, kam auch deren Kultur und Lebensweise nach Bozen.

Dieser kulturelle Austausch ist vor allem künstlerischer, architektonischer und kulinarischer Natur.  So lassen sich heute sowohl Fresken von italienischen als auch deutschen Meistern in den verschiedensten Kirchen in und um der Stadt finden. In der Altstadt (und darüber hinaus) gibt sowohl deutsch geprägte Gebäude, wie das alte Rathaus, als auch italienisch geprägte Gebäude, wie das alte Merkantil-Gericht. Genauso befinden sich heute in den Speisekarten der Restaurants oftmals alpenländische Gerichte, wie Speckknödel, neben mediterranen Gerichten, wie die berühmte „Caprese“.

Allerdings wird dieser interkulturelle Austausch nicht wirklich gelebt.Die ethnische Teilung ist in gesellschaftlicher Sicht noch immer Omnipräsent. Zudem fehlt auch ein gemeinsamer Ort für kulturelle Veranstaltungen. Eine Art „Haus der Kultur“, wie man es in den allermeisten Dörfern im Lande findet,  wäre für Bozen dringend notwendig.

Es sollte dies ein Haus sein, in dem nicht nur kulturelle Veranstaltungen, wie etwa Konzerte oder Ausstellungen, einen Platz finden, sondern auch Künstler ihre Ateliers betreiben können und Bands kostengünstige Probelokale vorfinden.

Zudem sollte mit gezielter Förderung von interkulturellen Veranstaltungen und Projekten, der interkulturelle Austausch und damit das harmonische Miteinander der Sprachgruppen gefördert und gepflegt werden.

 

Bozen – die Verkehrsstadt

Bozen ist durch seine Lage an der Brennerroute eine Stadt mit enormen Durchzugsverkehr. Alleine die Autobahn, welche die Stadt teilt, sorgt für eine enorme Belastung durch Lärm und Emissionen.

Auf der anderen Seite, hat Bozen ein hervorragendes Netz von Radwegen und listet sich unter den Top fünf der Europäischen Fahrradstädte. Bis auf ein paar wenige Lücken wurde bereits das gesamte Stadtgebiet erschlossen.

Im Bereich ÖPNV gibt es aber noch einiges zu tun. An der Vision Überetscherbahn, inklusive innerstädtische Straßenbahn, sollte dringend festgehalten werden. Genau so hartnäckig sollte man an der Aufwertung des Zugbahnhofes sowie der Verlegung eines dritten Zuggleises und der damit verbundenen Einrichtung einer S-Bahn arbeiten. Immer mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit.

Auch sollte man die Umfahrung für die Brennerstaatsstraße endlich realisieren und längerfristig eine Verlegung der Brennerautobahn ins Auge fassen. Es kann nicht sein, dass überall im Lande Umfahrungen gebaut werden, die Landeshauptstadt aber immer wieder vertröstet wird.

 

Bozen – die Bürgerstadt

Bozen muss mehr Partizipation wagen! Bisher wurden die Themen Direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung in Bozen nur stiefmütterlich behandelt.

Die Bevölkerung wurde kaum in die Stadtplanung involviert, das muss sich ändern!

Die verschiedenen Beiräte (SeniorInnen, MigrantInnen, Menschen mit Beeinträchtigung, Jugendliche) müssen gestärkt werden und sollten direkt gewählt werden.

Die Stadtviertelräte sollten aufgewertet werden. Eine dezentralisierte Verwaltung kann besser auf die Bedürfnisse in den einzelnen Vierteln eingehen.

Größere Entscheidungen, sollten prinzipiell per Referendum entschieden werden.

Die BürgerInnen sollten ganz bewusst aktiv in die Stadtplanung und –gestaltung mit einbezogen werden. Das steigert das allgemeine Wohlbefinden in der Bevölkerung und sorgt dafür, dass die optimalsten Lösungen gefunden werden.

Eine nachhaltige, solidarische und sozial gerechte Stadtplanung kann nur mit Einbezug der Bevölkerung geschehen.

 

Bozen – die Wirtschaftsstadt

Bozen ist – wie bereits erwähnt – von alters her eine Wirtschaftsstadt. Ob die Bozner Lauben, der Obstmarkt oder die Bozner Messe, der Handel ist für Bozen fundamental.

Dabei sollte aber weniger in Einkaufspaläste investiert werden, als vielmehr die bestehenden Infrastrukturen und dem lokalen Handel.

Vor kurzem hat jemand die Idee geäußert, in Bozen eine Einkaufsstraße vom Grieserplatz über die Freiheitsstraße, die Museumsstraße, die Lauben und der Piavestraße zum Zwölfmalgreiner Platz zu gestalten.

Im Grunde ist diese ja schon vorhanden, man müsste sie nur gezielt bewerben und die Ansiedelung von lokalen Händlern fördern, so könnte man ein einmaliges Freilufteinkaufszentrum schaffen, dass nebenbei auch durch die wechselvolle Geschichte der Stadt führt und durch die vielen verschiedenen architektonischen Stile, die sie vereint, auch die Vielfallt der Stadt widerspiegelt.

Des Weiteren ist auch der Handel in der Peripherie zu fördern, das Ziel sollte die Schaffung einer Stadt mit mehreren „Zentren“ sein. Das Bedeutet, dass daraufhin gearbeitet werden sollte, in jedem Viertel eine Fußgängerzone einzurichten.

So kann jedes Viertel seine Individualität und seinen Charakter behalten und gleichzeitig an Lebensqualität dazu gewinnen.

Eine Interessantes und durchaus erstrebenswertes  Ziel sollte zudem die Anerkennung Bozens als „fairtrade Stadt“ sein. Damit könnte Bozen auch in Sachen Wirtschaft eine Alternative aufzeigen.

 

Bozen – die grüne Stadt

Im Jahr 2014 waren in der Stadt 93,2 ha öffentliche Parks und Grünflächen, 11,7 ha Schulgärten und -höfe sowie 17,5 ha Öffentliche Beetanlagen, das macht insgesamt 122,4 ha an öffentlichen Grün- und Erholungsflächen. Diese gilt es zu erhalten und zu pflegen. Sie sind nämlich die grüne Lunge der Stadt und darüber hinaus ein wichtiger Treff- und Erholungspunkt. Öffentliche Grünflächen sind damit auch Orte des Austauschs .

Parks erhöhen die Lebensqualität einer Stadt ungemein. Aus diesem Grund sollen die städtischen Grünzonen bedingungslos geschützt werden.

 

Fazit

Bozen braucht Mut zur Veränderung, Mut zur Weiterentwicklung. Die Stadt darf sich jetzt nicht entmutigen lassen, vielmehr sollten die zukünftigen StadträtInnen das Potenzial der Stadt erkennen und die Stadt bürgerfreundlich, nachhaltig und solidarisch weiterentwickeln.

Es ist klar, dass die oben genannten Vorschläge nicht auf einmal umgesetzt werden können, doch auch in kleinen Schritten kommt man bekanntlich zum Ziel. Was es dazu braucht ist der bereits erwähnte Mut zur Veränderung.