Economy | Pestizide

Captan am Bio-Baum, Captan im Bio-Heu

Im Heu des Bio-Bauern Alexander Agethle wurde das Fungizid Captan gefunden. Es kann nur von einem Nachbar-Grundstück kommen, das "konventionell" bewirtschaftet wird.
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Alexander Agethle
Foto: CeresAward

Südtirols grünste Grüne (O-Ton Leo Tiefenthaler über die Bauern auf salto.bz) sind sich untereinander nicht grün. Die konventionell wirtschaftenden Bauern bedrohen die Lebensgrundlagen der Bio-Produzenten.

CAPTAN AM BIO-BAUM
Im Juli diesen Jahres hat der Bio-Bauer Ägidius Wellenzohn öffentlich gemacht, dass auf einer seiner Bio-Anlagen in Kortsch in 15 Metern Entfernung von der Grundstückgrenze bei Blattproben hohe Captan-Werte festgestellt wurden, zusammen mit drei anderen giftigen Wirkstoffen. Diese Stoffe müssen durch Abdrift von Nachbargrundstücken an diese Stelle gelangt sein. Ägidius Wellenzohn ist ein sehr konsequenter Bio-Bauer, der nicht einmal die im Bio-Landbau zugelassenen Wirkstoffe Kupfer und Schwefel einsetzt und trotzdem Produkte hoher Qualität erzeugt und gut davon leben kann.

Bis zur Ernte hatte sich das Captan wieder soweit abgebaut, dass die Werte an den Äpfeln unterhalb der Nachweisgrenzen lagen und er seine Äpfel in Bio-Qualität vermarkten konnte. So weit, so gut.

So gut? Nein, denn dieser Fall zeigt etwas auf, was jeder wissen muss, der mit mittlerer Vernunft ausgestattet ist und nicht arglistig Fakten verdrängt, gegen besseres Wissen: Der Abdriftschutz von Pestiziden auf benachbarte Grundstücke ist nicht möglich. Und: Alle Menschen, die in der unmittelbaren Nähe von Intensivobstanlagen leben - und das dürften zwischen einem Viertel und einem Drittel der SüdtirolerInnen sein - sind im Laufe des Jahres vielfachen Pestizideinträgen ausgesetzt. Wenn sie einen Garten haben und Obst oder Gemüse daraus konsumieren, ist davon auszugehen, dass sie immer wieder mit Pestizidmengen jenseits der gesetzlich festgelegten Grenzwerte belastet werden.

Es hilft dem Kleingartenbesitzer in Plaus, Schabs, Girlan, Gargazon, Tisens oder wo immer das Gärtchen liegt sehr wenig, dass sich beispielsweise Captan am Baum in ca. 21 Tagen weitgehend abbaut, wenn Salat auf den Tisch kommt, der am Tag 1 oder 3 nach der MALVIN-Spritzung im Nachbargrundstück geerntet worden ist.

CAPTAN IM HEU
Nun wird ein weiterer Fall bekannt. Im Heu des Bio-Bauern Alexander Agethle wurde das Fungizid Captan gefunden. Es kann nur von einem Nachbar-Grundstück kommen, das "konventionell" bewirtschaftet wird. Alexander Agethles Englhof mit der angeschlossenen Bio-Käserei "Englhorn" liegt in Schleis im Obervinschgau, in der Gemeinde Mals, um genau zu sein. Die Familie Agethle hat gerade eine bedeutende Auszeichnung erhalten: Eine der angebotenen Bio-Käsesorten wurde zum besten Weichkäse Italiens gekürt.

Alexander Agethle und seine Frau sind nicht nur hervorragende Sennerei-Fachleute. Agethle betreibt auf seinem Bauernhof einen geschlossenen Nährstoffkreislauf und führt ihn nach dem Low-Input-Prinzip, das höchste Nachhaltigkeitsstandards erreicht. Fast 100% des Futters kommt vom Hof, bzw. der Alm. Der Mist der Tiere wird kompostiert, Agethle baut auch Getreide an, um das für das Kompostieren wichtige Stroh am Hof zu haben. Die Anzahl der Rinder wurde reduziert, die Milchmenge hat sich ungefähr bei der Hälfte der Menge eingependelt, die Hochleistungskühe liefern (müssen). Die hohe Wertschöpfung durch höchstwertige Käseproduktion sichert der Familie ein gutes Auskommen.

Ein Südtiroler Vorzeigebetrieb möchte man meinen. Und in der Tat wird Alexander Agethle in Hochglanzbroschüren und Südtiroler Image-Videos auch sehr gerne hergezeigt.

Das vorbildliche Landwirtschaftsmodell von Alexander Agethle gerät aber durch das Vordringen der konventionellen Landwirtschaft in den Obervinschgau in Gefahr. Vor kurzem musste Agethle feststellen, dass sein Bio-Heu mit dem giftigen und als krebserregend eingestuften Wirkstoff Captan belastet ist, der nur vom konventionell bewirtschafteten Nachbargrundstück kommen kann. An seinem Fall kann man festmachen, wie recht die Obervinschger im allgemeinen und die Bürger der Gemeinde Mals im spezifischen haben, wenn sie mit aller Kraft versuchen, das Vordringen der industrialisierten Landwirtschaft in ihren idyllischen Lebensraum zu verhindern. 

Es ist nicht erforderlich, diesen Fall hier weiter auszubreiten, denn Wolfgang Mayr hat am 20. November 2018 im Format "Treffpunkt" auf RAI Südtirol eine Radiosendung zu diesem Thema gestaltet, die man hier nachhören kann und in der auch Alexander Agethle ausführlich zu Wort kommt: http://www.raibz.rai.it/feed.php?id=74&fbclid=IwAR0EW7oDN614ZDWvzBkKscNOdracEbEqnxi6BqPy1104XeM6_QBd7qyb9E4  (Treffpunkt - Mals - geplatztes Wunder? - 20-11-2018)

Wenn man mit konventionell wirtschaftenden Bauern diskutiert, postulieren diese stets das Recht, dass sie selber bestimmen wollen, wie sie wirtschaften. Sie räumen aber auch sofort ein, dass die Nachbargrundstücke natürlich nicht belastet werden dürfen. Sie wissen aber wohl selbst am besten, dass das einfach nicht funktioniert.

Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler versucht immer wieder, aufkeimende Debatten über die gute und schlechte Landwirtschaftspraxis in Südtirol im Keim zu ersticken. Die BürgerInnen des Landes tun im ureigensten Interesse gut daran, dieses Obmann-Vorhaben zu durchkreuzen und jetzt erst recht engagiert mitzudebattieren, wohin Südtirol Landwirtschaft sich entwickeln soll.

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Markus Lobis Tue, 11/27/2018 - 07:25

Blogs haben die Eigenheit, dass sie auch Platz für subjektive Textsorten bieten. Das ist dann Meinung. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das zwar immer stärker in Bedrängnis kommt, aber (noch) zu den Grundfesten unserer demokratisch organisierten Gesellschaften zählt.

Tue, 11/27/2018 - 07:25 Permalink
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Günther Mayr Tue, 11/27/2018 - 16:35

Muß jetzt die Meinungsfreiheit für Ihre "Kriegstreiberei" herhalten, zumal es Ihnen zum gegenständlichen Thema offenbar an Sachverstand gebricht?
Kreutler könnte genausogut sämtliche Beipackzettel des Inventars des geschätzten (mein es so wie ich es geschrieben habe) Apothekers auflisten, welcher seine Ware frei Haus von einem jener ca. 15.000 Autos, welche tagtäglich und ganzjährig ungefragt mein Lebensumfeld tatsächlich lebensgefährdend durchkreutzen, geliefert bekommt. Würde ein grausiger, aber vielleicht dennoch unverzichtbarer Schmöker werden.
Wahrscheinlich ist das, was wir alle anstreben ziemlich ähnlich.
Mag sein, daß einiges (noch) im Argen liegt, allenthalben - mein Sinn ist es nicht mit der Fackel brandschatzend durch die Lande zu ziehen, eher erhellend voranzugehen.

Tue, 11/27/2018 - 16:35 Permalink