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Hoppe: „Viele wissen nicht wohin“

Hoffnungsvoll für die entlassenen Hoppe-Mitarbeiter in St. Martin in Passeier zeigte sich am Montag Landeshauptmann Luis Durnwalder. Wie es den knapp 160 Betroffenen tatsächlich geht, erzählt einer von ihnen*.

Sie müssen in diesen Wochen mit Ihren KollegInnen das Werk in St. Martin verlassen. Wie ist die Stimmung unter Ihnen?
Klar ist die Stimmung nicht gut. Jetzt sind gerade 40 Kollegen gegangen,  einige mussten schon unmittelbar nach der Ankündigung der Schließung ihre Sachen packen. Die Produktion wird nun sukzessive zurückgefahren und dementsprechend werden auch die Arbeitsplätze abgebaut. Am schwierigsten ist es aber denke ich für eine Gruppe, die in den nächsten Wochen einige Anlagen abbauen und nach Tschechien bringen muss. Die Arbeiter dort sollten sie auch noch anlernen. Also, den eigenen Arbeitsplatz abbauen und in Tschechien wieder aufbauen, das bin ich froh, mir das zu ersparen.  

Es ist jetzt drei Wochen her, seit die Hiobsbotschaft von der Werksschließung eintraf. War es für die Belegschaft tatsächlich wie ein Blitz aus heiterem Himmel oder waren sie schon vorgewarnt an diesem Freitag?
Abzusehen war die Schließung eigentlich nicht. Klarerweise hatte es bereits seit 2009 eine Krise gegeben, damals wurden ja auch in St. Martin 50 Mitarbeiter entlassen. Die Produkte aus Messing waren da schon rückläufig, und das hat sich in den vergangenen Jahren noch verschlimmert;  auch weil die Hauptabsatzmärkte vor allem in südlichen Ländern wie Italien oder Spanien liegen, wo die Bauwirtschaft zusammen gebrochen ist.

Das haben Sie also auch zu spüren bekommen?
Ja, es gab seit längerem schon immer wieder Schließtage, also zwei, drei Tage im Monat, in denen die Mitarbeiter in Lohnausgleichskasse gingen.. Vor allem in den letzten Monaten aber hatte man das Gefühl, dass es wieder aufwärts geht, weil wieder mehr Aufträge da waren. Aber jetzt ist klar geworden, dass das letzte halbes Jahr einfach sukzessive Lager aufgebaut wurde, damit sie einen Puffer haben, wenn bei uns das Werk zugemacht wird. Das heißt, während wir an eine positive Entwicklung geglaubt haben, weil es wieder mehr Arbeit gab, hat man offenbar schon seit Monaten die Schließung geplant.

Werfen Sie das der Unternehmensleitung vor, also hätten Sie sich erwartet, dass das früher kommuniziert wird?
Es ist von uns schon als unfair empfunden worden, dass so von einen Tag auf den anderen zugemacht wird. Wenn vielleicht in den vergangenen Jahren schon irgendwann einmal gesagt worden wäre, dass man vielleicht ein Werk schließen muss, wenn die Zeiten nicht besser werden, hätte vielleicht der eine andere eine andere Stelle angenommen, die er in Aussicht gehabt hat.

Genau deshalb wurde es wahrscheinlich nicht kommuniziert...
Ja, ich habe mir selbst Gedanken gemacht, was ich als Chef getan hätte. Viele sagen auch, dass Christoph Hoppe das Werk bis zum letzten Moment  retten wollte und es deshalb auch nicht gesagt wurde. Das kann man glauben oder nicht.

Hat Herr Hoppe der Belegschaft persönlich gesagt, dass das Werk geschlossen wird?
Ja, an dem Freitag hatten wir ja eine Betriebsversammlung. Die gibt es jeden November, Christoph Hoppe hatte da immer über das abgelaufene Jahr berichtet und Prognosen für das kommende Jahr gemacht. Heuer hat er dagegen die Werksschließung verkündet. Und das war schon ein Stich ins Herz für viele.

Nicht nur das wahrscheinlich. Wie sehen Sie die Zukunftsperspektiven für sich und Ihre Kollegen? Man hört, dass sich nun alle bemühen, sie zu unterstützen.
Die Bürgermeisterin ist schon sehr engagiert, und vom Arbeitsamt und der Weiterbildung waren auch schon Leute hier. Aber viele Leute sind noch unschlüssig, in in welchem Bereich sie in Zukunft arbeiten wollen oder können.  Der Großteil der Belegschaft ist ja nicht hochqualifiziert, viele sind Arbeiter mit einem   Mittelschulabschluss. Das von denen viele im Gastgewerbe unterkommen ist sicher eher schwierig.

Und für viele Mitarbeiter war Hoppe auch der erste und einzige Arbeitsplatz, hört man. Stimmt das?
Ja absolut. Der Durchschnitt der 160 betroffenen Mitarbeiter ist schon seit 18 Jahren im Betrieb, viele auch schon 30 oder 40 Jahre. Also, man muss auch einmal sagen, dass Hoppe sicher viel für die Mitarbeiter getan hat. Dass sie den Standort über 40 Jahre gehalten hat, hat den Bürgern von Passeier sicher einiges gegeben. Hier einen Arbeitsplatz vor der Haustür zu haben, das war schon sehr viel wert. Viele sind ja zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit gekommen, und wenn man Früh- oder Spätschicht hatte, konnte man auch an einem Arbeitstag noch Freizeitmöglichkeiten nutzen.

Doch das ist nun vorbei. Zumindest für alle jene, die nicht von einem der beiden Vinschger Hoppe-Werke übernommen werden.
Das wird schon angeboten, teils mit befristeten und auch ein paar unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Aber ich weiß nicht, wie viele da mitmachen. Denn täglich von Passeier nach Obervinschgau und wieder zurück zu fahren, noch dazu in Schichtarbeit, das ist schon eine große Belastung. Doch es wird sicher sonst auch nicht leicht. Die Umstellung, dass man nun nach Meran, Lana oder Algund fahren muss, werden die meisten machen müssen; vor allem für Fachkräfte gibt es in Passeier relativ wenig. Aber nachdem es überall kriselt, kann man wahrscheinlich froh sein, wenn man überhaupt irgendwo eine Arbeit findet.

* Name auf Wunsch des Interviewpartners nur der Redaktion bekannt