Am Brenner geht es nur gemeinsam
![](/sites/default/files/styles/ar/public/images/euregio-rovereto.jpg?h=f6bdc5a3&itok=BXpLjr7s)
Am gestrigen Mittwoch sind in Rovereto die drei Landeshauptleute des Trentino, von Südtirol und Tirol zusammengetroffen. Die zwölfte Euregio-Vorstandssitzung stand an – im Schatten der jüngsten Entwicklungen in der Flüchtlingsfrage, die das Treffen schließlich dominierte. Wie berichtet sind seit Dienstag (24. Mai) 80 österreichische Polizeibeamten am Brenner im Einsatz, “für Kontrollen im Grenzraum”, wie es Tirols Landeshauptmann Günther Platter bereits am vergangenen Wochenende angekündigt hatte. Und das trotz der demonstrativen Einigkeit, die die Innenminister Italiens und Österreichs, Angelino Alfano und Wolfgang Sobotka am 13. Mai am Brenner gezeigt hatten. “Wirkungslose Beruhigungspillen” und ein “Ablenkungsmanöver” seien die Ankündigungen Alfanos gewesen, schärfere Kontrollen auf italienischer Seite durchführen zu wollen, wetterte Günther Platter wenige Tage danach. Denn die Zahl der Personen, die illegal in Tirol einreisen, sei seit dem 13. Mai wieder angestiegen.
Günther Platter, Ugo Rossi, Arno Kompatscher (v.l.). Foto: EVTZ Europaregion
Das führte Platter auch auf der Euregio-Vorstandssitzung am Mittwoch aus. Täglich verzeichnen die Polizeikräfte auf Tiroler Seite knapp 50 Aufgriffe. “Wenn sich diese Entwicklung so fortgesetzt hätte, hätten wir rund 1.500 bis 2.000 Aufgriffe von illegal eingereisten Personen in Tirol, das ist nicht tragbar”, so Platter, der die Sorgen von Bürgern und Bürgermeistern, mit denen er sich konfrontiert sehe, ernst nehmen wolle. Daher fordere er auch weiterhin, dass bereits weiter südlich des Brenners Kontrollen durchgeführt werden. Allerdings schlug der Tiroler Landeshauptmann im Rahmen des Euregio-Treffens einen gemäßigteren Ton an als noch am Wochenende: Die Bewältigung der Flüchtlingsfrage könne nur gemeinsam gelingen, “das ist mein Interesse und das Interesse der gesamten Europaregion”.
Lavorare insieme....senza confini.... https://t.co/ddwTJQx8Hb
— ugo rossi (@UgoGma) 25. Mai 2016
An einem Strang ziehen, sich in der Flüchtlingsproblematik auf eine gemeinsame Position und Vorgangsweise einigen, das war seit jeher das Anliegen der drei Euregio-Landeshauptleute gewesen – zumindest hatten sie das immer wieder offiziell bei gemeinsamen Treffen verkündet. “Wir wollen in Europa eine Vorbildfunktion einnehmen und ein exzellentes Beispiel geben, wie durch enge Zusammenarbeit Grenzen überwunden werden”, betonte Arno Kompatscher auch gestern. Ganz im Sinne eines Aufrufs, den Bischof Ivo Muser einen Tag zuvor lanciert hatte: “Mehr und mehr weg von eigenen, regionalen, nationalen Egoismen hin zu einem Engagement für mehr Frieden und mehr Gerechtigkeit”, so das höchste geistliche Vertreter in Südtirol. Auf politischer Ebene einigten sich die Euregio-Chefas am Mittwoch schließlich darauf, dass etwaige Kontrollen am Brenner “abgesprochen und vereinbart” werden sollten. Zudem wollen Arno Kompatscher, Günther Platter und Ugo Rossi dem neu gewählten österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen ein Schreiben zuschicken, in dem sie die gemeinsame Position der Euregio zur Bewältigung der Flüchtlingsfrage darlegen.
Brücken und Kreuze
Dass dazu nicht der Aufbau von Grenzen zählen darf, steht für die Promotoren einer Solidaritätskundgebung fest, die am Samstag (28. Mai) unter dem Motto “Bitte, baut Brücken!” in Bozen und am Brenner stattfindet.
Wir lehnen den Aufbau von Grenzen als Antwort auf die Flüchtlingsbewegung ab. Wir sind gegen eine Politik der Ablehnung und Verhärtung, die das Gewissen gewissermaßen ‘betäubt’, und die Wahrnehmung unserer Pflichten bezüglich Verantwortung, Solidarität und Aufnahme ausschließt.
Den Appell für ein Europa der Solidarität haben neben verschiedenen italienischen Organisationen und Vereinen auch die Südtiroler Caritas, Volontarius und mehrere Südtiroler Pfadfinder-Vereinigungen unterzeichnet. Eine Delegation aus Südtirol wird am Samstag am Brennerpass sein, wo ein Treffen mit Nordtiroler Pfadfindern geplant ist. Um 17 Uhr werden am Kirchplatz zwei Kreuze übergeben, die mit dem Holz der Boote von Flüchtlingen in Lampedusa erstellt wurden. Zeitgleich findet in Lampedusa ein Treffen statt. “So wird eine ideelle Brücke von Lampedusa zum Brenner, vom Mittelmeer zu den Alpen gebaut”, freut man sich in Südtirol.