Politics | Landesregierung

Auf der falschen Fahrspur

Nach einem Wettbewerb sollte er der Fahrer einer Landesrätin werden. Weil er für eine Oppositionspartei kandidiert hat, widerruft man die Anstellung aber kurzerhand.
DIenstfahrer
Foto: upi
Christian Putzer ist kein Kind von Traurigkeit. „Ich habe mich schon gefragt, welchen Hochverrat ich begangen habe oder welch gefährlichem Geheimbund ich wohl angehöre“, sagt er mit hörbarer Ironie. Um sich dann selbst eine Antwort zu geben: „Aber ich muss Sie enttäuschen, ich bin kein Verbrecher, kein Landesverräter, kein Islamist, kein Terrorist, ich habe lediglich im Jahr 2010 in meinem Heimatort für die Liste der Freiheitlichen kandidiert.“
An der persönlichen Geschichte von Christian Putzer wird deutlich, wie sehr das politische Engagement für eine Oppositionspartei den beruflichen Werdegang eines Menschen beeinträchtigen kann. Auch im Südtirol des dritten Jahrtausends.
Was der Mann aus Kiens in den vergangenen zwei Jahren erlebt hat, ist ein klarer Fall einer politisch motivierten Diskriminierung. Man wird innerhalb der Landesverwaltung am Ende wahrscheinlich eine Ausrede finden. Was aber auf jeden Fall bleibt, ist eine unkorrekte Handhabung arbeitsrechtlicher Bestimmungen mit dem sich schon bald auch die Justiz befassen könnte. Entsprechende Eingaben werden vom Anwalt Putzers bei der Staatsanwaltschaft vorbereitet.
 

Der Wettbewerb

 
Der 46jährige Christian Putzer aus Hofern bei Kiens hat lange Zeit als ausgebildeter Rettungssanitäter für das Weiße und Rote Kreuzes gearbeitet. Für seine Dienste wurde ihm vom Präsidenten des italienischen Roten Kreuzes auch ein „diploma di benemerenza con medaglia di 1. classe“ verliehen.
 
 
 
Im Jänner 2020 sucht die Landesregierung dringend nach Fahrern. Die Personalabteilung schreibt deshalb einen Wettbewerb zu Aufnahme von drei Fahrer/Fahrerinnen in Vollzeit in der 4. Funktionsebene und mit Dienstsitz in Bruneck aus. Über das Landespresseamt wird die Ausschreibung und Fahrersuche auch per Presseaussendung an die Medien verschickt.
Christian Putzer besitzt nicht nur alle Führerscheine (PKW; BUS; LKW; CAP und CQC), sondern er erfüllt auch eine anderer Voraussetzung. So wird ein „bestehendes Dienstverhältnis bei einer Körperschaft des bereichsübergreifenden Kollektivvertrags (Gemeinden, Altenheime, Bezirksgemeinschaften, Sanitätsbetrieb der Autonomen Provinz Bozen, Institut für den sozialen Wohnbau, Verkehrsamt von Bozen oder Kurverwaltung von Meran) oder bei anderen öffentlichen Körperschaften“ vorausgesetzt. Putzer ist zu diesem Zeitpunkt als Hausmeister in der Fachschule für Landwirtschaft, Hauswirtschaft und Ernährung in Dietenheim tätig. Also Angestellter der Südtiroler Schul- und Landesverwaltung.
Er schließt den Wettbewerb erfolgreich ab, wird als geeignet eingestuft und landet in der offiziellen Rangordnung unter den 15 Bewerbern schließlich an vierter Stelle.
Da nur drei Fahrer aufgenommen werden, findet sich Christian Putzer so zusagen auf der Warteliste in der Pole Position.
 

Die Rangordnung

 
Von den 3 ausgeschriebenen Stellen werden zwei umgehend besetzt. Am 1. September 2020 tritt eine Fahrerin den Dienst an, die für Landesrätin Waltraud Deeg eingesetzt wird. Am 15. Oktober 2020 tritt auch der Zweitplatzierte seinen Dienst als Fahrer in Bruneck an. Auch der Drittplatzierte soll angestellt werden, doch er verzichtet noch im Oktober 2020 auf das Stellenangebot.
Nachdem Christian Putzer über Umwegen davon erfährt, schreibt er im Jänner 2021 an den Direktor des Amtes für Personalaufnahme. Dieser antwortet erst vier Monate später, Mitte April 2021:
 
„Die Verwaltung ist aufgrund der Prinzipien des Verwaltungsrechts dazu verpflichtet die Gewinner aufzunehmen, während bei den Geeigneten zuerst der Bedarf an Personal überprüft werden muss, bevor in der Reihenfolge der Rangordnung weiter gegangen werden kann. ..[…].. Zurzeit beschäftigt sich die Verwaltung mit der Organisation und der Zuteilung der Fahrer, weshalb im Moment keine Nachfrage an Personal besteht. Bei Bedarf an Fahrern kann in der Reihenfolge der Rangordnung, in der Sie aufscheinen, weitergegangen werden.“
 
Die Rangordnung gilt gesetzlich drei Jahre lang und es ist Praxis und arbeitsrechtlich vorgeschrieben, dass das Land diese selbsterstellte und per Dekret verfügte Rangordnung auch respektiert.
 

Das Stellenangebot

 
Am 25. Mai 2021 flattert Christian Putzer dann überraschend ein offizielles Schreiben des Amtes für Personalaufnahme des Landes in Haus. In dem Schreiben, datiert mit 19.05.2021 heißt es:
 
 
Christian Putzer: „Als zweifacher Familienvater war ich in den schwierigen Coronazeiten glücklich und froh, eine feste und krisensichere Stelle zu bekommen und ich bestätigte noch am selben Tag die Annahme der Stelle schriftlich und kontaktierte, wie angewiesen, telefonisch das Ressort von Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, zwecks Vereinbarung des Dienstantrittes.“
Die SVP-Landesrätin bestellt Putzer noch am selben Tag am 25. Mai 2021 um 13.30 in ihr Büro. Es ist ein freundliches Gespräch. Anwesend ist auch Ressortdirektor Frank Weber.
„Man wies mich im Gespräch auch auf die Schweigepflicht von eventuell mitgehörten Telefongesprächen hin“, erinnert sich Christian Putzer, „worauf ich erklärte, dass mir das bewusst sei und diese absolute Vertraulichkeit auch zusichere.“
 
 
 
Am Ende sagt Maria Hochgruber Kuenzer, dass sie noch Rücksprache mit dem Personalbüro halten müsse und ihn dann über den Dienstantritt informieren werde.
Christian Putzer vereinbart daraufhin mit der Direktorin der Fachschule für Landwirtschaft, Hauswirtschaft und Ernährung in Dietenheim die Beendigung des dortigen Arbeitsverhältnisses zum Ende des Schuljahres im Juni 2021. Er kündigt.
 

Der Widerruf

 
Christian Putzer fragt in den Tagen und Wochen danach mehrmals im Personalamt des Landes zum Dienstantritt nach. Doch er bekommt keine konkrete Auskunft.
Am 24. Juni 2021 erhält Putzer aber eine weitere E-Mail des Amtes für Personalaufnahme.
 
 
Es ist eine absurde Geschichte. Dass man innerhalb von vier Wochen die Gangart völlig ändert. Zuerst jemand auffordert seine Stelle zu kündigen und dann bei der zugesagten Anstellung einen Rückzieher macht. Das dürfte im öffentlichen Dienst selbst in Südtirol ein einmaliger Fall sein.
„Mir wurde mündlich auch der Grund dieser 180-Grad-Wende mitgeteilt“, sagt Christian Putzer, „ich könne die Stelle nicht antreten, denn ich passe von meiner politischen Einstellung her nicht in das Konzept.“
Der Grund: Seine Kandidatur für die Freiheitlichen bei den Gemeinderatswahlen vor 10 Jahren.
„Wenn es so offensichtlich so ist, dass die Parteizugehörigkeit das wichtigste Kriterium bei der Postenvergabe in Südtirol ist“, ärgert sich Putzer, „dann hätte man das doch expressis verbis als Kriterium in der Ausschreibung anführen können.“
 

Los in Trient

 
Ob es die politische Einstellung war oder der Mensch, der Maria Hochgruber Kuenzer nicht gefallen hat, dürfte schwer ergründbar sein. Sicher aber ist, dass diese Absage alles andere als rechtens ist. Jedes Arbeitsgericht würde das Land verurteilen.
Auch weil es keinerlei objektive Kriterien gibt, die einen Widerruf der Anstellung Putzers rechtfertigen würden. Das wird auch an der Tatsache deutlich, dass man in der Landesregierung genau zu diesem Zeitpunkt nach Fahrern sucht.
So wird zwischen dem 31. Mai 2021 und dem 30. Juli 2021 in einer öffentlichen Ausschreibung ein Fahrer für Landesrat Daniel Alfreider gesucht. Mit Dienstsitz in Bruneck. Es ist genau die Einstufung für die Christian Putzer in der Rangordnung an erste Stelle steht.
Die Landesverwaltung müsste damit auf Putzer zurückgreifen. Was man selbstredend aber nicht tut.
 
 
 
Dafür wird Christian Putzer am 22. Oktober 2021 in den Regionalrat nach Trient geladen. Dort braucht man einen Fahrer für den Gadertaler Regionalassessor Manfred Vallazza. Um einen teuren Wettbewerb zu vermeiden, will man auf die Südtiroler Rangliste zurückgreifen.
Wahrscheinlich war dies der verzweifelte Versuch, einen so gefährlichen Ex-Freiheitlichen außerhalb des gelobten Landes Südtirols unterzubringen“ spöttelt Christian Putzer.
Nach monatelanger Funkstille fragte der Kienser Fahrer per E-Mail in Trient nach. Am 3. Jänner 2022 antwortet der Generalsekretär der Region Michael Mayr: „Leider habe ich noch keine Neuigkeiten in Bezug auf die Fahrerstelle. Wie ich bereits mitgeteilt habe, sind wir dabei, eine interne Lösung zu prüfen und ich warte diesbezüglich noch auf eine Rückmeldung.“
Sicher ist: Ein geprüfter Fahrer muss in diesem Land nicht nur Fahren können.
 
Lesen Sie morgen: Die geplante Neuregelung der Chauffeure der Landesregierung bestätigt den Vorwurf den Christian Putzer erhebt.
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Gerold FIEDLER Wed, 03/02/2022 - 10:57

Das Gesetz ist fuer alle gleich, nur fuer einige halt ein wenig " gleicher ". Das regt im heiligen Land Suedtirol auch niemanden mehr wirklich auf, es scheint dass zuviele von diesem System letztlich wiederum profitieren. Ich finde diesen Vorfall politisch motivierter Postenvergabe unglaublich und verwerflich.

Wed, 03/02/2022 - 10:57 Permalink