Culture | Salto Afternoon

Finale Furioso

Der Autor Gernot Werner Gruber stellt am 3. April im Bozner Archäologiemuseum den dritten Band seiner Ötzi-Trilogie vor. Ein Gespräch über eine alte Leiche.
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Foto: edition raetia

salto.bz: Sie stellen am Mittwoch den dritten Band Ihrer Ötzi-Trilogie „Reanimo“ vor. Verfolgen Sie auch die aktuellen Diskussionen zur Verlegung des Ötzis auf den Bozner Hausberg Virgl?
Gernot Werner Gruber: Naja dieser Diskussion kann man sich im Moment ja kaum entziehen. Vor allem wenn man seit ein paar Jahren doch eine recht enge Beziehung zu - unser aller geliebter - Ötzi hat. Und dieses Ziehen, Zerren, Zupfen um ihn aus allen Richtungen ist ja - aus der Ferne - auch peinlich genug. Wobei ich natürlich zu den wenigen gehöre, die wissen, dass im Shakespear'schen Sinne viel Lärm um Nichts ist. Denn wer die Reanimo-Trilogie gelesen hat weiß, dass Ötzi ja gar nicht mehr dort ist im Museum. Ein Fight um einen Fake also.

Wie stehen Sie persönlich zur musealen Entwicklung für die bekannteste Leiche des Landes?
Ich muss gestehen, ich war anfangs sehr skeptisch über die öffentliche Inszenierung menschlicher Überreste. Auch wenn das in einem Kulturkreis, der als Zeichen der göttlichen Liebe an den Menschen die recht plastische Darstellung der Folterszene von Gottessohn überall vorzufinden ist, eher die harmlose Variante ist. Dennoch, ich habe 10 Jahre gebraucht um Ötzi das erste mal zu besuchen. Dann allerdings habe ich seine Seele atmen gesehen... samt einer Botschaft die er mir an die beschlagene Scheibe malte. Und nun denke ich mir, wenn diese Seele auch mit anderen spricht, bringt das ja vielleicht den Weltfrieden oder macht den Klimawandel rückgängig. Ich denke das ist ja auch das Motiv der Kaufleute und des Benko in ihrem Kampf um Ötzi.

Welches war denn die Botschaft auf der beschlagenen Scheibe?
Ist leider nicht jugendfrei.

...für mich ist erstmal die Trilogie abgeschlossen. Vorläufig definitiv.

In Ihren drei Büchern kommen Sie der Gletscherleiche verdammt nahe. Wie war diese Erfahrung als Autor?
Wenn einen so eine Geschichte anspringt, dann hat man plötzlich ständige Begleiter. Charaktere die sprechen zu dir. Diese Situation kennen allerdings nur Autoren und Insassen der Psychiatrie und deshalb ist das auch ein unglaublich befreiendes Erlebnis. Vor allem wenn einer dieser Charaktere eine so alte Seele ist wie der Ötzi ist. Da braucht man selbst sich gar nicht zu bewegen. Er kann ja in der Seele der Menschen lesen und das ist ja das so verdammt lustige dabei.

Weshalb animierte gerade die Figur einer Gletscherleiche Ihre Phantasie?
Ötzi war bei mir ja auch nur ein Opfer. Ich bilde mir nicht ein besser zu sein als andere. Animiert hat mich ja die Sache mit der Stammzellen-Regeneration von klinisch Toten. Die habe ich weitergedacht und auf die Frage umgelegt, was kann passieren, wenn die besterhaltenste und älteste Leiche der Welt als Regenerationsversuch herhalten muss? Dazu brauchte ich natürlich noch das möglich wahnwitzige Personal und damit war die Lawine schon losgetreten.

In der Trilogie finden sich auch viele lokale Persönlichkeiten der Gegenwart: Pathologen, Direktoren, Journalisten… Auch Sie selbst?
Erstere alle in der Einzahl, denn es sind ja auch spezielle Unikate die wir da haben. Und in Band drei werden die geneigten Leser zurückgeführt in die Hintergrund-Geschichten jedes einzelnen. Damit man endlich weiß warum die so sind wie sie sind. Das gilt übrigens auch für den Autor. Auch meine Rolle wird mit dem dritten Band, wenn man's erkennt klar.

Ihre fiktive Annährung an Ötzi soll als Serie verfilmt werden. Dazu gab es auch bereits Gespräche. Kommen die Bücher bald auf den Bildschirm?
Ja wir arbeiten sehr angestrengt daran. Die Umsetzung als Film oder noch schwieriger, als Serie, braucht viel Vorarbeit. Wir kommen aber gut voran und der Kreis derer im Filmgeschäft die von der Geschichte fasziniert sind wächst. Allerdings muss man bei so einem Stoff sehr aufpassen, dass die manchmal subtile Satire nicht in Richtung Klamauk kippt und die ernsten Elemente nicht in Schmalz enden, denn der war zu Ötzis Zeiten ja noch gar nicht erfunden denke ich.

Band 3 trägt den Namen: Die einfachen Erkenntnisse des Herrn Luh, der nicht mehr Ötzi sein wollte. Hat der fiktive Ötzi-Wahn nun wirklich ein Ende? Oder geht er möglicherweise doch weiter?
Wer weiß das schon? So wie der Mann in Bozen derzeit die Gemüter anheizt und das nach 5300 Jahren zeigt ja eines: Er ist unsterblich. Er hat so viele Generationen überstanden, deshalb wird es mit ihm noch lange weitergehen. Und wer den dritten Band liest hat dann sowieso eine völlig andere Haltung zu der Frage. Aber für mich ist erstmal die Trilogie abgeschlossen. Vorläufig definitiv.

Sie arbeiten sich gern literarisch an historischen Themen ab. Was kommt nach Ötzi?
Nun ich arbeite derzeit - nebst der Reanimo Adaption - noch an 3 anderen Drehbüchern - an sehr unterschiedlichen Geschichten. In Sachen Roman möchte ich jetzt das Buch zum "Kunstraub" der Gemälde aus den Uffizien abschließen. Und dann schwebt mir noch so eine skurril, absurde, schwarz humorige Südtiroler Krimigeschichte im Kopf herum....