Chronicle | Wahlen 2015

Sulle Dolomiti non si va in gondola...

Die Regionalwahlen sind geschlagen; auf nationaler Ebene viel kommentiert. Wagen wir einen Blick ins benachbarte Veneto.

Die Wahlbeteiligung war zwar mäßig: 57% (2010 waren es noch 66%), aber vielleicht doch weniger niedrig als befürchtet.

Der bisherige Regionalpräsident Luca Zaia konnte knapp über die Hälfte aller Stimmen ergattern. Die rechte Reichshälfte eben, unterstützt von Lega Nord, Forza Italia, Fratelli d’Italia und Indipendenza noi Veneto. Klingt nach viel, aber man möge bedenken, dass bei den letzten Wahlen im März 2010 Luca Zaia mit seinem Mitte-rechts-Bündnis noch über 60% heimbringen konnte. Daraus ist jetzt kein 10%iger Linksruck zu lesen. Die Stimmen gingen vielmehr an den ehemaligen Bürgermeister und Europaabgeordneten Flavio Tosi, der aus der Salvini-Lega ausgetreten und gegen Zaia angetreten war. Mit knapp 11% liegt er etwa gleich auf wie Jacopo Berti vom Movimento Cinque Stelle.

Es wäre vermessen, Tosi als „centro“ einzuordnen und Zaia als „destra“, aber aus Sicht Matteo Renzis ist dieser Teil der Rechnung ziemlich gut gelaufen: Das für den PD unerreichbare Venetien hatte seinem Leader Zaia einen Dämpfer verpasst. Tosi aber, der das Format hätte, auf nationaler Ebene Renzi in die Quere zu kommen, ist trotz Achtungserfolg nicht wirklich aus seinen Startlöchern herausgekommen. Die PD-Kandidatin Alessandra Moretti selbst, die sich ganz in Renzis Lieblingsschiene (jung, attraktiv, loyal und vor allem: ungefährlich) einreiht, musste sich allerdings mit weniger als 23% der Stimmen zufrieden geben. 2010 holte ihr Vorgänger Bertolussi noch 29%.

Schauen wir uns das alpine Venetien an: In den Veroneser Nachbargemeinden Malcesine und Brentino liegt Zaia vor Tosi vor Moretti. In Dolcè und Erbezzo aber Tosi vor Zaia und Moretti. In Verona Stadt hingegen Zaia nur ganz knapp vor Moretti, während der Ex-Bürgermeister Tosi nur den Dritten macht. In Vicenza liegt Zaia weit vor Moretti, dann aber verweist Berti Tosi auf Platz vier; ganz ähnlich in Bassano, Thiene, Schio, Recoaro, Cismon, Pasubio. Am Hochplateau von Asiago sowie in Pedemonte und Valdastico schiebt sich Tosi wiederum vor Berti.

Am spannendsten ist es aber einmal mehr im Bellunesischen: In der Provinz Belluno lag die Wahlbeteiligung gerade einmal bei 44%. Es ist müßig, die Botschaft der Daheimgebliebenen zu entschlüsseln. Resignation ist der erste Begriff, der mir dazu einfällt. Dazu passt das erschütternde Ergebnis des BARD, der via Veneto Civico ein Wahlbündnis mit der PD-Moretti eingegangen war, nachdem diese ihre volle Unterstützung zu den beiden folgenden Programmpunkten zugesichert hatte:

La candidata Presidente Alessandra Moretti, assume l’impegno di favorire, in sede di governo centrale e regionale, il processo di adesione della Provincia di Belluno al GECT Euregio Trentino – Alto- Adige – Tirolo.

Alessandra Moretti si impegna affinché, in accordo con le Province Autonome di Trento e Bolzano e all’interno della legge di adeguamento della Regione Trentino Alto Adige/Sud Tirol alle modifiche della Costituzione ora in corso di definitiva approvazione, sia riconosciuta l’opportunità e la reciproca convenienza della progressiva costruzione di una unità amministrativa tra the comunità alpine di Trento, Bolzano, e di Belluno nell’ambito dei principi definita dalla Convenzione delle Alpi.

Trotz tatkräftiger Unterstützung von Lorenzo Dellai, Ugo Rossi und Herbert Dorfmann blieb der BARD außerhalb einiger Hochburgen (Canale 24%, Falcade 19%, Comelico 17%, Taibon 12%, S.Nicolò 12% ) weit unter allen Hoffnungen und erreichte landesweit nur erbärmliche 4%; gleichauf mit Fratelli d‘Italia. So holte Zaia im Bellunesischen 46%, Moretti 28%, Berti 11% und Tosi knapp 12%. Fast unglaublich die Gewinner der Vorzugsstimmen, die nach alles anderem als nach Erneuerung riechen: Mit knapp 2000 Stimmen wurde Gianpaolo Bottacin Zweiter. Ja, jener Bottacin, der als letzter, von der Bevölkerung gewählte Präsident der Provinz Bellunos mit seiner Mitte-rechts-Regierung damals die Provinz ins politische Chaos stürzte, worauf Belluno kommissarisch verwaltet wurde. Meistgewählter wurde hingegen Altpräsident Sergio Reolon, dem, im Regionalrat sitzend, kontinuierlich Visions- und Tatenlosigkeit vorgeworfen wurde. (Und der operationsbedingt den halben Wahlkampf verpasst hatte - beste Besserungswünsche!)

Nun könnte man meinen, dass die weniger alpinen Gebiete im Valbelluna oder Alpago die Stimmung zugunsten Zaias gedreht hätten. Jenes Zaias, der sich gerne als Vater der Makroregion der Alpen und der (stets schwanger bleibenden) Euregio mit Kärnten brüstet, der aber neulich in einem Interview komplett darauf vergaß, dass Venetien auch nach Österreich grenzt, während es doch genau diese Grenze ist, die laut Delrio-Gesetz Hoffnung zu mehr Autonomie gibt.

Weit gefehlt: Auch in unseren liebsten Nachbargemeinden, Fodom, Col, Ampezo, Rocca Pietore, Falcade, Auronzo, Comelico, Sappada hat Zaia haushoch gewonnen. Wesentlich knapper das Resultat in den, dem Trentino zugewandten Gemeinen Lamon, Voltago, Taibon, während in Sovramonte und Canale Moretti sogar vorne liegt.  

Ohne jetzt eine tiefgründige Wahlanalyse wagen zu wollen, kann man sich schon fragen, warum eine Provinz um ihre Erhaltung kämpft und, so wie es ausschaut, durchaus bald Erfolg haben zu könnte, wieder das Recht zum aktiven Wahlrecht zu erhalten, wenn dann nur 44% der Berechtigten wählen gehen und jene, die unermüdlich um dieses Recht kämpfen, mit nur 4% der Stimmen honoriert werden. In Soverzene haben überhaupt nur 22% gewählt. Ein paar Sorgen um unsere Nachbarn kann ich euch da nicht ersparen.

Und auch ein paar Sorgen um uns: Tauchen doch in letzter Zeit immer wieder Kommentare auf, die ernsthaft von einem Triveneto träumen. Träume, die uns gnädiger Weise die selbe Autonomie einräumen würden, wie sie uns halt auch Rom gibt. So gewisse Imperialismusphantasien sollten wir der Serenissima noch abgewöhnen, sonst wird's mir doch noch unheimlich.

  

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Benno Kusstatscher Tue, 06/02/2015 - 18:28

Ein kleiner Nachtrag:

eine Karte zur Übersicht des flächendeckenden Triumpfes von Zaia gibt es hier:
http://mattinopadova.gelocal.it/infografica/2015/05/31/news/la-mappa-de…

In den Regionalrat haben es aus Belluno Gianpaolo Bottacin für Zaia und Alessandra Buzzo für Veneto Civico geschafft. Dass sie und eben nicht der meistgewählte Sergio Reolon für Moretti einziehen, muss wohl als cleverer Erfolg des Abkommens zwischen BARD und PD (und ein bissel mathematisches Glück) gewertet werden.

http://corrierealpi.gelocal.it/belluno/cronaca/2015/06/01/news/bellunes…

Tue, 06/02/2015 - 18:28 Permalink