Economy | Milchwirtschaft

Mehr Milchgeld

Der Milchhof Meran erhöht wie auch die anderen Südtiroler Sennereien die Auszahlungen an die Bauern. Georg Egger, Obmann des Milchhofes Meran, spricht über die Gründe.
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Foto: Milchhof Meran/Privat

Der Milchhof Meran hat wie auch die anderen Südtiroler Sennereien vor Kurzem beschlossen, das „Milchgeld“ an die Bauern zu erhöhen. Wie Georg Egger, Obmann des Milchhofes Meran, Salto.bz gegenüber erklärt, wurde beschlossen, die Akontozahlung zu erhöhen bzw. den Auszahlungspreis für die Qualität und die Inhaltsstoffe wie Fett (0,035 Cent/kg) und Eiweiß (0,045 Cent/kg) anzuheben. Andere Milchhöfe haben sich hingegen entschieden, einen Teil der Nachzahlung vorzuziehen. Grund dafür sind die erheblichen Kostensteigerungen beim Kraftfutter, Treibstoff und bei den Energiekosten.

 

 

Wie Egger bestätigt, sind die Milchlieferungen an die Sennereien während der vergangenen Wochen und Monate aus den verschiedensten Gründen zurückgegangen. Einerseits hat die Einführung der flächenbezogenen Landwirtschaft im Jahr 2018 zu einer Reduzierung der Viehbestände geführt, andererseits hat die Kostenexplosion der vergangenen Monate maßgeblich dazu beigetragen, dass die Bauern begonnen haben, Kühe zu verkaufen. Erschwerend hinzu kam die Trockenheit im heurigen Erntejahr. In einigen Teilen des Landes ist ein Schnitt völlig ausgefallen. Dem noch nicht genug herrscht in den Nachbarländern ebenfalls Trockenheit, wodurch es zu Ernteausfällen kam und ein nochmaliger Anstieg der Futtermittelpreise zu erwarten ist. „Viele Bauern haben sich dazu entschlossen, den Viehbestand abzubauen und damit Futtermittel einzusparen“, so Egger. Einige Sennereien stehen damit vor einem Problem: Sie haben zu wenig Milch, um jene Produktmengen herzustellen, die sie vertragsgebunden an die Handelsketten liefern müssten. „Kurzfristig und übergangsmäßig sind deshalb einige Sennereien gezwungen, Milch auf dem italienischen oder deutschen Markt einzukaufen“, erklärt der Obmann des Milchhofes Meran. Das Problem dabei ist, dass auch der Preis für den Rohstoff Milch sprunghaft angestiegen ist und der Spotmilchpreis derzeit bei rund 0,66 Cent/kg liegt.

Fehlt ein Tank, wird dafür der Preis gezahlt, der verlangt wird, gibt es jedoch zuviel Milch, wird sie quasi verschenkt, da sie andernfalls entsorgt werden muss.

Anders als beispielsweise bei Äpfeln, welche für eine gewisse Zeit eingelagert werden können, muss das Frischeprodukt Milch innerhalb von drei bis vier Tagen verarbeitet werden. „Fehlt ein Tank, wird dafür der Preis gezahlt, der verlangt wird, gibt es jedoch zuviel Milch, wird sie quasi verschenkt, da sie andernfalls entsorgt werden muss“, schildert Egger das Problem. Um die Produktion auszulasten, wird Milch aus italienischer Herkunft zugekauft. Die Verpackung muss dementsprechend geändert werden, „weil, was drauf steht, auch drin sein muss“. Dies sei auch mit den Handelsketten abgesprochen. Entscheidungen, die leider sehr kurzfristig getroffen werden mussten, wie der Obmann des Milchhofes Meran sagt. Allerdings seien die Milchhöfe aber auch in der Lage gewesen, seit Jahresbeginn drei Preiserhöhungen bei den Handelsketten durchzusetzen. „Das hat es noch nie gegeben“, betont Egger und verweist darauf, dass unter normalen Umständen durchschnittlich alle zwei Jahre eine Preiserhöhung ausverhandelt wurde, die in etwa in der Spanne von zwei bis drei Prozent lag. „Inzwischen sind wir bei einer Preiserhöhung von 30 Prozent angelangt – bedingt durch die Inflation und die Nachfrage“, erklärt Egger und betont: „Wir brauchen wieder Ruhe im Markt – sei es nun Energie, Treibstoffe oder Rohstoffe, weil wir in unsicheren Zeiten kaum planen können.“

 

Nicht konkurrenzfähig

 

Die Geschäftsführer und Obmänner der Südtiroler Sennerein sind sich darüber einig, Südtiroler Milch zukünftig ausschließlich für hochwertige Produkte wie beispielsweise Heumilchprodukte oder Joghurt mit gesundheitlichen Zusatznutzen zu verwenden. Wie Egger berichtet, habe man sich im Rahmen mehrerer Treffen darauf verständigt. „Mit der Masse können wir ohnehin nicht konkurrieren, weil der Produktionsaufwand im Berggebiet im Vergleich zu anderen europäischen Regionen um einiges höher ist“, so Egger, der betont, dass das Ziel darin liege, das wertvolle Rohprodukt Südtiroler Milch möglichst wertschöpfend anzubieten, damit auch der Bauer einen angemessenen Preis erhält. In der Folge wird wohl der Konsument tiefer in die Tasche greifen müssen, „wenn er ein Südtiroler Produkt will“, so der Obmann, der betont, dass das der richtige Weg sei, den man in Zukunft für die Bauern gehen müsse.

 

 

Auch die Einführung der flächenbezogenen Landwirtschaft sei im Nachhinein der einzige gangbare Weg gewesen, vor allem vor dem Hintergund der EU-Richtlinien hinsichtlich des Gewässerschutzes, mit welchen eine Obergrenze für die Nitrat-Einbringung festgelegt wurde. Um nicht eine Verschmutzung der Gewässer durch eine Überdüngung mit Gülle und Mist zu riskieren, habe man deshalb die flächenbezogene Landwirtschaft eingeführt. Auch die hohen Zukäufe an Futtermitteln würden den nachhaltigen Strategien nicht entsprechen und auch hier wollte man mit der neuen Regelung nachbessern. „Wir sind nicht in der Lage, die gesamten Futtermittel in Südtirol selbst zu produzieren, und zwar deshalb, weil wir kaum über Ackerflächen verfügen“, so Egger. Getreide und Mais sind neben Rauhfutter bzw. Gras und Heu jedoch notwendig, damit eine Milchkuh die geforderte Leistung erbringen kann. Außer in den begünstigten Tallagen wie im Pustertal und Wipptal könne jedoch kaum Getreide produziert werden, weshalb es großteils aus dem Nicht-Berggebiet zugekauft werden muss. Für die Sennereien stellt dieser Umstand einen Nachteil dar, da man dadurch nicht berechtigt ist, das Gütesiegel „Prodotto di montagna“ zu verwenden. Die Richtlinie dafür lautet nämlich, dass 60 Prozent des Futters aus dem Berggebiet stammen muss. „Der Großteil der Betriebe erfüllt die Kriterien des ‚prodotto di montagna‘, nur ist eine getrennte Sammlung zu kostenintensiv, da wir bereits jetzt mehrere Milchsorten getrennt sammeln“, so der Obmann des Meraner Milchhofes, der davon überzeugt ist, dass man andere Wege finden müsse, wenn kein Wachstum mehr möglich ist. Denn auch den Zukäufen, um Drittmarken für Handelsketten zu produzieren, seien Grenzen gesetzt. Das Genossenschaftsrecht sieht nämlich vor, dass das Hauptgeschäft durch die Tätigkeit der Mitglieder erfolgen muss. Wird die Grenze an Zukaufsmengen überschritten, entfallen auch die steuerlichen Begünstigungen.

 

 

Zukunftsbild Milch

 

Wie Egger berichtet, hat es in jüngster Vergangenheit mehrere Treffen der Obmänner und Geschäftsführer der Milchhöfe gegeben. Dabei wurde über die Situation diskutiert, in welcher sich momentan die Milchwirtschaft befindet. Weiters wird auch an einem Zukunftsbild für die nächsten zehn Jahre gearbeitet. Dies geschieht übrigens auf Wunsch von Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler. Zudem geht es in diesen Gesprächen auch darum, wie man die Zusammenarbeit besser gestalten kann. Eine verstärkte Zusammenarbeit gibt es bereits dahingehend, dass nach Möglichkeit versucht wird, die in Südtirol produzierte Milch der besten Wertschöpfung zuzuführen. Milch-Engpässe versucht man nicht über Zukäufe von Spotmilch zu überbrücken, sondern vielmehr über Zukäufe von anderen Milchhöfen. Dementsprechende Verträge wurden bereits ausgehandelt. „Bevor ein Tankwagen unterm Preis irgendwo verkauft werden muss, ist es besser, wenn er in Südtirol verarbeitet wird“, lautet dabei die Devise.