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Schmerzhafte Zukunft?

Wie geht es mit dem Sanitätssystem weiter? Einige Antworten lieferte Generaldirektor Schael kürzlich: Gruppenmedizin, EDV, Forschung. Und Probleme bitte intern lösen.

Mit Spannung wurde er erwartet, der Mann, in dessen Hände die Zukunft des Südtiroler Gesundheitssystem (unter anderem) liegt. Rund 70 Ärzte, Naturwissenschaftler und Vertreter anderer Gesundheitsberufe im In- und Ausland sowie Studenten der Medizin und Naturwissenschaften hatten sich am vergangenen Freitag in der EURAC zum 3. Südstern Health and Sciene Forum eingefunden. Organisiert wurde die Veranstaltung von Südstern Planet Medizin. Dieser vereint Südtiroler mit mehrjähriger Erfahrung im Ausland, die in der Medizin und in anderen Naturwissenschaften tätig sind. “Mit unserem Know-How wollen wir Südtirol nachhaltig positiv mitgestalten und setzen uns für eine fortwährende Optimierung des Gesundheitswesens, den Ausbau der Naturwissenschaften und der Forschungsstruktur in Südtirol ein.” So lautet die Mission, die sich der Planet Medizin neben der Förderung von Auslandsaufenthalten für junge Südtiroler und der Vernetzung von Südtirolern im Ausland – untereinander und mit Interessierten in Südtirol selbst – gegeben hat.


Gemeinsam stark

Und wer wäre als Redner bei einer Tagung, bei der es um “tiefe Einblicke in die Südtiroler Gesundheitsreform und die Reorganisation des Südtiroler Sanitätsbetriebs” ging, besser geeignet als Thomas Schael? Sein Referat stellte der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs unter den Titel “Perspektiven der Medizin in Südtirol”. Ausgehend von der Tatsache, dass jeden Tag 3,387 Millionen Euro im Land für die Sanität ausgegeben werden, stellte Schael anschließend seine drei Hauptanliegen vor: Zum einen den Südtiroler Sanitätsbetrieb als attraktiven Arbeitsplatz stärken. Zum anderen der Abwanderung von qualifiziertem Personal entgegenwirken – “Wir brauchen die Besten, um die Besten zu werden”, so Schael wörtlich. Und schließlich neue Wege aufzeigen.

Thomas Schael: Probleme bitte intern lösen. Foto: Südtiroler Sanitätsbetrieb

Mit einem Blick in die Zukunft meinte Schael, dass die Gesundheitsversorgung vor Ort, im so genannten “Territorium” in Zukunft an Bedeutung gewinnen werde. Daher sei es ein Ziel des Sanitätsbetriebs, die primäre Gesundheitsversorgung aus dem Krankenhaus in die Gesundheitssprengel zu bringen. Der Generaldirektor machte sich für das Universalsystem mit sieben Krankenhäusern und 20 Sprengeln stark. Langfristig sei dieses besser, so Schael. Geht es nach ihm, soll künftig die so genannte “Gruppenmedizin” als Bezugspunkt für die Bevölkerung in medizinischen Anliegen sein. “Durch einen Zusammenschluss von Ärzten für Allgemeinmedizin, frei wählbaren Kinderärzten und Berufsgruppen wie Krankenpfleger, Sozialassistenten, Psychologen und Verwaltungspersonal werden die Bedürfnisse der Bevölkerung besser abgedeckt als bisher”, zeigte sich Schael überzeugt.


Eigenes Forschungszentrum kommt

Besonderes Augenmerk werde in Zukunft auf den Bereichen Informatisierung und Forschung liegen, fuhr Schael fort. Es brauche neue Konzepte, “durch EDV und E-Health-Dienste sollen die Bürgerinnen und Bürger gezielter zu den benötigten Gesundheitsleistungen kommen”, so seine Ankündigung. Damit zusammen hänge auch der Ausbau der praxisnahen Forschung – “Die wissenschaftliche Forschung auch im medizinischen Sektor erhöht die Attraktivität des Forschungsstandorts Südtirol sowie die Verbesserung der medizinischen Versorgungsqualität”, so der Generaldirektor. Forschung sei erwünscht und solle im Betrieb entsprechend gefördert werden, in Zukunft durch ein eigenes Forschungszentrum im Südtiroler Sanitätsbetrieb. Mit dem “Center of Research, Development & Innovation” will man Forschungsaktivitäten fördern und für das Gesundheitspersonal leichter zugänglich machen.


An Diskussionsstoff mangelt es nicht

Aufmerksam lauschten die Anwesenden Thomas Schaels Ausführungen und gingen im Anschluss zu einer abschnittsweise hitzigen Podiumsdiskussion über. Am Podium selbst saß unter anderem der Bozner Primar Armin Pycha. In Richtung Schael ließ er verlauten, dass seiner Meinung nach dem Sanitätspersonal nicht die nötige Wertschätzung entgegen gebracht werde. Der Generaldirektor bot daraufhin an, bei den Primarsitzungen anwesend zu sein – sofern er dazu eingeladen werde. Mit einzelnen Ärzten könne er sich aber unmöglich treffen. Aufhorchen ließ Schael anschließend mit seiner Bitte, die Probleme nicht öffentlich in den Medien anzuprangern, sondern intern zu lösen. Eine Kritik kam dann auch aus dem Publikum: Bei Ärzten stehe die sanitäre Tätigkeit immer weniger im Vordergrund, sondern mehr und mehr durch Manager-Aufgaben ersetzt würden. Die Replik kam von Lorenz Larcher. Der gebürtige Südtiroler ist als Plastischer Chirurg in Salzburg tätig und meinte, dass gerade aus diesem Grund die Investition in ein EDV-gestütztes Sanitätssystem “unbedingt notwendig” sei.

Gesundheitslandesrätin Martha Stocker: “Die Veränderungen sind notwendig, auch wenn sie manchmal schmerzhaft sind.” Foto: Hannes Kröss Media

Erneuerung steht also an, für die Ärzte, das Sanitätspersonal und die Patienten des Landes. Als “große Herausforderung” bezeichnete die beim Forum mit anwesende Sanitätslandesrätin Martha Stocker die Gesundheitsreform. In einer Gesellschaft, die überproportional immer älter werde, werde Spezialisierung in den einzelnen Bereichen immer wichtiger und der Gesundheitsbetrieb müsse aus den derzeit vier Betrieben zu einem Ganzen zusammenschmelzen, so Stocker. Den Veranstalter Südstern bezeichnete sie als “Verbündeten in diesem Denken”, wofür sie “dankbar” sei. Erst kürzlich hat der Primar am Bozner Krankenhaus und Mit-Organisator des Forums Klaus Eisendle im salto.bz-Interview ein Plädoyer für Stockers und Schaels Pläne gehalten. Für die Landesrätin steht fest: “Die Veränderungen sind notwendig, auch wenn sie manchmal schmerzhaft sind. Für die Zukunftssicherung sind sie jedoch unbedingt erforderlich.”