Environment | Der Biwaksack

Der Biwaksack

gehört als Standartausrüstung in jeden Rucksack
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Foto: Wikipedia

Text: Peter Plattner // in Zusammenarbeit mit dem Alpenverein Südtirol

„... ist ein winddichter, meist auch wasserdichter Sack, der bei Übernachtungen im Freien, dem Biwakieren, als Außenhülle um den Schlafsack verwendet wird und vor Nässe, Schmutz, Auskühlung durch Wind und anderen schädlichen Einflüssen schützt. Er wird in Ausführungen für eine oder auch für zwei Personen gefertigt und vorwiegend beim Bergsteigen, Klettern oder Trekking benutzt. Als Erfinder des Biwaksacks gilt Mathias Zdarsky.“

Das weiß zumindest das allwissende Online-Lexikon Wikipedia. Und hat damit nur teilweise recht. Denn nicht nur als Schlafsacküberzug oder zum Übernachten haben wir Alpinisten einen Biwaksack mit und außerdem gibt es ihn in verschiedensten Ausführungen.

 

Standard-Notfall-Ausrüstung

Neben Mobiltelefon, Erste-Hilfe-Paket und Stirnlampe wird der Biwaksack in den meisten Ländern und von fast allen Organisationen als Standard-Ausrüstung empfohlen, die das ganze Jahr über für jede Aktivität am Berg im Rucksack sein sollte. Eben für Notfälle, wenn Unvorhergesehenes eintritt. Dass dieses Notfallpaket beim schnellen Standard-Gipfel-Lauf nach der Arbeit anders aussehen wird als bei der einmaligen Skihochtouren-Durchquerung, ist klar. Dort wird je nach Exponiertheit nicht nur die Erste-Hilfe-Ausrüstung der Gruppe etwas umfangreicher ausfallen, auch beim Biwaksack wird man sich eventuell für ein anderes Modell entscheiden.

 

Was bringt der Biwaksack?

Warum bei der 0815-Tour überhaupt einen Biwaksack mitnehmen? Jeder schaut auf leichte und superleichte Ausrüstung und dann soll ich das Ding mitnehmen, obwohl ich mir sicher sein kann, dass ich auf der beliebten Modeskitour oder dem Wanderklassiker definitiv nicht übernachten muss – ganz einfach, weil genug Leute herum sind, die Bergrettung jederzeit alarmiert und ich ins Tal abtransportiert werden kann?

Weil bei jedem Unfall und auch bei kleinen Verletzungen das Warten bis zum Eintreffen der Bergrettung überbrückt werden muss und hier die Unterkühlung ein massives Problem darstellt – im Winter wie im Sommer. Auch mit einem superleichten und kleinen Biwaksack kann ich eine verletzte oder erschöpfte Person einpacken und so vor weiterer Auskühlung schützen. Gemeinsam mit der Rettungsdecke aus dem Erste-Hilfe-Paket und etwas Reservegewand, kann diese Wartezeit erträglich und vor Wind und Wetter geschützt verbracht werden.

Die etwas größeren und schweren Modelle sind robuster und eignen sich deshalb für Gruppenverantwortliche und Einsatzbereiche ohne einen Notfall. Wie, einen Biwaksack ohne Notfall verwenden? Klar, um bei Kälte und/oder stürmischen Wind eine Pause zum Rasten, Orientieren, Gewand wechseln oder Halbmittag zu machen, bieten sie sich optimal an, wenn kein geschützter Platz erreichbar ist. In den skandinavischen Ländern ist das Standard und dazu wird ein sog. Windsack verwendet, der meistens etwas größer ist (bis zu drei Personen haben hier Platz), über den Kopf gezogen wird und eigene Öffnungen zum Hinausschauen und Atmen hat. Und besonders auf Skitouren bestens geeignet um Freunde oder Gäste z. B. vor dem Gipfelgrat warten zu lassen, wenn sie keine Lust mehr haben weiter zu gehen. Es ist unglaublich, wie schnell es dort drinnen warm wird.

Auch Bergsteiger mit kälteempfindlichen Händen werden diese Säcke lieben, um sich z. B. vor der Abfahrt herzurichten, die Skischuhe in Ruhe zuzumachen usw.

Blöderweise sind viele Packsäcke dieser robusten Biwaksäcke so klein gebaut, dass sie nach Verwendung nicht mehr schnell dort hineingestopft werden können, v. a. nicht wenn es ordentlich bläst. Dann einfach in den Rucksack stopfen und zu Hause trocknen lassen und wieder sauber verstauen. Übrigens haben die echt durchdachten Modelle Schnüre um den Sack beim Überziehen am Körper zu sichern bzw. Packsäcke, die in den Biwaksack, z. B. als Belüftungsöffnung integriert sind und so nicht verloren gehen können.

Eine weitere Bauform sind die sogenannten Bothy-Bags, die vor allem bei den wettererprobten Briten beliebt sind. Wie beim Windsack sind auch sie unten offen und werden über den Kopf gezogen (sie haben Lüftungsöffnungen und teilweise transparente Sichtfenster), allerdings lehnt man sich dann in entgegengesetzte Richtungen nach außen gegen die Außenwand des Sackes und kann so gemütlich sitzen, während man in der Mitte - wie in einem Zelt – einen offenen Raum zum Essen, im Rucksack herumwühlen usw. hat. Wiederum ideal in Kombination mit einem Schneeloch im Winter, allerdings nicht oder schlecht geeignet, um sich flach hinzulegen.

Aber ein klassischer Biwaksack wird nur in den seltensten Fällen zum Übernachten mit einem Schlafsack verwendet werden. Dafür gibt es eigene Schlafsacküberzüge mit einer entsprechenden (Mumien-)Form und meist aus wasserdampfdurchlässigen Materialien, um einer Kondenswasserbildung im Inneren vorzubeugen.

 

Ausstattung

Was die Größe betrifft sind bei uns Zwei-Personen-Biwaksäcke wohl am weitesten verbreitet und werden entsprechend der Gruppengröße mitgeführt (z. B. zwei Stück für eine Vierergruppe). Denkanstoß: Könnte das Ego-Ein-Personen-Modell, das dafür jeder immer bei sich führt, u. U. nicht geschickter sein, z.  B. wenn ich den Rest der Gruppe verliere? Gleiches gilt übrigens auch bezüglich Erste-Hilfe usw.

Bei Unfällen ist es mit einem größeren Sack aber einfacher, eine verletzte Person schonend einzupacken, und manche Modelle verfügen über Ösen, Reepschnurschlaufen usw., die dann auch für einen kurzen Transport auf einen geeigneten Warteplatz verwendet werden können. Diese Schlaufen können auch ohne Notfall zum Befestigen als Tarp, zum Aufspannen zwischen Skiern usw. verwendet werden.

Der Vorteil der 2-bis-3-Personen-Modelle ist die bessere Wärmeentwicklung, „ungünstige“ Positionen können durchgetauscht werden und der psychologische Aspekt darf nicht vernachlässigt werden. Die 4-bis-12-Personen-Bothys sind dagegen wohl nur für Wandergruppen interessant können hier aber kreativ verwendet werden.

Was das Material betrifft, ist zwischen der ultraleichten etwas besseren Alu-Rettungsfolie und GoreTex alles erhältlich. Winddicht sind alle erhältlichen Materialien, wasserdicht nicht – besonders im Winter ist ein „nur“ wasserabweisendes, aber dafür dampfdurchlässiges Material von Vorteil. Das Material entscheidet auch hauptsächlich wie groß, schwer, robust und teuer der Biwaksack ist.

Neben Befestigungsösen, Öffnungen zum Atmen und kleinen „Fenstern“ sind noch die Modelle zu erwähnen, die man auch als Poncho tragen kann. Zum Wandern super und auch bei einem Notbiwak fein, weil man damit problemlos herumgehen kann – allerdings wieder etwas schwerer.

Wie immer gilt: Sich im Fachhandel beraten lassen und die Verwendung ohne Stress üben! Wer von euch hat schon einmal eine Nacht nur im Biwaksack verbracht? Einmal trainiert ist man dann in einer Notsituation nicht mehr unvorbereitet, sondern weiß, wie das geht und dass man die Nacht überstehen wird. Und man wird dann auf Ski- oder Hochtouren ziemlich sicher auch eine leichte Daunenjacke, eine warme Mütze usw. mit dabeihaben und dann nur noch ein bisschen frieren… Was übrigens auch Bestandteil jedes geplanten Biwaks ist. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

  • Ein Biwaksack macht bei jeder alpinen Unternehmung Sinn.
  • Für kurze Touren sind die ultraleichten „Einmal-Biwaksäcke“ in Ordnung, weil auch klein und günstig.
  • Nur ein paar Gramm mehr wiegen die etwas größeren Allroundmodelle, die tolle Details aufweisen und auch ohne Notfall universell verwendbar sind. Empfehlenswert sind hier Modelle, die über den Kopf gezogen werden können (so machen die Ski-/Bergschuhe nichts kaputt) und entsprechende Reißverschluss-/Klettöffnungen zum Hinausschauen und Atmen haben.
  • Im Winter und als „mobile Unterkunft“ eignen sich Modelle wie Windsack bzw. Bothy-Bags ideal und machen Sinn, wenn sie regelmäßig verwendet werden.
  • Ein Biwaksack kann nicht nur das Überleben bei einer ungeplanten Übernachtung im Freien bei widrigen Verhältnissen ermöglichen, sondern auch einen Verletzten vor kritischer Auskühlung bewahren und den Komfort bei Pausen erhöhen