Economy | Landwirtschaft

Bauern protestieren am Brenner

Für kommende Woche hat der nationale Bauern-Verband Coldiretti zu einer Protestaktion am Brenner aufgerufen. Auch lokale Bauern haben Aktionen angekündigt.
  • Bereits 2013 und 2015 ist es zu umfangreichen Protesten und teilweise Blockaden am Brenner gekommen, als der italienische Bauernverband Coldiretti seine Mitglieder mobilisiert hat. Vom 8. bis zum 10. April hat Ettore Prandini, Präsident des mächtigen Bauernverbandes, erneut zu einer Kundgebungen am Brenner aufgerufen. Damit will  der italienische Bauernverband auf die seiner Meinung nach unfairen Handelspraktiken bzw. Importe aufmerksam machen. Laut Coldiretti müssten insbesondere die Agrar-Beiträge strategisch neu ausgerichtet werden. Zentrales Hauptanliegen ist die Forderung nach höheren Preisen für die Produkte, die in keinem Verhältnis zu den Erlösen, die der Handel einstreicht, stehen. Weiters werden die EU-Agenden zu den großen Beutegreifern und die Förderpolitik angeprangert. Mit einer großen Kundgebung an der Brennergrenze will man deshalb den staatlichen und europäischen Institutionen klarmachen, dass es ein „Weiter so wie bisher“ nicht geben könne. Die Forderung lautet daher, die Produkte „Made in Italy“ zu schützen, um die lokale Produktion und Wirtschaft zu stärken und damit letztendlich auch den Kontakt zu den Kunden aufrecht zu erhalten. Erwartet werden am Brenner neben Coldiretti-Chef Prandini Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida, zuständig für Landwirtschafts-, Ernährungs- und Forstpolitik, Transportminister Matteo Salvini und der für die wirtschaftliche Entwicklung zuständige Minister Adolfo Urso. 

  • Matteo Salvini: Der italienische Transportminister wird nächste Woche erneut am Brenner erwartet. Foto: Seehauserfoto
  • Aber auch lokale Landwirte vor allem aus der Milchwirtschaft haben bereits ihre Teilnahme angekündigt, wobei insbesondere die hohen Importe nach Südtirol in der Kritik stehen während gleichzeitig die lokalen Bauern eingeschränkt würden. In ihrem Promemoria weisen sie beispielsweise darauf hin, dass der Meraner Milchhof im vergangenen Jahr 33 Millionen Kg Milch verarbeitet hat, die von den Mitgliedern geliefert wurden, weitere 12 Millionen Kg wurden zugekauft. Im Milchhof Brixen wurden 90 Millionen Kg von den Mitgliedern angeliefert, rund 34 Millionen Kg wurden zugekauft und im Milchhof Sterzing wurden 37 Millionen Kg von den Südtiroler Mitglieder geliefert und rund 32 Millionen Kg stammen von außerhalb Südtirols. Während die Fördergelder vor allem in den Ausbau und in die Investitionen der jeweiligen Milch-Genossenschaften fließen, würden die Landwirte selbst durch die Finger schauen, so die Kritik.  

  • Treffen mit Vize-Premier Tajani

    Georg Gallmetzer, Sprecher der Agricoltori Italiani in Südtirol: „Die alteingesessenen Bauernverbände wie der Südtiroler Bauernbund haben jeden Bezug zur Realität verloren.“ Foto: Privat

    Bereits im Vorfeld zu der Kundgebung am Brenner will sich der neu gegründete Verband Agricoltori Italiani und sein Vertreter Georg Gallmetzer in Bozen zu einem Gespräch mit Antonio Tajani, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Italiens, treffen. An der Protestaktion am Brenner wolle man zwar nicht teilnehmen, man unterstütze jedoch die Anliegen der Bauern. Beim Gesprächs-Termin mit dem hochrangigen Regierungsvertreter, der durch die Vermittlung des Europa-Abgeordneten Matteo Gazzini zustande kam, soll es aber ebenfalls um die „unsinnige“ Förder- und Handelspolitik gehen bzw. darum, dass die Südtiroler Bauern einen besseren Zugang zu den PNRR-Fördergeldern erhalten. Bei dieser Gelegenheit wolle man dem Vize-Premier auch einige aussagekräftige Dokumente überreichen, welche ein bezeichnendes Licht auf die hiesige Situation werfen. Zur Sprache kommen soll aber auch die Agrar-Handelspolitik. Wie Gallmetzer betont, wird am 1. Mai ein Handelsabkommen mit Neuseeland in Kraft treten, mit welchem ein Großteil der Zölle auf Agrar-Importe fallen wird. Davon betroffen werden unter anderem Kiwi, Äpfel, Honig, Wein, Fische und Meeresfrüchte sein. „Wo war hier EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, als dieses Abkommen geschlossen wurde? Und wo ist der Bauernbund, der seine Bauern eigentlich in Schutz nehmen sollte? Ich hätte noch Verständnis, wenn ein Handelsabkommen mit Indien und seiner Milliardenbevölkerung geschlossen wird und dies zum Vorteil der EU ist, aber an diesem Beispiel erkennt man, dass die alteingesessenen Bauernverbände wie der Südtiroler Bauernbund jeden Bezug zur Realität verloren haben“, so Gallmetzer, der betont, dass man die Südtiroler Landwirtschaft nicht mit dem „Roten Hahn“ und die Fokussierung auf den Tourismus retten werde. 

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Hartmuth Staffler Tue, 04/02/2024 - 16:26

Das Kuriose ist, dass der Landwirtschaftsminister Lollobrigida, einer der Hauptverantwortlichen für die miese Lage der italienischen Bauern, am Brenner gegen Lebensmittelimporte protestieren will. Woraus sollen denn die italienischen Nudeln gemacht werden, wenn Italien kein Getreide mehr importiert, oder woraus will man Olivenöl "extra vergine" pressen, wenn die Olivenimporte aus Tunesien ausfallen? Und die Brimi könnte ohne Milchimporte den italienischen Mozzarellamarkt nicht mehr bedienen.

Tue, 04/02/2024 - 16:26 Permalink
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Salto User
nobody Tue, 04/02/2024 - 20:51

Die Misere wird nicht nur Min. Lollobrigida zu verantworten haben. Glaube, dass der sogar besser ist als seine Vorgänger und viele der derzeitigen Kollegen und Eurokraten.

Tue, 04/02/2024 - 20:51 Permalink