Economy | Kommunikationswesen

Ein Drittel für Athesia

Wie viel Steuergelder erhalten die privaten elektronischen Medien im Land und sollten sie wirklich alle gefördert werden? Bilanz des Landesbeirates für Kommunikation.
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Foto: salto

Der griffigste Fall des vergangenen Jahres ist wohl eine Telefonrechnung in Höhe von fast 14.000 Euro, die ein Pensionist aus dem Burggrafenamt im vergangenen Jahr erhalten hat – und dank der offiziellen Schlichtungsstelle des Landesbeirates für Kommunikation nicht zahlen musste. Doch auch über die knapp 1000 Fälle von Auseinandersetzungen mit Telefonanbietern hinaus, bei denen der Beirat schlichtete, hat das Garantie-Organ des Landes im Vorjahr einiges zu tun. Unter anderem als beratenes Organ von Landtag und Landesregierung in Sachen Kommunikationswesen, als Anlaufstelle für die Medienförderung, als Hüter des Kinder- und Jugendschutzes in Rundfunk- und Fernsehen oder der Par Condicio, also der Gleichbehandlung aller Parteien und Kandidaten im Vorfeld von Wahlen und Referenden. Schon dabei hatte der Beirat 2016 bei insgesamt sechs Wahlgängen alle Hände voll zu tun, wie der Präsident des Landesbeirates für das Kommunikationswesen Roland Turk unterstreicht. Ob Flughafen-Referendum, Verfassungsreferendum oder Bozner Gemeinderatswahlen – an Beschwerden von vermeintlich oder tatsächlich zu kurz gekommenen KandidatInnen mangelt es nie, meint er. Auch weil das einst auf das TV-Duopol RAI-Mediaset zugeschnittene Gesetz längst überarbeitet werden sollte, wie Beirats-Präsident Turk findet. Zu schwerfällig, aber auch viel zu wenig differenziert seien die Regeln, die den Auftritt von PolitikerInnen in Rundfunkmedien im Vorfeld von Abstimmungen  streng reglementieren. Das ist – zumindest laut Turk – allerdings immer noch besser als der Wilde Westen, der bei deregulierten Volksbefragungen wie jener über das Bozner Kaufhaus-Projekt von René Benko herrscht. „Dort hat sich klar gezeigt, welch exorbitante Ungleichheit entsteht, wenn die Par Condicio keine Anwendung findet und eine der Parteien extrem viel Geld in Werbung stecken kann.“

Wachsam ist der Beirat auch, was die Entwicklungen im Internet betrifft. So wurde im Vorjahr mit - in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Film und Medien durchgeführten - Medienkompetenz-Kursen für Lehrpersonen als auch über eine eigene Informationskampagne für die Gefahren und Herausforderungen sensibilisiert, die das Medium für die Jugend bringt. In Zeiten von Fake News und per Livestream übertragenen Morden findet der Präsident des Landesbeirates für Kommunikation die Zeit reif, sich Gedanken nach einer besseren Überwachung des grenzenlosen Mediums zu machen. „Rundfunk und Fernsehen werden penibel überwacht, doch das weltweite Web entzieht sich bislang erfolgreich nationalen Gesetzgebungen und damit auch einer stärkeren Kontrolle“, so Turk.

Größtes Kuchenstück für Video 33 

Einen interessanten Überblick liefert der Landesbeirat für das Kommunikationswesen in seinem Tätigkeitsbericht über die staatlichen und Landesgelder, die Medien im Rundfunk und Internet zufließen. Schließlich laufen alle Fördergesuche über den Beirat, der auch die Ranglisten der Medien aufstellt, die zu öffentlichen Förderungen zugelassen sind. Allein die Landesförderung für private Rundfunk-, TV- und Onlinemedien, die im Vorjahr in Folge des neuen Mediengesetzes um 800.000 auf insgesamt 1,8 Millionen Euro angehoben worden war, wurde auf 18 Radiosender, drei TV-Sender und zehn Online-Medien verteilt. Am meisten als einzelner Sender kassierte dabei der Sender Video 33 der Rosengarten GmbH, der in Summe aus staatlichen und Landesbeiträgen rund 321.000 Euro erhielt. Bei den Radiosendern steht dagegen der zumindest inoffiziell dem Athesia-Konzern zugehörige Radio-Sender Südtirol 1 auf dem ersten Platz  - mit einer Fördersumme von 237.000 Euro. Nur Landesgelder gibt es dagegen für Onlinemedien. Größter Beitragsempfänger ist dort das Athesia-Portal stol, das 141.000 Euro erhielt. Südtirol News und sportnews.bz erhielten je 46.615 und 44.815 Euro an Landesbeiträgen, Tageszeitung Online 61.238 und salto.bz 32.228 Euro.

Rechnet man nur bei den Landesförderungen die Gelder für alle direkt oder indirekt dem Athesia-Konzern zugehörigen Medien zusammen, kassiert die Nummer Eins auf Südtirols Medienmarkt rund 600.000 Euro an Landesgeldern. Sprich, ein Drittel des gesamten Kuchens, der auf Landesebene für private elektronische Medien zur Verfügung steht. Nach der Übernahme der italienischen Tageszeitung Alto Adige hat sich im Vorjahr auch der Landesbeirat Gedanken über die Dominanz des Medienkonzerns auf dem Werbemarkt gemacht. Nachdem die Athesia dank „ihres breitgefächerten Angebots an Online-Medien, der Dominanz bei den Tageszeitungen und ihrer engen Zusammenarbeit mit den bedeutendsten Südtiroler Lokalradios der stärkste Player auf dem Werbemarkt“ sei, habe der Beirat der eigenen staatlichen Mutterbehörde, der Autorità per le garanzie nelle comunicazioni, im vergangenen Oktober die „signifikante Veränderung“ auf Südtirols Werbemarkt zur Kenntnis gebracht, wie es im Jahresbericht heißt. „Was die dominierende Stellung auf dem Medienmarkt betrifft, hat die Autorithy keine Chance, weil der Bezugsrahmen auf Makroebene festgesetzt wird, also für überregionale Gebiete wie den Nordest“, so Turk. Auf seine Anfrage in Rom, ob diese Regel auch bei Monopolstellungen auf dem Werbemarkt gilt, hat der Beirat aber bislang keine Antwort erhalten.

In der nun anstehenden Evaluierung des Mediengesetzes, das nach einem Jahr auch mit Unterstützung des Landesbeirates für Kommunikation auf seine Wirksamkeit überprüft wird, wird der Beirat so manch kritisches Elemente anführen. So zum Beispiel den offensichtlichen Willen der Landesregierung, „alles und jeden zu fördern“, wie Turk meint. Zumindest laut den Vorstellungen des Beirats-Präsidenten sollte das altbewährte Gießkannenprinzip einem stärkeren Qualitätsanspruch weichen. Als geeigneten Maßstab dafür sieht Turk nach wie vor die Professionalität der Mitarbeiter, also die auch bei der Verabschiedung des Gesetzes viel diskutierte Förderbedingung, zumindest eine oder einen Berufsjournalisten zu beschäftigen. Vorbild dafür sei nicht zuletzt das Trentiner Medienförderungsgesetz, das sich an seinem Südtiroler Pendant orientiert habe, aber mit solchen Kriterien stärker auf Qualität setze, so Turk.

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Sell Woll Tue, 05/02/2017 - 19:32

So so - da preist der neue LH andauernd seine tolle Abkehr vom Gießkannenprinzip und zumindest hier scheinen die Förderungen nach dem gaaanz alten System vergeben zu werden:
- nach bestehenden Reichweiten, was die Großen vor dynamischen Aufsteigern und anderen unliebsamen Konkurrenten schützt;
- die üblichen Platzhirsche, deren Medienkonzentration auch bei den Förderungen keine Deckelung erfährt und damit in ihrer Vorgehensweise und Vormachtstellung nur bestärkt und gestärkt werden, zum Schaden der Meinungsvielfalt;
- je kommerzieller und niveauloser (aber halt leutseliger und bodenständiger) desto mehr Steuergelder werden reingepumpt: Man muss bei diesen Zahlen davon ausgehen, dass Artikelchen über den FC Bayern oder das Dschungelcamp mehr öffentliche Gelder erhalten als Saltos investigative Publikationen.
Wenn schon das Wettbewerbsgesetz keine lokale Handhabe gegen Medienkonzentration gibt, dann muss zumindest die Landesregierung die Förderkriterien nach Qualität, Diversität und Dimensionen ausrichten (müssten nicht die Kleinen mehr erhalten?) Schließlich stellt sich für einen nicht-Tiroler auch die Grundsatzfrage: MUSS DER STEUERZAHLER WIRKLICH ALLES MITFINANZIEREN ??? Da geben sich die (Medien-)Unternehmer als die großen Macher und in Wahrheit passen (fast) alle ihre Tätigkeiten an die Förderkriterien an. Liberal ist da so gut wie nichts.

Tue, 05/02/2017 - 19:32 Permalink